Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

01.09.2019, 08:00 Uhr

Dreiklänge, überall Dreiklänge – wir können sie nicht mehr hören. (Foto: Andi Dalferth)

Dreiklänge, überall Dreiklänge – wir können sie nicht mehr hören. (Foto: Andi Dalferth)


Es war eine Woche, in der wir mit Dreiklängen zugedröhnt wurden. Und dazu noch mit ziemlich schrägen Tönen: Die ABDA mag nichts dazu sagen, ob sie sich das Rx-Versandverbot zugunsten  unserer kleinen Honorarverbesserung hat abkaufen lassen. Statt dessen trötet sie einen Dreiklang raus, welche Ziele, bla bla, sie verfolgt, gibt aber keine konkreten Antworten. Auch aus dem Saarland tönt ein Dreiklang der besonderen Art: Der saarländische Staatssekretär Kolling, früher Pressesprecher und DocMorris-Unterstützer, stimmt eine Dreiklang-Hymne auf Altmaier und Kohlpharma an mit dem Schlussakkord: Dem Importeur sei dank, er verhilft uns Apothekers zu mehr Geld. Wie schräg ist das denn!  

26. August 2019

Mein liebes Tagebuch, das war ja wohl ein Kabinettsstückchen der besonderen Art, was da zwischen Wirtschaftsminister Altmaier und Gesundheitsminister Spahn lief. Motto: Wenn du mir die Importquote lässt, dann darfst du deinen Rx-Versandhandel behalten – und wir beide sind zufrieden und unsere Freunde im Saarland und in den Niederlanden auch. Und die Apothekers, ja die Apothekers und ihre ABDA, die haben wir schön eingelullt – die sind doch froh, wenn sie ihre kleine Erhöhung beim Nachtdienstfonds kriegen und sie küssen uns die Füße, wenn wir ihnen die pharmazeutischen Dienstleistungen in Aussicht stellen, Honorar ungewiss. Mein liebes Tagebuch, ein starkes Stück! Das fördert nicht das Vertrauen in die Politik. Und bestätigt das Vorurteil, dass sich politische Entscheidungen nicht unbedingt auf sachliche Gründe stützen. Von wegen! Immerhin, mein liebes Tagebuch, der Altmaier-Spahn-Deal schaffte es in die Medien. Und führt den Deal der Öffentlichkeit vor. Das sollen alle wissen!
 

Martin Litsch, Chef des AOK-Bundesverbands, kennt nur eins, wenn er an Apotheker denkt: Sie sind ein Kostenfaktor, Honorar-Erhöhungen für sie muss man kritisch sehen. Da kommt ihm der Spahnsche Deal gerade recht: „Die Apotheker erhalten zusätzliche Vergütungen“, sagt Litsch, „damit sie den Versandhandel tolerieren.“ Und wirft damit dem Bundesgesundheitsminister vor, den Apothekern die Streichung des Rx-Versandverbotes durch höhere Honorare abgekauft zu haben. Mein liebes Tagebuch, das Dumme daran ist: Nach den jüngsten Enthüllungen zum  Altmaier-Spahn-Deal kann man ihm da kaum widersprechen. Schon im April störte sich Litsch daran, dass die Politik den Apothekern honorierte pharmazeutische Dienstleistungen versprach. Seine Kritik: Die Vergütung der geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen solle schon festgelegt werden soll, bevor überhaupt klar ist, um welche Dienstleistungen es geht. Und wir kritisieren, mein liebes Tagebuch: Es ist ein Unding, dass wir Dienstleistungen erbringen sollen, die bis heute arg im Vagen sind, und wir das Honorar dafür nicht kennen. Da ist der Wurm drin.

