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Fructoseintoleranz: Wie Traubenzucker helfen und Sorbit schaden kann

Bonn - 13.09.2019, 17:45 Uhr

Fruchtzucker ist natürlicherweise in Kern- und Steinobst sowie Honig enthalten. Aber auch Sorbit kommt in vielen Obstsorten vor (Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume), sowie in Fertigprodukten und Süßigkeiten. (Foto: Nitr / stock.adobe.com)

Fruchtzucker ist natürlicherweise in Kern- und Steinobst sowie Honig enthalten. Aber auch Sorbit kommt in vielen Obstsorten vor (Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume), sowie in Fertigprodukten und Süßigkeiten. (Foto: Nitr / stock.adobe.com)


Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder auch Nahrungsmittelintoleranz sind Sammelbegriffe für verschiedene, nicht allergisch bedingte Reaktionen auf Nahrungsmittel. Am häufigsten lösen Milchzucker (Lactose), Fruchtzucker (Fructose), Gluten oder Histamin eine Intoleranz aus. In der fünfteiligen DAZ.online-Serie werden die häufigsten Intoleranzen beschreiben. Im vierten Teil der Serie geht es um die Fructoseintoleranz und Sorbit.

Man unterscheidet verschiedene Formen der Fructoseintoleranz.

Die primäre Fructosemalabsorption

ist angeboren, die Ursache ist jedoch nicht geklärt. Dis­kutiert werden hauptsächlich genetische Mutationen. 

Die sekundäre Fructosemalabsorption

wird durch Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Zölia­kie ausgelöst, die die Darmschleimhaut schädigen und somit die Aktivität der Transporter reduzieren. Medikamente können ebenfalls eine Schädigung der Darmschleimhaut auslösen oder Prozesse, die die Kontaktzeit der Fructose mit der Dünndarmwand durch eine schnellere Darmpassage verringern.

Die hereditäre Fructoseintoleranz

tritt bei einer sehr geringen Zahl, vor allem bei Säuglingen, auf und ist im Extremfall lebensgefährlich. Ist eine Person von der vererbten Fructoseintoleranz betroffen, so können schon kleinste Mengen an Fruchtzucker zu Leberversagen führen. Dieser angeborenen Stoffwechselstörung liegt ein Defekt des Enzyms Fructose-1-Phosphat-Aldolase B zugrunde. Betroffene können daher das D-Fructose-1-phosphat nicht mehr weiter spalten. Auf diese Weise kommt es zu einer Anhäufung des Phosphats, da die Einspeisung von Fructose in die Leber durch das Enzym Ketohexokinase ungehemmt erfolgt. Infolgedessen können sowohl die Glykolyse als auch die Gluconeogenese nicht mehr korrekt ablaufen. Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Wachstumsstörungen, Krampfanfälle, Hypoglykämien, Gewichtsverlust und Organschädigungen. Die Erkrankung ist hochgradig lebensbedrohlich, wenn nicht konsequent auf Fructose und Sorbit verzichtet wird.

Ursachen einer Fructosemalabsorption

Die weitaus häufigste Form der Fructoseintoleranz ist die primäre und sekundäre Fructosemalabsorption oder auch „intestinale Fructoseintoleranz" genannt. Hierbei geht es nicht um genetische Defekte in der Leber, sondern um eine Störung innerhalb des Dünndarms. 

Die Fructosemalabsorption kann durch eine Magen-Darm-Erkrankung oder Medikamente entstehen, die die Dünndarmschleimhaut schädigen. Für die Fructosemalabsorption kommen aber ebenfalls vererbte Faktoren in Betracht: Die Funktion des Transportproteins für Fructose ist dann eingeschränkt. Im Dünndarm kommt es durch einen Mangel an Fructosetransportern (GLUT5­-Transpor­ter) zur unzureichenden Fructoseaufnahme. Die Fructose gelangt somit unverändert in den Dickdarm und wird von den dort ansässigen Bakterien vergärt.

Symptome und Folgen: von Bauschmerzen bis Zink-Mangel

Die entstehenden Gase, kurzkettigen Fettsäuren und andere Abbauprodukte führen zu krampfartigen Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Flatulenz und Diarrhö. Neben den genannten Symptomen kann Fructoseintoleranz zu einer ganzen Reihe an Folgeerscheinungen führen. Durch die veränderte Darmflora kann es beispielsweise zu einem Mangel an Folsäure, Zink oder der Aminosäure Tryptophan kommen.

