EMA-Restriktionen Bei Kopfläusen

Kein Permethrin in der Schwangerschaft!

Stuttgart - 07.08.2019, 15:30 Uhr

Die EMA rät von Permethrin in allen Phasen der Schwangerschaft ab. Nur als Reservemittel sollen es Schwangere mit Kopfläusen einsetzen, wenn physikalische Therapieoptionen versagt haben. (b/Foto: LIGHTFIELD STUDIOS / stock.adobe.com)

Die EMA rät von Permethrin in allen Phasen der Schwangerschaft ab. Nur als Reservemittel sollen es Schwangere mit Kopfläusen einsetzen, wenn physikalische Therapieoptionen versagt haben. (b/Foto: LIGHTFIELD STUDIOS / stock.adobe.com)


Bislang sollte Permethrin als Kopflausmittel bei Schwangeren im ersten Trimenon vermieden werden. Im zweiten und dritten Trimenon war die Behandlung von Kopfläusen bei Schwangeren mit Permethrin eine Option. Der PRAC sprach sich jüngst aber gegen einen Einsatz – höchstens als Reservemittel – von Permethrin in allen Phasen der Schwangerschaft aus. Auch Resistenzen scheinen ein Problem zu sein, sodass künftig permethrinhaltige Läusemittel einen Hinweis auf „Therapieversagen und Resistenzentwicklung“ tragen müssen.

Die Datenlage zu Permethrin in der Schwangerschaft ist nicht eindeutig. Dennoch soll die Zulassung von Permethrin in der Indikation Kopfläuse geändert und neue Hinweise unter „Vorsichtsmaßnahmen während der Schwangerschaft“ aufgenommen werden. Auch sollen die Produktinformationen künftig Warnhinweise zum Therapieversagen von Permethrin bei Kopflausbefall enthalten – über diese Änderungen informiert ein Bescheid des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), welcher sich auf den einstimmigen Beschluss der EMA-Koordinierungsgruppe CMDh vom 29. Mai 2019 stützt.

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In Deutschland sind derzeit als permethrinahltige Kopflausmittel nur drei Präparate als apothekenpflichtige Arzneimittel zugelassen: BiomoPedicul® 0,5 Prozent Lösung, Infectopedicul® (Infectopharm) und Permethrin-Biomo® Lösung 0,5 Prozent. Daneben hilft Permethrin auch bei Skabies – die neuen Permethrin-Restriktionen betreffen allerdings ausschließlich die Indikation Kopfläuse.

Permethrin in der Schwangerschaft – was ändert sich?

Warnungen zu Permethrin bei Kopfläusen in der Schwangerschaft existieren auch jetzt bereits. So rät Infectopharm, der Hersteller von Infectopedicul®, aktuell in der Fachinformation (Stand 2013): „Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung von Infectopedicul® während des ersten Trimenons der Schwangerschaft vermieden werden, es sei denn, dass eine Behandlung mit Permethrin aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich ist. Falls notwendig kann eine Anwendung von Infectopedicul® während des zweiten und dritten Trimenons der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden.“ Diese Empfehlung spricht Infectopharm aus, auch wenn „erweiterte Erfahrungen an schwangeren Frauen (circa 900 Schwangerschaftsausgänge) … nicht auf ein Fehlbildungsrisiko oder eine fetale/neonatale Toxizität von Permethrin hindeuten“ und tierexperimentelle Studien keine Hinweise auf eine Reproduktionstoxizität gegeben hätten.

Permethrin nur Mittel der zweiten Wahl

Künftig verschärft sich dies: Nach Empfehlungen des PRAC, dem die CMDh (Coordination Group for Mutual Recognition and Decentralised Procedures – Human) zugestimmt hatte, soll Permethrin während der gesamten Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Auch soll Permethrin nur noch als Zweitlinientherapie – nach physikalischen Methoden – angewendet werden: „Als Vorsichtsmaßnahme sollte die Verwendung von {Name des Arzneimittels} während der Schwangerschaft vermieden werden, es sei denn, physikalisch wirkende Behandlungsalternativen waren unwirksam und/oder die Behandlung mit Permethrin ist aufgrund des klinischen Zustands der Frau erforderlich“, wird künftig in den Fachinformationen zu permethrinahltigen Kopfläusemitteln stehen.

Die Gebrauchsinformation formuliert das knapper und patientenfreundlicher mit: „Als Vorsichtsmaßnahme sollten Sie {Name des Arzneimittels} während der Schwangerschaft nicht anwenden, es sei denn Ihr Arzt empfiehlt es Ihnen.“

Was führte zu den Anwendungsbeschränkungen bei Permethrin?