27. August 2019 

Was denken unsere Pharmaziestudierenden über die kommende Apothekenreform? Wie könnte  ihrer Meinung nach die Apotheke vor Ort gestärkt werden? In einem Gastkommentar bringen sie das Dilemma mit der Apothekenzukunft auf den Punkt: Es fehlen Regeln für den Rx-Versand, und sie sehen einen halbherzigen Umgang mit dem Thema pharmazeutische Dienstleistungen. Vor allem sollte man die Patienten fragen, welche Dienstleistungen sie erwarten. Und es sollten solche Leistungen der Vor-Ort-Apotheke entwickelt werden, die der Versandhandel nicht so schnell nachmachen könne. Voraussetzung sei zudem, die Ausbildung an die zukünftigen Anforderungen anzupassen, sprich: die Klinische Pharmazie müsse schon im Studium eine größere Rolle spielen und die Studienzeit angepasst werden. Die Meinung der Studierenden zu den geplanten Grippeimpfungen: Apotheker, die impfen möchten, sollten dies tun dürfen. Und die Mehrfachabgabe und die Stärkung des Botendienstes sowie die Einführung des E-Rezeptes sind Schritte in die richtige Richtung, „aber“ ,so fragen die Pharmaziestudierenden, „warum sind diese Schritte so zaghaft?“ Mein liebes Tagebuch, genau das fragen wir auch. Danke an unsere jungen angehenden Pharmazeuten für ihr Statement, mit diesen Fragen sind sie auf dem richtigen Weg. Hoffen wir, dass sie es mit der nächsten Apothekenreform schaffen, diesen Weg weiter zu gehen. Und hoffentlich haben sie dann die Gesundheits- und Berufspolitiker, die ähnlich denken. 

 

Wir wussten gar nicht, dass unsere ABDA so musikalisch ist und auf Dreiklänge setzt: „Wir verfolgen einen Dreiklang an Zielsetzungen“, tönt es laut aus der chicen Berliner Heidestraße. Mit diesem Dreiklang versucht die ABDA abzulenken, wenn man danach fragt, ob sich die Standesvertretung das Rx-Versandverbot wirklich durch ein besseres Honorar hat „abkaufen“ lassen. Mein liebes Tagebuch, mit der Fanfare des Dreiklangs versucht man die an der Basis entstandene Unruhe zu übertönen, die durch Fragen entstanden ist wie: „Haben die Honorar-Anpassungen und die geplante Einführung pharmazeutischer Dienstleistungen wirklich dafür gesorgt, dass man das Rx-Versandverbot in die hinteren Forderungsreihen stellt?“ Also, eine konkrete Antwort darauf bekommt man aus der Heidestraße nicht, dafür aber ein Dreiklang-Gedöns, das mehr als schräg daher kommt: „Die ABDA verfolgt für die Apothekerschaft seit Jahren einen Dreiklang an Zielsetzungen: Ordnungspolitische Stabilität, wirtschaftliche Fortschritte und eine bessere fachlich-pharmazeutische Perspektive für Apotheker beziehungsweise Apotheken im Gesundheitswesen. Dieser Dreiklang wurde und wird auch im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zum VOASG verfolgt“, heißt es aus der ABDA-Zentrale für Öffentlichkeitsarbeit. Mein liebes Tagebuch, mit der Musikalität der ABDA ist’s wirklich nicht weit her. In dieser verschwurbelten Tonalität geht’s dann noch ein paar Takte weiter – ohne dass man auf die eigentliche Kernfrage eingegangen ist. Mein liebes Tagebuch, vielleicht kommt der eine oder andere Delegierte ja auf dem Apothekertag auf die Frage zurück und stellt sie dort nochmal.

 

Ist ja nett gedacht: Kleine Apotheken auf dem Land sollten höhere Honorare durch eine Umverteilung der zur Verfügung stehenden Apothekenhonorare erhalten – meinen die „Basis-Apotheker“. Die Grundidee ihres Konzeptes ist: „Kleine Apotheken mit wenigen Packungen müssen pro Packung eine höhere Vergütung erhalten.“ Genau genommen möchten sie dies über einen gestaffelten Kassenabschlag erreichen, also statt eines Kassenabschlags von 1,77 Euro für alle sollten die Apotheken mit einem unterschiedlichen Abschlag zwischen 0 und 7,50 Euro belastet werden, abhängig von der Zahl der abgegebenen Packungen. 85% der Apotheken würden dadurch entlastet, rechnen sie vor, und für die Kassen wäre das kostenneutral. Mein liebes Tagebuch, man kann ja über viel nachdenken und diskutieren, aber hier fragt man sich doch: Wie gerecht ist eine solche Umverteilung? Warum soll eine Verordnung in einer großen Apotheke weniger wert sein als in einer kleinen? Und letztlich könnten unterschiedliche Kassenabschläge die Kassen reizen, Patienten umzusteuern hin zu großen Apotheken. Vielleicht sollte man nochmal darüber nachdenken und vielleicht auch über andere neue Honorarmodelle…

