KV Nordrhein

Ärzte: Apotheker sollen über Arzneimittel-Lieferengpässe aufklären

Berlin - 19.08.2019, 16:30 Uhr

Dr. Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein, verlangt nun von Apothekern, Herstellern und Großhändlern Aufklärung über Arzneimittel-Lieferengpässe. (c / Foto: KV Nordrhein)

Dr. Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein, verlangt nun von Apothekern, Herstellern und Großhändlern Aufklärung über Arzneimittel-Lieferengpässe. (c / Foto: KV Nordrhein)


Arzneimittel-Lieferengpässe kommen immer mehr auch in Arztpraxen an. Die Defekte erschweren nicht nur die Arzneimittelversorgung in den Apotheken. Immer häufiger müssen auch Ärzte auf andere Präparate ausweichen und mit den Apothekern alternative Lösungen finden. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV) fordert nun von den Apothekern, Großhändlern und Herstellern Aufklärung: Wo entstehen die Engpässe? Und um welche Präparate handelt es sich?

Etwa 70 Prozent der niedergelassenen Mediziner sehen mittlere bis starke Versorgungseinschränkungen durch Arzneimittel-Engpässe. Das hat kürzlich eine Umfrage der KV Baden-Württemberg ergeben. Angesichts der nicht abreißenden Lieferengpässe wäre es sinnvoll, eine nationale Arzneimittelreserve zu bilden, sagte kürzlich der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt. Nun hat sich auch Dr. Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein, zu Wort gemeldet. Er spricht insbesondere die Mehrarbeit der Praxen an und verlangt mehr Informationen über die Gründe der Lieferengpässe.

Bergmann wörtlich in einer Pressemitteilung:


Uns erreichen vermehrt Rückfragen von Praxen zu nicht verfügbaren Arzneimitteln. Wir können bestätigen, dass der Mangel an einzelnen Arzneimitteln in den Praxen zunehmend spürbar ist – und das nicht zum ersten Mal. Apotheken müssen häufiger in Praxen rückfragen, ob sie ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben können. Vermehrt erreichen uns jedoch auch Rückmeldungen, dass Wirkstoffe gar nicht mehr lieferbar sind und auch nicht auf andere Anbieter ausgewichen werden kann.
Für eine verlässliche medizinische Versorgung unserer Patienten muss dringend geklärt werden, welche Dimension der Mangel in den Apotheken und Großhandlungen hat. Wichtig ist jetzt vor allem herauszufinden, welche Wirkstoffe nicht lieferbar sind, ob es sich um lokale Probleme handelt oder Wirkstoffe bundesweit nicht verfügbar sind und ob Wirkstoffe nur zeitlich begrenzt nicht lieferbar sind oder länger andauernde Lieferausfälle zu erwarten sind.
Um das zu Problem zu beheben, müssen auch die Ursachen für den Mangel benannt werden – zu hinterfragen sind die Konzentration auf einzelne Produktionsstätten im Ausland, der offenbar lukrativere Verkauf von Medikamenten in Nachbarländer und das Einstellen der Produktion aufgrund fehlender Rentabilität. Bleibt die Frage, wer die Verantwortung dafür übernimmt, wenn Patienten aus solchen Gründen nicht adäquat versorgt werden können.“

Dr. Frank Bergmann, KV Nordrhein


KV: Apotheker haben vermutlich den besten Gesamtüberblick

DAZ.online hat bei der KV nachgefragt, warum das Thema auch für die Ärzte immer wichtiger wird. Ein Sprecher sagte, dass das Thema inzwischen „so virulent“ sei, dass auch die KV sich nicht mehr auf einzelne lokale Meldungen verlassen wolle. Offenbar fehle es „allgemein und über einzelne, regionale Meldungen hinaus an Informationen, ob es um lokale Mangelerscheinungen geht oder überregionale Engpässe. Das müssen Apotheken, Großhandel und Hersteller offen legen beziehungsweise nachvollziehen“, so der Sprecher der KV Nordrhein.

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Aber warum sollen unbedingt die Apotheker hier für Aufklärung sorgen können? Schließlich werden auch die Apotheker über die Apothekensoftware vor vollendete Tatsachen gesetzt. Einen Grund für einen neuen Lieferengpass können auch die Pharmazeuten nicht einsehen.

Der KV-Sprecher dazu: „Die Apotheken haben als Besteller und Abgeber der Medikamente im Verbund mit dem Großhandel vermutlich den besten Gesamtüberblick und können insofern klären, ob beziehungsweise wo genau welcher Mangel herrscht.“ Die KV hat zudem angekündigt, ihre Mitglieder nun über die Erfahrungen mit Arzneimittel-Lieferengpässen zu befragen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Mal eine Analyse aus der unteren Gehaltsklasse

von Benjamin Schäfer am 20.08.2019 um 11:41 Uhr

Es ist grob ganz einfach.
Rabattverträge und Festbeträge sollten eigentlich durch den gesunden Markt gebildet werden. Durch radikale Sparzwänge ändern sie jedoch inzwischen den Markt. Die Produktionsbandbreite wurde dadurch schmal und zugleich in Billiglohnländer verlagert. Die Hersteller fahren nur noch auf Sicht und keiner produziert mehr deutlich im Überschuss. Man wollte den ganzen Kuchen (4 Mrd) Die Topmanagerprofis bewiesen in etwa soviel Geduld Risikoabschätzungsvermögen, wie ein Haufen Kindergartenkinder vor einem Teller mit Ü-Eiern. Mit vernünftigeren GKV-Funktionären hätte man vielleicht nur 2 oder 3 Mrd an Einspaarungen, aber keine kaputten Märkte. Viel Spaß dabei den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Die Produktion vor Ort wieder anzukurbeln dürfte recht teuer werden.

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