Dopamin-Dysregulationssyndrom

Parkinson: Zwanghafter Missbrauch dopaminerger Arzneimittel

Stuttgart - 16.09.2019, 12:59 Uhr

Der Fähigkeit eines Stoffes zur Suchtauslösung liegt die Freisetzung von Dopamin zugrunde. Morbus Parkinson geht mit Verlust der Dopamin-Produktion einher. Wesentlicher Therapie-Aspekt ist der Ausgleich des Dopamin-Mangels. ( r / Foto: bogdandimages / stock.adobe.com)

Der Fähigkeit eines Stoffes zur Suchtauslösung liegt die Freisetzung von Dopamin zugrunde. Morbus Parkinson geht mit Verlust der Dopamin-Produktion einher. Wesentlicher Therapie-Aspekt ist der Ausgleich des Dopamin-Mangels. ( r / Foto: bogdandimages / stock.adobe.com)


Zu Arzneimitteln mit „Carbidopa/Levodopa (mit Ausnahme der zentral zugelassenen Produkte)“ wurde ein europäisches, die periodischen Sicherheitsberichte bewertendes Verfahren durchgeführt. Das Ergebnis: Die Fach- und Gebrauchsinformationen müssen um die Nebenwirkung „Dopamin-Dysregulationssyndrom“ (DDS) ergänzt werden. Was steckt dahinter?

Unter dem Dopamin-Dysregulationssyndrom (DDS) versteht man den zwanghaften Missbrauch dopaminerger Arzneimittel. Bei einem DDS werden höhere Dosen eingenommen, als zur adäquaten Kontrolle von motorischen Symptomen der Parkinson-Krankheit erforderlich sind. Es handelt sich also um eine Suchterkrankung, die zu einer übermäßigen Anwendung des Arzneimittels führt.

Dass Dopamin mit Suchtverhalten in Zusammenhang steht, ist nun keine neue Erkenntnis. „Keine Sucht ohne Dopamin“, hieß beispielsweise ein Beitrag in der DAZ 36/2017 mit dem Pharmakologisch! UPDATE zu Sucht und Abhängigkeit

Dort wird in einem Fallbeispiel ausgerechnet ein Patient beschrieben, der an Morbus Parkinson leidet und sich mit hohen Dosen der „Alltagsmedikamente“ L-Dopa und D2-Rezeptoragonisten in eine „wahnhafte Verkennung seiner Umgebung katapultiert“.

Und auch im Anhang zum BfArM-Bescheid heißt es: „Das mit der Anwendung von Levodopa/Carbidopa assoziierte DDS ist in der wissenschaftlichen Literatur mit über 30 veröffentlichten Fachartikeln allgemein bekannt.“ Speziell die Levodopa/Carbidopa­Intestinal-Gel-Formulierung (LCIG) scheint betroffen zu sein. Aber auch für orale Formulierungen wurden Fälle berichtet.

Patienten und Betreuer müssen gewarnt werden

Schließlich ist das DDS auch bereits in den Produktinformationen anderer dopaminerger Arzneimittel, wie Apomorphin, Levodopa/Benserazid, Rotigotin, Ropinirol und auch zentral zugelassener Carbidopa-/Levodopahaltiger Arzneimittel, die bei der Parkinson-Krankheit angewendet werden, gelistet. Das geht aus dem aktuellen BfArM-Bescheid hervor. Offenbar gibt es aber einen Bedarf, die „Wahrnehmung und das Verständnis für die Symptomatik zu erhöhen“. Dazu soll das DDS nicht nur als Nebenwirkung mit der Häufigkeit „nicht bekannt“ Eingang in die Fachinformation finden, es sollen auch weitere Informationen und unter 4.4 ein Warnhinweis aufgenommen werden:


„Bei einigen Patienten wurde unter der Behandlung mit Carbidopa/Levodopa ein Dopamin-Dysregulationssyndrom (DDS) beobachtet. Hierbei handelt es sich um eine Suchterkrankung, die zu einer übermäßigen Anwendung des Arzneimittels führt. Vor Behandlungsbeginn müssen Patienten und Betreuer vor dem potenziellen Risiko der Entwicklung eines DDS gewarnt werden (siehe auch Abschnitt 4.8).

Anhang II, Änderungen der Produktinformation des/der national zugelassenen Arzneimittel(s), Abschnitt 4.4: Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung 


Bei manchen Patienten komme es nach der Einnahme von zu hohen Dosen zu ungewöhnlich heftigen unwillkürlichen Bewegungen (Dyskinesien), Stimmungsschwankungen oder anderen Nebenwirkungen. Patienten und Angehörige sollen den Arzt informieren, wenn suchtähnliche Symptome beobachtet werden, die zu „heftigem Verlangen nach hohe Dosen“ der betroffenen Arzneimittel führen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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