28. August 2019 

Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Opposition: das Vorgehen von Gesundheitsminister Spahn beim Apothekenhonorar und bei der Importförderklausel. Die grüne Gesundheitspolitikerin Schulz-Asche wirft Spahn vor, den Apothekern „das Blaue vom Himmel“ zu versprechen. Und sie kritisiert das „Saarland-Gemauschel“ in der Bundesregierung. Mein liebes Tagebuch, mal abgesehen davon, dass Schulz-Asche schon immer eine Gegnerin des Rx-Versandverbotes ist und die Abschaffung der Rx-Preisbindung fordert: Dass sie Spahn ein falsches Spiel in der Apothekenpolitik vorwirft, dem lässt sich angesichts der jüngsten Erkenntnissen aus den Vermerken des Bundeswirtschaftsministeriums nichts entgegenhalten. Wie sagt Schulz-Asche so treffend: „Das Bundesgesundheitsministerium verspricht der Apothekerschaft das Blaue vom Himmel – höhere Apothekenhonorare für den Erhalt des Rx-Versandhandels. Aber versprechen und Versprechen halten ist zweierlei.“

 

Ob man mit dem vom Bundeskabinett beschlossenen PTA-Reformgesetz „das Interesse an dem Beruf der PTA für die Zukunft sichert und einem Fachkräftemangel in den Apotheken entgegenwirkt“, ist fraglich. Es enthält zwar einige sinnvolle Ansätze, die den PTA-Beruf aufwerten und ihn für die zukünftigen Anforderungen stärken wollen. Aber der Ausbildungsstoff soll weiterhin in zwei Jahren Fachschulausbildung vermittelt werden und nicht auf ein halbes Jahr länger ausgedehnt werden. Insbesondere die Apothekengewerkschaft Adexa und der PTA-Verband BVpta kämpften dafür, die Gesamt-Ausbildungszeit von zweieinhalb auf drei Jahre zu verlängern. Vergebens, die ABDA hatte sich mit der Beibehaltung der bisherigen Ausbildungszeit durchgesetzt. Man wird sehen, welches Ergebnis das dann letztlich bringen wird. Aber mein liebes Tagebuch, ob Bundesregierung und ABDA den potenziellen PTA-Nachwuchs mit diesem PTA-Reformgesetz für den PTA-Beruf werden begeistern können? Wer sich für den PTA-Beruf interessiert, wird mit Sicherheit auch mal einen Blick in die Gehaltstabellen werfen – was dann passiert, kann ich mir gut vorstellen, mein liebes Tagebuch…

29. August 2019

Unsere herzallerliebste Versandapo DocMorris mit Sitz in den Niederlanden wollte eigentlich gerne eine deutsche Versandapo sein, allerdings mit allen Vorteilen und Annehmlichkeiten eines Versandhandhauses mit Sitz im EU-Ausland. So muss man es sich wohl erklären, mein liebes Tagebuch, dass DocMorris z. B. auf Bestellscheinen, Paketaufklebern und Rechnungsankündigungen eine deutsche Adresse angab: „DocMorris, 52098 Aachen“. Man wollte wohl nicht mit anderen ausländischen Versendern in einen Topf geworfen werden, nein, DocMorris sollte urdeutsch daherkommen, es reicht, wenn der Name urenglisch klingt. Das Landgericht Berlin hatte bereits 2013 verfügt, die Bestellscheine etc. deutlicher zu kennzeichnen und dem Kunden klar zu machen, dass das Unternehmen seinen Sitz in den Niederlanden hat. Mein liebes Tagebuch, wie wohl von DocMorris zu erwarten war, ignorierte das Unternehmen dieses Urteil und behielt seine Aachener Anschrift bei. Der Verband Sozialer Wettbewerb wollte das nicht länger dulden, stellte einen Ordnungsmittelantrag beim Landgericht Berlin, das daraufhin ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro gegen den Konzern verhängte. Ob nun der EU-Versender diesen Gerichtsbeschluss akzeptiert? Kein Kommentar aus Holland.