Im Beschluss der CMDh erklärt diese die wissenschaftlichen Gründe für die Änderungen bei Permethrin: „Basierend auf den verfügbaren Daten zu Permethrin ist die mit der Anwendung verbundene Toxizität für das ungeborene Kind nicht eindeutig bewertbar und ein mögliches kanzerogenes Risiko kann nicht ohne Zweifel ausgeschlossen werden.“ Zahlreiche Arbeiten konnten die bestehenden Unsicherheiten bezüglich eines krebserregenden Potenzials von Permethrin nicht beseitigen, das karzinogene Risiko von Permethrin könne mit den in diesem PSUSA-Verfahren vorgelegten verfügbaren Daten „weder nachgewiesen noch endgültig ausgeschlossen werden.“

Was ist das PSUR Single Assessment (PSUSA)?

Als PSUR Single Assessment wird die PSUR-Bewertung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) zu Wirkstoffen/Wirkstoffkombinationen, die auf der EURD-Liste stehen, bezeichnet.

PSUSA-Verfahren werden von der EMA administriert und betreffen sowohl Stoffe, für die zentrale Zulassungen bestehen als auch solche mit rein nationalen Zulassungen in den Mitgliedsländern.

Die Federführung für ein PSUSA-Verfahren liegt beim PRAC-Rapporteur, der für die Erstellung des Bewertungsberichtes (Assessment Report) verantwortlich ist. Die anderen Mitgliedsländer beteiligen sich im PSUSA-Verfahren durch Kommentierung am Assessment Report. Das PSUSA-Verfahren wird im PRAC mit einer Empfehlung des PRAC (PRAC Recommendation) abgeschlossen. Diese wird nachfolgend durch den CHMP und die EC (bei Stoffen mit zentralen Zulassungen) oder den CMDh und gegebenenfalls die EC (bei Stoffen mit ausschließlich nationalen Zulassungen) beraten und durch einen Durchführungsbeschluss der EC (EC Decision) oder der CMDh (CMDh Position) abgeschlossen. (Quelle: BfArM)

Sicherheit des Ungeborenen geht vor

Laut der CMDh kann man allerdings insbesondere aus den vorliegenden Berechnungen von Infectopharm „wahrscheinlich“ davon ausgehen, dass das „Krebs-Lebenszeitrisiko von Permethrin bei Kindern ab zwei Monaten und bei Erwachsenen bei topischer Anwendung gemäß Indikation gering zu sein scheint.“ Jedoch sei festzustellen, dass aufgrund der nicht eindeutigen Datenlage zum möglichen Risiko für das Ungeborene ein sicherheitsbezogener Ansatz gerechtfertigt ist, um eine Exposition des Ungeborenen, insbesondere bei dieser Indikation, mit alternativen weniger toxischen Behandlungsmöglichkeiten zu vermeiden.“

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Permethrin: weniger wirksam bei Schwangeren?

Nach Daten der CMDh scheint Permethrin bei Schwangeren auch nicht zuverlässig zu wirken und die Läuse zu beseitigen. Die CMDh erklärt: „Weiterhin gibt es hinsichtlich des Einsatzes von Permethrin während der Schwangerschaft auch einige Hinweise auf eine reduzierte Wirksamkeit von Permethrin bei der Behandlung von Kopfläusen in bestimmten Ländern“. Permethrin ist darüber hinaus nicht unverzichtbar als Antiläusemittel, das sieht auch die EMA so. „Es gibt wirksame, physikalisch wirkende Behandlungsalternativen bei Kopfläusen“, so die CMDh.

Resistenzen bei Permethrin

Laut der CMDh kommt es immer wieder zum Therapieversagen unter Permethrin-Behandlung, wobei in vielen Fällen unklar sei, „ob das Therapieversagen auf eine Anpassung der Läuse oder auf eine fehlerhafte Anwendung oder einen Wiederbefall zurückzuführen ist.“ Dennoch sollen Resistenzhinweise in die Produktinformationen aufgenommen werden:

„Bei der Behandlung von Kopfläusen wurden unterschiedliche klinische Erfolgsraten von Permethrin über die Zeit und je nach geographischen Gegebenheiten beobachtet. Faktoren, die mit einem Therapieversagen in Zusammenhang stehen, sind eine falsche Dosierung oder Verabreichungsfehler, eine fehlende gleichzeitige Behandlung von Mitgliedern der häuslichen Lebensgemeinschaft und ein Wiederbefall durch Gemeinschaftskontakte. Des Weiteren wurden Resistenzen gegenüber Permethrin festgestellt. Es konnte jedoch kein eindeutiger Zusammenhang zwischen mangelnder Wirksamkeit und Mutationen, die bekanntermaßen die Pyrethroid-Resistenz bedingen, festgestellt werden. Die offizielle Leitlinie zu der angemessenen Anwendung von Pediculiziden sollte berücksichtigt werden.“

Auch im Beipackzettel wird ergänzt, dass bei andauerndem Läusebefall nach zwei Permethrin-Zyklen ein Arzt aufzusuchen ist:

„Wenn nach 7-10 Tagen Behandlung mit Permethrin lebende Läuse gefunden werden, sollte die Behandlung mit Permethrin wiederholt werden. Werden nach 14-20 Tagen noch lebende Läuse gefunden, sollte der behandelnde Arzt konsultiert werden, um geeignete alternative Behandlungsmöglichkeiten zu prüfen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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