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BMG: Das E-Rezept im Versandhandel ist sicherer und spart Zeit und Wege

Berlin - 12.09.2019, 17:30 Uhr

Online-Sprechstunde führt zu E-Rezepten im Versandhandel. Das Bundesgesundheitsministerium stellt auf seiner Homepage derzeit bedenkliche Thesen zu digitalen Verordnungswegen auf. (Screenshot: DAZ.online)

Online-Sprechstunde führt zu E-Rezepten im Versandhandel. Das Bundesgesundheitsministerium stellt auf seiner Homepage derzeit bedenkliche Thesen zu digitalen Verordnungswegen auf. (Screenshot: DAZ.online)


Eigentlich will das Bundesgesundheitsministerium mit der Apothekenreform ein Makelverbot für E-Rezepte einführen. Heißt konkret: Sowohl EU-Versender als auch Ärzte sollen nicht auf bestimmte (Online-)Apotheken verweisen. Auf seiner eigenen Homepage bewirbt das BMG aber derzeit das Gegenteil. In einem Glossar heißt es, dass Patienten Zeit und Wege sparen, wenn sie ihr E-Rezept an einen Versender schicken, außerdem sei die Versorgung so sicherer. Die ABDA ist alarmiert und hat sich schon beschwert.

Die Einführung des E-Rezeptes in Deutschland wird die Arzneimittelversorgung nachhaltig verändern: Patienten können ihre Arzneimittel-Verordnungen künftig per Handy-App oder Code für die Apotheke ihrer Wahl freigeben. Kein Wunder, dass da gerade die Arzneimittel-Versandhändler Lunte riechen. Der komplizierte Weg über die postalische Weiterleitung des Rezeptes an den Versender fällt schließlich weg.

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Glossar der BMG-Homepage bewirbt Versandhandel

Doch das Bundesgesundheitsministerium will eigentlich vermeiden, dass Versender und Ärzte hier Einfluss auf den Verordnungsweg nehmen. Mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz, das schon bald im Bundestag beraten wird, soll es sowohl Versandhändlern als auch den verordnenden Ärzten verboten werden, Patienten und deren E-Rezepte zu lenken – egal, ob diese Patienten ihr E-Rezept aus einer ärztlichen Online-Beratung entnehmen, wie beispielsweise im bald beginnenden GERDA-Projekt in Baden-Württemberg, oder aus einem persönlichen Arztgespräch vor Ort.

Wenn man sich derzeit auf der Homepage des BMG umschaut, muss man sich fragen, ob das BMG selbst hinter dieser grundsätzlichen E-Rezept-Spielregel steht. Denn in einem Glossar, in dem grundsätzliche Begriffe des Gesundheitswesens erklärt werden, heißt es seit einigen Tagen schon:


Wenn Sie Geld überweisen, füllen Sie dann noch einen Überweisungszettel aus und bringen ihn zur Bank? Warum bringen wir dann noch Zettel mit Rezepten zu unseren Apotheken? Damit die Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen aufhört, führen wir das E-Rezept ein. Wir machen den Weg dafür frei, dass Sie in Zukunft auch online mit Ihren Arzt oder Ihrer Ärztin sprechen können – mit der sogenannten Videosprechstunde. Wenn Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Ihnen dabei ein Medikament verschreibt, erhalten Sie ein E-Rezept, das Sie in einer Online-Apotheke Ihrer Wahl einlösen können. Die Arzneimittel kommen dann direkt zu Ihnen nach Hause. Das spart Zeit und Wege. Und macht vor allem die Behandlung mit Arzneimitteln sicherer.“

Glossar der BMG-Homepage


BMG: Wir haben die Wahlmöglichkeiten klar beschrieben

Erst im nächsten Absatz weist das Ministerium dann darauf hin, dass man digitale Verordnungen auch bei einem „normalen“ Arztbesuch erhalten und diese in einer Vor-Ort-Apotheke einlösen könne. Zudem solle das Papierrezept nicht komplett abgelöst werden. Trotzdem malt das Ministerium hier zwei Verordnungswege auf, die so eigentlich nicht gedacht sind: Online-Ärzte verordnen Arzneimittel-Rezepte, die bei Versendern eingelöst werden und Vor-Ort-Ärzte schreiben Rezepte für die Apotheke vor Ort. Und auch die Aussagen, dass das Arzneimittel nur im Versandhandel nach Hause geliefert werden kann und die „Behandlung“ durch den Versand „sicherer“ werde, sind erstens nicht neutral und zweitens einfach falsch.