 

Das E-Rezept ist zwar erst in der Mache, aber einen Wettbewerb um Apps, mit denen Patienten ihre E-Rezepte werden einlösen können, ist schon im Entstehen. Einer scheint dabei die Nase vorn zu haben:  der Deutsche Apothekerverband mit seiner Web-App. Aktuell sollen sich  schon über die Hälfte der Apotheken, nämlich 10.000 der 19.400 Apotheken in Deutschland zur Teilnahme an der Web-App angemeldet haben. Und ja, gerne, alle noch nicht teilnehmenden Apothekeninhaberinnen und -inhaber sind natürlich herzlich eingeladen, „sich kostenlos dem neuen Angebot anzuschließen, um von Patienten uneingeschränkt gesucht und kontaktiert werden zu können und auch bei der Einführung des E-Rezepts von Anfang an eingebunden zu sein“. Mein liebes Tagebuch, da darf sich der Deutsche Apothekerverband aber freuen, so viel Vertrauen schon im Vorfeld entgegengebracht zu bekommen. Und der Wirtschaftsverband ist überzeugt: „Je mehr Apotheken sich vorab für das Online-Angebot der deutschen Apothekerschaft aussprechen, desto mehr Gewicht hat unser gemeinsames Projekt bei künftigen Entscheidungen mit unseren Partnern im Gesundheitswesen.“ Kann sein, muss aber nicht, mein liebes Tagebuch, wer weiß schon, welche politischen Deals dann wieder ausgeheckt werden. Andererseits: Anmelden kann man sich ja mal, es verpflichtet zu nichts.

 

„Altmaier hat alles richtig gemacht“ – meint Parteikollege und Staatssekretär im Saarländischen Sozialministerium Stephan Kolling (CDU) auf dem Sommerfest der saarländischen Apotheker. Na klar, was soll dieser saarländischer CDU-Politiker im Kohlpharma-Land auch sonst sagen, mein liebes Tagebuch. Und wir erinnern uns doch „gerne“ an den jungen Kolling, als er noch   Pressesprecher von Josef Hecken war und sich damals für die illegale DocMorris-Fremdbesitz-Apotheke in Saarbrücken einsetzte. Irgendwie bleibt er wohl seiner Linie treu, damals pro DocMorris, heute pro Kohlpharma. Kein Wunder, wenn in diesem Bundesland sichtlich auch Apothekenreform-Gesetze dem Arzneiimporteur erstmal zur Begutachtung vorgelegt werden, bevor sie im Wirtschaftsministerium dann endgültig verabschiedet werden. Und wer jetzt etwas Falsches denkt, dem legt Kolling nahe: „Nur weil ein Politiker sich für ein Unternehmen in seinem Wahlkreis einsetzt, ist er noch lange nicht korrupt“. Na sowas. Das Saarland hat ja schließlich auch als einziges Bundesland im Bundesrat gegen den Wegfall der Importförderklausel gestimmt. Und dann stimmt der Staatssekretär die dreiklängige Kohl-Hymne an: Kohlpharma sei wichtig für das Saarland, Kohlpharma sei wichtig für die Versorgung und Kohlpharma sei wichtig für das Gesundheitssystem. Denn: Der Importeur helfe Ressourcen zu heben, die man dann anderweitig nutzen könnte, zum Beispiel um den Apothekern mehr Geld zu geben. Uiuiuiuiui, mein liebes Tagebuch, wo wären wir armen Apothekers ohne Kohlpharma in diesem Land? Wir sollten unserem Bundeswirtschaftsminister dankbar dafür sein, dass er „alles richtig gemacht hat“ und Spahn davor bewahrt hat, die Importklausel abschaffen zu wollen. Unser Dreiklang: Geht’s! Noch! Schlimmer!?

