Folgen des BGH-Urteils

Kalender und Taschentücher haben als Werbegaben nicht ausgedient

Berlin - 27.08.2019, 07:00 Uhr

Wer fröstelnd mit einem Rezept in die Apotheke kommt, für den könnte das geschenkte Päckchen Taschentücher durchaus „handeslübliches Zubehör“ sein. (c / Foto: Dan Race / stock.adobe.com)

Wer fröstelnd mit einem Rezept in die Apotheke kommt, für den könnte das geschenkte Päckchen Taschentücher durchaus „handeslübliches Zubehör“ sein. (c / Foto: Dan Race / stock.adobe.com)


Der Bundesgerichtshof hat in Sachen Apotheken-Zuwendungen rigoros entschieden: Bei der Abgabe preisgebundener Arzneimittel verstößt jegliche noch so geringwertige Zugabe gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Heilmittelwerbegesetz. Mit der Entscheidung haben die Karlsruher Richter aber nicht in allen Bereichen für Klarheit gesorgt. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Viele Apotheken sind verunsichert – dürfen sie noch ein Päckchen Taschentücher mitgeben oder zum Jahresende Kalender abgeben? DAZ.online hat bei Rechtsanwältin Sylvia Braun nachgefragt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Brötchen- und Ein-Euro-Gutscheine aus der Apotheke sind tabu, wenn nur preisgebundene Arzneimittel erworben werden, also lediglich ein Rezept eingelöst wird. Denn der Gesetzgeber habe mit seiner Änderung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG im Jahr 2013 alle Zuwendungen für Arzneimittel verbieten wollen, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden – mögen sie noch so geringwertig und lediglich als allgemein der Kundenbindung dienende Aufmerksamkeit gedacht sein.

Was steht im Urteil?

Zwar heißt es in einer Stelle des „Brötchen-Gutschein-Urteils“, die Vorinstanz habe Traubenzucker und Taschentücher – die hier gar nicht in Rede standen – als Ausdruck von Kundenfreundlichkeit aufgefasst und damit anders eingeordnet als Gutscheine. Und es ist ebenfalls zu lesen, dass diese Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung standhalte: „Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Brötchen-Gutschein stelle einen Vorteil dar, der den Erwerb des Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen lasse und werde auch nicht nur als Ausdruck von Kundenfreundlichkeit aufgefasst, lässt keinen Rechtsfehler erkennen“, schreiben die Bundesrichter.

Allerdings stellen sie etwas später im Urteilstext klar, dass es aus ihrer Sicht überhaupt keinen Raum mehr für Kundenfreundlichkeit gibt: Es gebe keine Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber bei der Ergänzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG im Jahr 2013 abhängig von der Motivation des Werbenden bestimmte Werbegaben vom Verbot habe ausnehmen wollen. Die Sache ist: In dem Verfahren haben weder Kläger- noch Beklagtenseite gegen Taschentücher und Traubenzucker schießen wollen. Sie hatten beide keine Zweifel daran, dass solche geringwertigen Zuwendungen als Kundenfreundlichkeit weiterhin zulässig sein sollten. Doch nun stellt der BGH klar: Jedenfalls dann, wenn allein preisgebundene Arzneimittel erworben werden, dürften geringwertige Werbegaben nicht mehr gewährt werden – außer es liegt eine der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 HWG geregelten Ausnahmen vor.

Dabei handelt es sich um handelsübliches Zubehör zur Ware oder handelsübliche Nebenleistungen, wozu ausdrücklich die handelsübliche Erstattung von Fahrtkosten des Nahverkehrs zum Erreichen der Apotheke zählt (§ 7 Satz. 1 Nr. 3 HWG). Zudem um Auskünfte und Ratschläge (§ 7 Satz. 1 Nr. 4 HWG) sowie die Abgabe von handelsüblichen Kundenzeitschriften (§ 7 Satz. 1 Nr. 5 HWG). Sie alle dürfen unabhängig von einer etwaigen Preisbindung jederzeit gewährt werden.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Zugabenverbot

von Conny am 27.08.2019 um 8:35 Uhr

Da spielt man halt auch mal Doc Morris. Eine Schütte mit 1cent Pflasterstripps und die Zugabenverordnung ist ausgehebelt.

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