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- 01.09.2019
- Mein liebes Tagebuch
29. August 2019
Unsere herzallerliebste Versandapo DocMorris mit Sitz in den Niederlanden wollte eigentlich gerne eine deutsche Versandapo sein, allerdings mit allen Vorteilen und Annehmlichkeiten eines Versandhandhauses mit Sitz im EU-Ausland. So muss man es sich wohl erklären, mein liebes Tagebuch, dass DocMorris z. B. auf Bestellscheinen, Paketaufklebern und Rechnungsankündigungen eine deutsche Adresse angab: „DocMorris, 52098 Aachen“. Man wollte wohl nicht mit anderen ausländischen Versendern in einen Topf geworfen werden, nein, DocMorris sollte urdeutsch daherkommen, es reicht, wenn der Name urenglisch klingt. Das Landgericht Berlin hatte bereits 2013 verfügt, die Bestellscheine etc. deutlicher zu kennzeichnen und dem Kunden klar zu machen, dass das Unternehmen seinen Sitz in den Niederlanden hat. Mein liebes Tagebuch, wie wohl von DocMorris zu erwarten war, ignorierte das Unternehmen dieses Urteil und behielt seine Aachener Anschrift bei. Der Verband Sozialer Wettbewerb wollte das nicht länger dulden, stellte einen Ordnungsmittelantrag beim Landgericht Berlin, das daraufhin ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro gegen den Konzern verhängte. Ob nun der EU-Versender diesen Gerichtsbeschluss akzeptiert? Kein Kommentar aus Holland.
Das E-Rezept ist zwar erst in der Mache, aber einen Wettbewerb um Apps, mit denen Patienten ihre E-Rezepte werden einlösen können, ist schon im Entstehen. Einer scheint dabei die Nase vorn zu haben: der Deutsche Apothekerverband mit seiner Web-App. Aktuell sollen sich schon über die Hälfte der Apotheken, nämlich 10.000 der 19.400 Apotheken in Deutschland zur Teilnahme an der Web-App angemeldet haben. Und ja, gerne, alle noch nicht teilnehmenden Apothekeninhaberinnen und -inhaber sind natürlich herzlich eingeladen, „sich kostenlos dem neuen Angebot anzuschließen, um von Patienten uneingeschränkt gesucht und kontaktiert werden zu können und auch bei der Einführung des E-Rezepts von Anfang an eingebunden zu sein“. Mein liebes Tagebuch, da darf sich der Deutsche Apothekerverband aber freuen, so viel Vertrauen schon im Vorfeld entgegengebracht zu bekommen. Und der Wirtschaftsverband ist überzeugt: „Je mehr Apotheken sich vorab für das Online-Angebot der deutschen Apothekerschaft aussprechen, desto mehr Gewicht hat unser gemeinsames Projekt bei künftigen Entscheidungen mit unseren Partnern im Gesundheitswesen.“ Kann sein, muss aber nicht, mein liebes Tagebuch, wer weiß schon, welche politischen Deals dann wieder ausgeheckt werden. Andererseits: Anmelden kann man sich ja mal, es verpflichtet zu nichts.
„Altmaier hat alles richtig gemacht“ – meint Parteikollege und Staatssekretär im Saarländischen Sozialministerium Stephan Kolling (CDU) auf dem Sommerfest der saarländischen Apotheker. Na klar, was soll dieser saarländischer CDU-Politiker im Kohlpharma-Land auch sonst sagen, mein liebes Tagebuch. Und wir erinnern uns doch „gerne“ an den jungen Kolling, als er noch Pressesprecher von Josef Hecken war und sich damals für die illegale DocMorris-Fremdbesitz-Apotheke in Saarbrücken einsetzte. Irgendwie bleibt er wohl seiner Linie treu, damals pro DocMorris, heute pro Kohlpharma. Kein Wunder, wenn in diesem Bundesland sichtlich auch Apothekenreform-Gesetze dem Arzneiimporteur erstmal zur Begutachtung vorgelegt werden, bevor sie im Wirtschaftsministerium dann endgültig verabschiedet werden. Und wer jetzt etwas Falsches denkt, dem legt Kolling nahe: „Nur weil ein Politiker sich für ein Unternehmen in seinem Wahlkreis einsetzt, ist er noch lange nicht korrupt“. Na sowas. Das Saarland hat ja schließlich auch als einziges Bundesland im Bundesrat gegen den Wegfall der Importförderklausel gestimmt. Und dann stimmt der Staatssekretär die dreiklängige Kohl-Hymne an: Kohlpharma sei wichtig für das Saarland, Kohlpharma sei wichtig für die Versorgung und Kohlpharma sei wichtig für das Gesundheitssystem. Denn: Der Importeur helfe Ressourcen zu heben, die man dann anderweitig nutzen könnte, zum Beispiel um den Apothekern mehr Geld zu geben. Uiuiuiuiui, mein liebes Tagebuch, wo wären wir armen Apothekers ohne Kohlpharma in diesem Land? Wir sollten unserem Bundeswirtschaftsminister dankbar dafür sein, dass er „alles richtig gemacht hat“ und Spahn davor bewahrt hat, die Importklausel abschaffen zu wollen. Unser Dreiklang: Geht’s! Noch! Schlimmer!?
14 Kommentare
@Herr Herzog
von Karl Friedrich Müller am 01.09.2019 um 17:31 Uhr
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Runde Tische mit vielen eckigen Meinungen ...
von Reinhard Herzog am 01.09.2019 um 15:32 Uhr
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Kommentatoren kommentieren Kommentare ... kommentarlos ...
von Bernd Jas am 01.09.2019 um 15:31 Uhr
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Lieferengpässe
von Peter Ditzel am 01.09.2019 um 15:26 Uhr
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Ursachenbekämpfung
von Reinhard Rodiger am 01.09.2019 um 15:04 Uhr
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@Brigitte Hillner u. MdB Hennrich: Fast richtig, aber ...
von Gunnar Müller, Detmold am 01.09.2019 um 14:04 Uhr
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An Hrn. Hennrich, MdB
von Rolf Lachenmaier am 01.09.2019 um 13:41 Uhr
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Lieferengpässe
von Michael Hennrich am 01.09.2019 um 11:29 Uhr
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Was ich gerne hören würde
von Karl Friedrich Müller am 01.09.2019 um 10:23 Uhr
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Drei Fragen zum Sonntag
von Ulrich Ströh am 01.09.2019 um 9:50 Uhr
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Pressesprecher der Abda
von Conny am 01.09.2019 um 9:32 Uhr
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Berliner Märchenstunde ... wieder mal ein echter „Kern“
von Christian Timme am 01.09.2019 um 9:12 Uhr
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von Anita Peter am 01.09.2019 um 8:23 Uhr
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Wir dürfen nicht, aber andere sollen?
von Brigitte Hillner am 01.09.2019 um 8:13 Uhr
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