30. August 2019

Endlich, endlich, mein liebes Tagebuch, endlich kümmert sich ein Gesundheitspolitiker mal ernsthaft um das Thema Lieferengpässe. Es wird höchste Zeit, die Liste der „Defekte“ wird immer länger. Michael Hennrich, der Arzneimittel- und Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, will da nicht länger zuschauen und was machen. Die Frage ist nur, was und wie schnell? Denn Hennrich sieht auch, dass das Thema komplex ist und nicht einfach zu lösen. „Ein so komplexes Problem können wir niemals alleine lösen können, wir brauchen auch Lösungsansätze auf europäischer Ebene“, sagt der CDU-Mann. Hennrichs Vorschläge: eine nationale Arzneimittelreserve – Großhändlern sollte man bei bestimmten Arzneimitteln eine Erhöhung der Lieferfähigkeit von derzeit zwei auf sechs Wochen vorschreiben. Außerdem sollten Hersteller ein bestehendes Lieferkettenmanagement und -überwachungssystem nachweisen müssen. Einen weiteren Grund für Lieferengpässe sieht Hennrich darin, dass Apotheker und Großhändler zu viel exportieren und Hersteller gezielt kontingentieren. Man mag es nicht glauben, mein liebes Tagebuch, aber vieles an den Lieferengpässen ist da in der Tat sichtlich hausgemacht. Ein starkes Stück. Hennrich regt da zurecht an, über ein Exportverbot nachzudenken. Ein weiterer Ansatz: Apotheker könnten angehalten werden, Arzneimittel durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel zu ersetzen, das in einem Mitgliedstaat der europäischen Union produziert wurde. Oh, lieber Herr Hennrich, das vergessen wir mal lieber ganz schnell. Bitte nicht noch mehr Bürokratie – die vermaledeite Importregelung reicht uns! Außerdem: Dass Hersteller ihre Arzneimittel vermehrt in Europa produzieren sollen, ist richtig und gut gedacht, aber nicht auf dem Rücken von uns Apothekers. Wir können das nicht kontrollieren, ob ein Arzneimittel „made in EU“ ist oder nicht. Also, mein liebes Tagebuch, unterm Strich: Gut, dass das Thema in der Politik angekommen ist. Jetzt sollten wir zusammen mit der Politik mal nachdenken: Herr Hennrich, wie wär’s mit einem „runden Lieferengpass-Tisch“?

 

Das Apotheken-Stärkungsgesetz könnte zum Großhandel-Schwächungsgesetz werden, prognostiziert Thomas Trümper, Chef des Großhandelsverbands Phagro. In einem Gespräch mit dem Handelsblatt malt Trümper das Szenario an die Wand, dass durch das Apotheken-Stärkungsgesetz pharmazeutische Großhändler aus dem EU-Ausland nicht mehr an die deutschen Preisvorschriften gebunden sind (wegen der Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG). Ausländische Großhändler könnten sich dann das Geschäft mit den lukrativen Arzneimittelgruppen sichern und mit Niedrigpreisen deutsche Apotheken als Kunden gewinnen wollen – zu Lasten des deutschen Großhandels. Damit bräche die gesamte Mischkalkulation des hiesigen Großhandels zusammen. Oh ja, mein liebes Tagebuch, so könnte es kommen. Der  Großhandel müsste dann eigene Standorte im Ausland aufbauen, um zu ähnlichen Bedingungen wie die EU-Großhändler nach Deutschland liefern zu können, überlegt der Pharmagroßhändler  Hanns-Heinrich Kehr. Mein liebes Tagebuch, und das dürften nicht die einzigen Folgen des Apotheken-Stärkungsgesetzes sein. Allein schon die fixen Rx-Preise für GKV-Versicherte und die frei kalkulierbaren Rx-Preise für Privatversicherte bringen Turbulenzen in den Markt, die letztlich nicht kalkulierbar sind genauso wenig wie das Großhandelsszenario. Mein liebes Tagebuch, die Zeit nach dem Apotheken-Stärkungsgesetz wird alles andere als lustig.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Rückblick auf das Jahr 2019

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

14 Kommentare

@Herr Herzog

von Karl Friedrich Müller am 01.09.2019 um 17:31 Uhr

Langsam aber sicher werde ich zu Ihrem Fan.
Ihr Kommentar zeigt, wie es wieder funktioniert

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Runde Tische mit vielen eckigen Meinungen ...

von Reinhard Herzog am 01.09.2019 um 15:32 Uhr

Runde Tische sind ja schön und gut, und es ehrt einen Politiker, wenn er sich die Zeit dafür nimmt, ein breites Meinungsbild einzuholen.

Nur: Am Ende ist es ein Schaulaufen von Partikularinteressen. Am großen Wurf ist doch niemandem gelegen. Alle haben sich in ihren jeweiligen Komfortzonen eingerichtet, der eine mehr, der andere weniger ...