DAZ.online hat beim BMG nachgefragt, wie es zu der Formulierung kommen konnte. Eine Sprecherin verweist in ihrer Antwort nochmals auf den Satz, in dem erklärt wird, dass E-Rezepte auch bei „normalen“ Arztbesuchen verordnet und in Vor-Ort-Apotheken eingelöst werden können. Eine Änderung ist offenbar nicht vorgesehen. Die Ministeriumssprecherin dazu: „Wir meinen, dass damit die Wahlmöglichkeiten der Patientinnen und Patienten klar beschrieben sind.“

Ganz anders sieht das die ABDA. DAZ.online hat in der ABDA-Kommunikationsabteilung nachgefragt, wie man den neuen Glossar-Beitrag auf der BMG-Homepage kommentiert und ob die Standesvertretung Anlass zum Handeln sieht. ABDA-Sprecher Dr. Reiner Kern dazu: „Wir kennen die Veröffentlichung und halten die entsprechende Textpassage für nicht tragbar. Wir haben deshalb bereits Kontakt mit dem BMG aufgenommen. Auch wenn es sich bei dem Text nicht um ein politisches Dokument, sondern lediglich um ein Glossar handelt, geht davon ein falsches Signal für die Arzneimittelversorgung aus.“

Anmerkung der Redaktion vom 13. September: Das Bundesgesundheitsministerium hat sein „Glossar“ zum E-Rezept mittlerweile überarbeitet. Mehr dazu lesen Sie hier:



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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15 Kommentare

Bewirbt das BMG tatsächlich den Versandhandel?

von Heiko Barz am 13.09.2019 um 13:57 Uhr

Die Dramatik unserer aktuellen Situation ist, dass der digital offensive Herr Spahn alle Faktoren kennt, die in den Kommentaren der Kollegen, hier und in anderen Foren bei dem erschütterlichen Niedergang unseres Berufes zu lesen sind. Dieser Mann hat sich zum Ziel gemacht, entweder die Deutsche Apotheke in toto zu vernichten, um seine Holland-Konnektion zu bedienen, oder durch Geheimabsprachen mit der ABDA-Spitze und daraus folgenden imaginären Garantiezusagen - welcher Art auch immer -, die Zahl der Deutschen Apotheken unter den Wert von 10000 zu drücken.
Ich nehme an, dass unsere „Führung“ ( im Speziellen F.Schmidt ) durch die bekannten Geheimabsprachen politisch dermaßen blockiert ist, dass es keiner von „Denen“ wagt, sich frei gegen den durch politische Immuntät geschützten GM Spahn zu stellen.
Diesen offensichtlichen Wahnsinn, anders kann man die „Istsituation“ der Deutschen Apotheken kaum noch beschreiben, kann nur noch ein Korrektiv verhindern und das ist die Länderkammer, also der Bundesrat. Es gibt dort einige, auch mehr werdende verantwortungsbewusste GMs, deren Zweifel wachsen an dem wilden Rundumschlag der Vernichtung einer guten Arzneimitteldistribution durch den ungebremsten europäischen ( holländischen ) AM-Versand. Auch in dieser Kammer wächst langsam ein Unbehagen, dieser Versandart zu folgen, wie es in den meisten EU-Ländern längst übliche Praxis ist, nämlich ein übergeordnetes RXVV.
Es gibt daher nur ein einziges Europarechtlich abgefedertes Mittel der Wahl:
Das für alle Patienten unverzichtbar sichere - RXVV - !!