20-30 Prozent der deutschen Bevölkerung sind von einer Fructosemalabsorption betroffen, es sind jedoch keine Zusammenhänge mit dem Alter oder der ethnischen Zugehörigkeit zu erkennen. Offensichtlich ist jedoch die Häufung gleichzeitig auftretender Sorbitunverträglichkeiten.

Exkurs: Sorbitintoleranz

Die Symptome der Fruchtzuckerintoleranz sind auch für eine Sorbitunverträglichkeit charakteristisch. Sorbit ist ein Zuckeraustauschstoff, der auch als Feuchthaltefaktor und Trägerstoff in der Lebensmitteltechnologie verwendet wird. 

Da Sorbit dieselben Transportsysteme nutzt wie die Fructose, kann die gleichzeitige Aufnahme eine Fructoseintoleranz verschlechtern. Bei der isolierten Sorbitintoleranz wird Fructose problemlos vertragen, nur der Zuckeraustauschstoff macht Probleme nach der Aufnahme, da er im Dünndarm nicht vollständig resorbiert wird.

Sorbit kommt in vielen Obstsorten (Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume) sowie in Fertigprodukten und Süßigkeiten vor.

Früh zum Arzt und individuelle Toleranzschwelle herausfinden 

Wichtig ist, dass die Patienten nach der ärztlich gesicherten Diagnose (Wasserstoffatemtest, Fructosebelastungstest) ihre individuelle Toleranzschwelle herausfinden. Hierzu wird nach einigen Tagen strikter Fructose- und Sorbitkarenz langsam und tageweise die Fructoseaufnahme gesteigert bis die typischen Beschwerden eintreten.

Zu fructosehaltigen Speisen besteht die Möglichkeit ein Produkt mit Xyloseisomerase einzunehmen. In der Lauer-Taxe werden beispielsweise die Präparate Fructosin®, Fructaid® und Xylosolv® gelistet. Das enthaltene Enzym sorgt für die Umwandlung von Fructose in Glucose. Verschiebt sich im Dünndarm das Gleichgewicht zwischen den beiden Monosacchariden durch die transporter­gesteuerte Gluco­seaufnahme, kann das Enzym die Fructose immer weiter umwandeln.

Betroffene, die regelmäßig unter oben genannten Symptomen leiden und immer wieder über Bauchschmerzen oder Durchfall klagen, wenn sie zuckerreiche Kost gegessen haben, sollten nicht zu lange damit warten, einen Arzt zu konsultieren. Eine für lange Zeit unentdeckte Fructoseintoleranz kann zu weitreichenden Folgen und schweren Darmerkrankungen führen.

Empfehlungen für die Apotheke: auf Zuckeralkohole achten 

Da Glucose die Fructoseresorption indirekt verbessert, kön­nen Betroffene die Verträglichkeit fruchtzuckerhaltiger Nahrung erhöhen, indem sie Traubenzucker aufstreuen oder untermischen. 
Fruchtzucker ist natürlicherweise in Kern- und Steinobst sowie Honig enthalten. In „Lifestyle-Produkten“ (zum Beispiel kalorienreduzierte Süßgetränke oder Milchprodukte) oder Spezialprodukten für Diabetiker werden oftmals auch größere Mengen Fructose zugesetzt.

Die Aufnahme von Fructose wird außerdem durch Zuckeralkohole vermindert. Dazu gehören:

  • Sorbit/Sorbitol (E420)
  • Mannit (E421)
  • Xylit (E967)
  • Maltit (E965)
  • Laktit (E966)
  • Isomalt (E953)

Diabetiker sollten keine speziell mit Fructose gesüßten Lebensmittel mehr bevorzugen, da man heute weiß, dass ein erhöhter Fructosekonsum auch Stoffwechselstörungen wie Diabe­tes, Gicht und Bluthochdruck begünstigt.

Auf der Seite „Lebensmittelunverträglichkeiten“ findet man eine Übersicht zum Fructose- und Glucosegehalt von häufig verwendeten Lebensmitteln, vornehmlich Obst und Gemüse.



Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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