Und dann gibt es eben wieder "kleines Karo" bzw. eine weitere Flickschusterei an einem inzwischen offenkundig insuffizient gewordenen, überkomplexen System.
Als Übergangslösung mag das akzeptabel sein, aber wo bleibt die durchgreifende Reform?

Alle Erfahrung lehrt, dass diejenigen Systeme am besten funktionieren, welche die Verantwortung verursachergerecht adressieren und die Eigenverantwortung fördern.

Und das heißt konkret:
Ärzte, Apotheken und die Patienten müssen weitaus mehr in die ökonomische Verantwortung genommen werden. Mit klugen Anreizen und auch spürbaren Sanktionen. Mitdenken muss sich lohnen. Und zwar am (therapeutischen) Endresultat orientiert, nicht an Centbeträgen für eine einzelne Arzneischachtel.

Es gibt übrigens global, von Ausnahmesituationen abgesehen, keinen Mangel an Arzneimitteln.Wir haben allein über 1.000 Wirkstoffhersteller auf der Welt. Der Mangel ist bei uns (und teils in anderen europäischen Ländern) durch unsere (Fehl-)Steuerungssysteme induziert. Insoweit führen protektionistische oder Quoten-Ansätze nicht dauerhaft weiter, sondern schlimmstenfalls nur in eine neue Subventionsspirale.

Im Grunde könnte es doch recht einfach sein:

Klug nach aktuellen Marktgegebenheiten berechnete (!) Festbeträge geben die preisliche Leitlinie für den Massenmarkt nach Anzahl (> 95%) vor. Hinreichende, stets neu evaluierte Jahrestherapiekosten können die Leitschnur bei teuren Erkrankungen sein.

Über alles wird schlicht ein Jahres-Budgetdeckel gelegt, mit Öffnungsmöglichkeiten im Falle von Sondersituationen (z.B. außergewöhnliche Krankheitswellen).

Ärzte und Apotheker erhalten weitgehende Kompetenzen, budgetgerecht zu agieren. Patienten erhalten die Freiheit, für Mehrleistungen einfach die Differenz aufzuzahlen.

Das war alles übrigens viele Jahre so - durchaus erfolgreich. Ja, insbesondere die Ärzte haben gejammert. Heute gibt es jedoch viel bessere Instrumente, welche die Praxen unterstützen können.

Ich habe nie verstanden, warum von dem schlichten Pfad der Budgetierung vor über zehn Jahren abgewichen wurde. Das wird doch überall so gemacht - ob in Ministerien oder den Abteilungen der Industrie.

Delegieren Sie die Verantwortung einfach an die Basis - und nicht an Vertragskünstler und Funktionäre! Die Menschen an der Basis machen das schon ganz vernünftig, wenn man sie nur kompetent wirken lässt. Jeder weiß schließlich, dass die Mittel begrenzt sind. Das ist doch überall so.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Kommentatoren kommentieren Kommentare ... kommentarlos ...

von Bernd Jas am 01.09.2019 um 15:31 Uhr

... mindestens seit Freitag nicht mehr.?

Ps.: Es dürfte nicht sein, dass die KK auch und insbesondere durch unser Zutun ´zig Milliarden horten, und wir gleichzeitig durch ständig wachsende Bullshit-Tätigkeiten an dem Punkt angelangen, wo wir unser Privatvermögen noch in die Apotheken tragen müssen um sie am leben zu halten.
Wir werden mißbraucht und zu Tätigkeiten verdammt, die ich mal als akademisches Kloputzen bezeichnen möchte.
Das ist einfach entwürdigend.
Beispiel: Der hochqualifizierte Krankenhausapotheker, der sich Tage, Wochen und Monate mit tausenden Hilfstaxen-Korrekturen herumschlagen muß, weil niemand anderes sonst mehr dazu geeignet ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lieferengpässe

von Peter Ditzel am 01.09.2019 um 15:26 Uhr

Lieber Herr Hennrich, vielen Dank für Ihre Initiative zum Thema Lieferengpässe. Es freut mich, dass schon in Kürze ein Runder Tisch dazu stattfinden wird. Ich bin auch gespannt auf die neuen Vorschläge, wie man die Arzneimittelproduktion nach Europa zurückholen kann. Noch einen schönen Sonntag und beste Grüße, Peter Ditzel