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ABDA und Spahn

von Dr.Diefenbach am 13.09.2019 um 9:58 Uhr

Wenn unsere Organisation DIES als Ergebnis vorweisen muss und NICHT wusste WAS diesbezüglich wirklich kommt,dann MUSS er gehen,der ABDA Vorstand zum ganz grossen Teil.Man pfiff auf abweichende Positionen (LAK Hessen) in vielen Punkten,überall werden bei Versagen der Spitze doch auch Konsequenzen gezogen,DER APOTAG IST DER RICHTIGE PUNKT ZUM ÖFFENTLICHEN R Ü C K T R I T T !mehr als kopflos geht es doch gar nicht mehr.Die Strategien der Ministerien(s. auch die Altmaier-Gang)nicht einschätzen zu können-das ist schlimm.Möglichkeiten des Drucks von unten nach oben???Beitragsreduktionen (muss halt angegangen werden),Stellensperren!!!,Bewertung des Haushaltes durch Externe,Anwendung des QMS,eine PR(wie oft muss man das noch sagen),die endlich mal radikale Aussagen macht bzw. deutliche Worte findet,man schaffte wohl nicht mal das Gespräch mit Herrn Bühler (oder??),eine nachhaltige Beschäftigung wie die ABDA STRUKTUR in ZUKUNFT SEIN KÖNNTE.Das Konzept STIMMT NICHT MEHR!! Bitte endlich was Neues,Denn wie interessant wir sind,Termine hin oder her,das zeigt die politische NICHTrunde beim Apotag.Hat unser Wirtschaftsbeirat innerhalb der ABDA eigentlich jemals transparent dargestellt,wie viele Mrd, der Beruf jährlich an Mwst,EK-Steuer,Gewerbesteuer usw. erbringt?? Es sind alles Punkte,die DARZUSTELLEN sind.Denn der ABDA Geschäftsbericht,dem ja viel Substanz zu verdanken ist,DER taucht kaum auf.Dafür 2Hm immer noch...

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Sichherheit

von Benjamin Schäfer am 13.09.2019 um 9:41 Uhr

Die These, dass ein (automatisierter?) Wechseleirkungscheck die Versorgung sicherer macht, halte ich für gefährlich. Wenn ich dem Patienten ungefiltert alles ausspucke, was in der Datenbank als mögliche WW angezeigt wird, ist er im schlechstesten Fall zu verunsichert, um die Therapie fortzusetzen und im besten Fall stielt er dem Arzt Zeit. 95 % aller multimorbiden Patienten haben dann Wechselwirkungen. Es ist so schon mit pharm. Sachverstand ein heikler Drahtseilakt die relevanten WW so rauszufiltern, dass dem Patienten kein Schaden droht. Ungefiltert dem Patienten diese Daten zu überlassen ist verantwortungslos.

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Und macht vor allem die Behandlung mit Arzneimitteln sicherer.“

von Karl Friedrich Müller am 13.09.2019 um 9:23 Uhr

Wie kommt Spahn zu der falschen Behauptung?
Will er die Bevölkerung anlügen?
Macht er Werbung?
Lügt er?
Weiß er es nicht besser?
Das Gegenteil ist richtig.
Durch den Versand wird die Versorgung mit AM unsicherer, weil der Versand gar nicht die vielfältigen Probleme erkennen kann, die von der Apotheke vor Ort tagtäglich erkannt und gelöst werden. Zum Schutz der Patienten. Es lässt sich eben NICHT alles digital lösen, weil das nur ein oberflächliches 08/15 Verfahren sein kann.
Wir rufen ja nicht nur in den Praxen an, weil der Preisanker überschritten wird (Augenrollen).
Erst im Gespräch mit den Kunden werden Fehler aufgedeckt.
Diese oberflächliche Propaganda ist so unsäglich widerlich und verlogen. Unsere Leistung wird bagatellisiert, herhabgewürdigt.
Ich frage mich schon lange, wie eigentlich der Versand wirklich unsere Arbeit bewältigen will. es geht schlicht nicht.

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das nennt sich Demokratie

von Karl Friedrich Müller am 13.09.2019 um 8:30 Uhr

Eine Form des Staats, bei dem Politiker offen gegen die Interessen der Bürger agieren dürfen und noch nicht mal Angst vor Konsequenzen haben müssen. Weder politisch noch strafrechtlich. Es ist mir egal, ob Spahn bewiesen werden kann, ob er bestochen ist, in welcher Form auch immer. Jedenfalls nimmt er in sonst nicht erklärbarer Form Einfluss auf das Gesundheitswesen.
Die Demokratie existiert nicht mehr. Der Bundestag ist eine Interessengemeinschaft zur Erhaltung der eigenen Einkünfte (also der Politiker) und der Konzerne und Investoren. Der Fraktionszwang ist ausgeartet in der Form, dass Abgeordnete, die noch Verstand und Anstand haben, aussortiert werden, den Listenplatz verlieren und die (Neben-) Einkünfte, die im Übrigen oftmals höher sind als die Diäten. Schon das gehört unterbunden. Damit kann der Abgeordnete nicht mehr seinem Auftrag - den Wähler zu vertreten - nachgehen.