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ursachenbekämpfung

von Reinhard Rodiger am 01.09.2019 um 15:04 Uhr

Sehr geehrter Herr Hennrich,
Sie als Kenner der Szene sollten zuerst eins erreichen können: die Erhöhung der Handlungsbreite für Apotheken bei der Bearbeitung von Engpassartikeln. Die Problemlösung wird von den Verursachern der ganzen Misere, den Krankenkassen erheblich erschwert Die Erpressungsstrategie der Krankenkassen mit den gnadenlosen, verantwortungslosen
Preissenkungen und der Tenderphilosophie ist zu beenden.
Wer ist denn bereit, zu produzieren bei solchem Lotteriespiel?
Das muss bei Konzentration und Fragilität der Versorgungskette enden.Ein weiterer Punkt von Interesse wäre, zu überprüfen, ob die Vertragspartner der KK, die nicht liefern konnten, jemals Konventionalstrafen zahlen mussten.Oder ob die Retaxpraxis der KK das "unnötig" machte.Und da sind wir bei einem weiteren Ansatzpunkt.Die KK-Handlungsweise unterläuft die Lösungsmöglichkeiten vor Ort durch ertragsorientierte Machtregularien. Denen ist niemand gewachsen. Ohne eine angemessene Machtbalance ist nur eine Verschlechterung der Lage absehbar. Nämlich dann, wenn der Versand , der heute ja gefördert wird, in die wirklichen Machtpositionen reinwächst, via Industrie den Markt voll in den Griff zu bekommen.Amazonisierung ist das Stichwort. Dabei zählt der Patient nichts mehr, sondern nur das Päckchen zu Lasten anderer.Nicht zuletzt wäre schon heute an die drastisch verstärkte Innenstadtbelastung durch Lieferungen zu denken. Schliesslich geht ein Hauptteil der Versandbestellungen in dicht besiedelte Gebiete.

All das hat seine Ursache im Machtmissbrauch der Krankenkassen, dem nur politisch beizukommen ist. Das müssten Sie doch sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Rodiger

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

@Brigitte Hillner u. MdB Hennrich: Fast richtig, aber ...

von Gunnar Müller, Detmold am 01.09.2019 um 14:04 Uhr

Danke für Ihre Initiative! Ihre Schlussfolgerungen sollten Sie noch einmal überdenken.
Natürlich ist es schizophren, wenn wir auf der einen Seite Parallel-Importe (von Kohl oder wem auch immer) fordern, fördern, erlauben und protegieren, und uns dann andererseits wundern, wenn Produkte aus dem Krankenkassen- und gBA-dominierten Billig-Arzneimittel-Deutschland in lukrativere Märkte von wem auch immer verkauft werden.
Die Konsequenz daraus sollte jedoch wohl eher sein, dass man BEIDES zurückfährt, relativiert oder sogar bei festgestelltermaßen Engpassartikeln untersagt und gleichzeitig den Gepflogenheiten der Großhändler (insbesondere denen der nicht-vollversorgenden) einmal gehörig auf die Finger schaut!
Schluss mit dem Arzneimittel – Geschacher quer durch Europa!!
P. S. Kann es sein, Herr Ditzel, dass das Antworten auf Kommentare heute blockiert ist ...??

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

An Hrn. Hennrich, MdB

von Rolf Lachenmaier am 01.09.2019 um 13:41 Uhr

Ach, Herr Hennrich, unter uns Schwaben: einen gestandenen Politiker kann doch so ein kleines Shit-Störmchen nicht aus der Fassung bringen, oder?! Sie wollen einen besseren Vorschlag als eine weitere Verkomplizierungs-Quote in den Apotheken?
Ganz simpel: setzen Sie doch mal den Hebel an die richtige Stelle... es gibt da jemand, der die Verträge abschließt, wer, was, wann in der Apotheke abgeben darf. Die kranken Kassen handeln das mit den Herstellern aus. Da müssen Sie als mit-verantwortlicher Politiker ansetzen und eine Produktion "Made in EU" fördern. Natürlich werden da die kranken Kassen nicht ganz so begeistert sein, aber Sie als gestandener Politiker haben doch das Wohlergehen der Bürger im Blick und werden sehr überzeugend in die Verhandlungen gehen?!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lieferengpässe