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Na, ABDA? Für Eure Beitragszahler arbeitet Ihr wohl nicht !

von Alfons Neumann am 13.09.2019 um 2:02 Uhr

Die ABDA ist als Organisation, die gegen ihre eigentlichen Beitragszahler agiert, wohl nun mehrfach enttarnt !!
Einerseits durch das eindeutige Votum des Bundesländer-Gesuheitsausschuß pro RxVV, weiterhin durch den unsachgemäß kommentierten Gesetzesentwurf bzgl. Hüffenhardt 2,0. und nun durch eine mehr als vage Reaktion bzgl. politisch induzierte e-Rezept-BMG-Forcierung-pro-Doc-Moc-u-Co ...
Hallo, Herr Kern, wirds bald - endlich die offensichtlichen politichen Zusammenhänge benennen! Nun mal deutlich Presse sprechen statt Fresse halten !
Falls Sie sich selbst nicht trauen: ich wäre durchaus bereit, mal den Stinkstiefel zu übernehmen ! Einzelheiten müßten noch geregelt werden, aber Ihr Gehalt übernehme ich natürlich rückwirkend gern, denn wg. bisher kommentarlos wäre Ihres eigentlich eh gegenstandslos.......

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AW: Na, ABDA? Für Eure Beitragszahler

von Anita Peter am 13.09.2019 um 7:57 Uhr

Was erwarten Sie von dieser dilettantischen Laientruppe? Die ABDA in ihrer jetzigen Besetzung ist als Führungsspitze völlig ungeeignet. Es geht mit Vollgas gegen die Wand.

Perfidie

von Thomas Kerlag am 12.09.2019 um 22:59 Uhr

Warum wir nicht ehrlich gesagt, dass man die Problemlöser vor Ort nicht braucht, oder genauer, nicht haben will.

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AW: Perfidie

von Anita Peter am 13.09.2019 um 7:59 Uhr

Wie genau wollen wir es eigentlich noch hören? Spahn spielt den Versendern in die Hände und Schmidt warnt vor Buden. Der Plan lautet <10.000 Apos. Glaubt nur keiner.

AW: Perfidie

von Karl Friedrich Müller am 13.09.2019 um 8:22 Uhr

@ Frau Peter: der Plan heißt: gar keine Buden mehr. Möglichst wenige. So ein paar "Notfallapos" in größeren Städten.

Spahn

von Karl Reichenbach am 12.09.2019 um 22:31 Uhr

Echt stalinistisch; wer zu früh mit Beifall klatschen aufhört wird verhaftet.

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Spahn

von Conny am 12.09.2019 um 19:56 Uhr

Und sie werden alle wieder klatschen ! Man fragt sich wirklich was im Kopf von Schmidt und seinen Lemmerlingen vorgeht.

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Schöne neue Welt

von Quaksalber am 12.09.2019 um 19:02 Uhr

So macht man Meinung! Erstmal die total digitale, hippe, smarte, schnelle, super sichere Variante des E-Rezeptes vorstellen und dann die normale (gähn), altmodische, von-Gesicht-zu-Gesicht Variante hinterher schieben. Wozu, moderner Patient, möchtest du gehören? - na, wer weiß es?
Mir geht dieser Digi-Hype aber sowas von auf die.....

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Spinn ich?

von Reinhard Rokitta am 12.09.2019 um 18:36 Uhr

Irgendwann ist aber auch mal Ende mit Diplomatie. Man kann sich vorstellen, dass Spahn seine Abneigung gegen die Vor-Ort-Apotheken im Ministerium öffentlich kommuniziert. So ein Glossar ist dann die Folge. Unser "Spahn-Plakat" kann man sich schon mal auf der Homepage der Freien Apothekerschaft ansehen. Meine 5 Cent: Der Minister hat seine Glaubwürdigekit verloren.

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freudscher Versprecher

von ratatosk am 12.09.2019 um 18:17 Uhr

Ist wohl so rausgerutscht, im Ministerium sitzen die Adlaten der Versender, auch wenn die Unverfrohrenheit der Aussage sprachlos macht. Ein deutsches Ministerium im Kampf gegen unsere eigene Infrastruktur und gegen die Einnahmen durch die immense Mehrwersteuer. Dramatischer geht es nicht mehr.

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