von Michael Hennrich am 01.09.2019 um 11:29 Uhr

Lieber Herr Ditzel,
"Runder Tisch Lieferengpässe" kommt; ganz konkret kommenden Dienstag. Dort will ich gemeinsam mit Vertretern der Apothekerschaft, der Ärzte, des Großhandels, den Krankenkassen und den Herstellern über die Situation ins Gespräch kommen und über weitere Maßnahmen diskutieren. Das Interview in der DAZ hatte auch zum Ziel einfach mal alle Vorschläge, die durch den Raum geistern zu präsentieren. Dass die Förderklausel "Made in Europa" einen Shitstrom bei den Apothekern zur Folge hat, war mir von Anfang an klar. Das wird Ihnen Herr Rohrer bestätigen können. Das Anreize gesetzt werden, wieder in Europa zu produzieren muss ein Kernanliegen sein. Ich bin jetzt einfach auf die besseren Vorschläge gespannt.

Liebe Grüße

Michael Hennrich

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Was ich gerne hören würde

von Karl Friedrich Müller am 01.09.2019 um 10:23 Uhr

Ist, bevor Politiker ein neues Fass aufmachen und die Lage weiter verschlimmern:
Liebe Konzerne, liebe Versender, Ihr gefährdet das Gesundheitswesen, die Bevölkerung, die Versorgung, einfach alles.
Das helfen auch Geld, Pöstchen und Spargel nicht.
Deshalb sieht sich die Politik gezwungen, als erste Maßnahme das RxVV einzuführen. Desertieren müssen doch Konzerme aus dem Gesundheitswesen zurückziehen. Das Geld muss solidarisch dem Kranken zu Gute kommen.
Es wäre so einfach. Machen Sie aber nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Drei Fragen zum Sonntag

von Ulrich Ströh am 01.09.2019 um 9:50 Uhr

Nach dem Studium des heutigen Tagebuchs drei kurze Fragen::

Seit zwei Monaten wird im neuen ABDA-Haus gearbeitet.
-Gibt es bereits Aufnahmen von der chicen Inneneinrichtung?

Die Renovierung der PTA-Ausbildung steht an:
-Wann aktualisiert man die Gehaltstabellen für Offizin-PTAs ?

Die Web-App des DAVs bemüht sich aktuell um kollegiale Zustimmung:
-Warum ist die Zustimmung nur ein unverbindliches Ankreuzen?°

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Pressesprecher der Abda

von Conny am 01.09.2019 um 9:32 Uhr

Der Pressesprecher der Abda erinnert mich immer mehr an den Irakischen Minister Mohamed Said el -Sahhaf, der täglich versuchte, den Sieg seines Regimes herbeizureden. Als man wenige hundert Meter vom Informationsministerum schon die ersten Panzer sah, behauptete er noch lächelnd, es gebe keine Amerikaner in Bagdad.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Berliner Märchenstunde ... wieder mal ein echter „Kern“

von Christian Timme am 01.09.2019 um 9:12 Uhr

Zwei Bundesminister liegen mit der ABDA „über Kreuz“ ... Dreiklang.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

?

von Anita Peter am 01.09.2019 um 8:23 Uhr

Stärkung des Botendienstes .... sind Schritte in die richtige Richtung, „aber“ ,so fragen die Pharmaziestudierenden, „warum sind diese Schritte so zaghaft?“

Wo genau wird der Botendienst gestärkt? Über welche PZN lässt er sich zukünftig abrechnen? Es ist ein weitere defizitäre, unbezahlte Aufgabe.
Aber so sind wir eben, grosser Jubel über noch mehr unbezahlte Aufgaben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wir dürfen nicht, aber andere sollen?

von Brigitte Hillner am 01.09.2019 um 8:13 Uhr

Die deutsche Apotheker und Großhändler machen das, wovon Kohlpharma bei uns lebt - AM exportieren. Das sollen wir jetzt bitte schön nicht mehr, aber wir sollen dafür bitte gerne das Gleiche in anderen Ländern der EU unterstützen. So eine Haltung nennt man üblicherweise schizophren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.