Gastbeitrag

„Die Zukunft der Apotheke liegt in den Dienstleistungen“

Stuttgart - 01.10.2019, 14:00 Uhr

Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama sieht die Zukunft der Schweizer Apotheken in den Dienstleistungen. (c / Foto:imago images / Steinachimago)

Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama sieht die Zukunft der Schweizer Apotheken in den Dienstleistungen. (c / Foto:imago images / Steinachimago)


Zu pharmazeutischen Dienstleistungen gehen die Vorstellungen weit auseinander. Das zeigten auch die Diskussionen beim Deutschen Apothekertag. In der Schweiz ist man schon ein Stück weiter. Hier gehören Dienstleistungen in Apotheken schon zum Versorgungsalltag, teilweise werden sie auch von den Kassen vergütet. Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama ist der Auffassung, dass die Zukunft der Apotheke in den Dienstleistungen liegt, ohne sie werden sie nicht überleben. In ihrem Gastbeitrag beschreibt sie die aktuelle Lage in der Schweiz.

Das Gesundheitssystem ist im Wandel, in der Schweiz genauso wie in Deutschland. Wir haben eine Bevölkerung, die immer älter wird und zunehmend mit chronischen Krankheiten lebt. Dazu kommen der drohende Hausärztemangel und schon aktuell sehr überlaufene Notaufnahmen. Auf der anderen Seite hat sich auch die Rolle des Patienten verändert: Er wird weniger als passiver Konsument von Gesundheitsdienstleistungen betrachtet, sondern als eigenständiger Akteur, der informiert und eigenverantwortlich zu Gunsten seiner Gesundheit handelt – und sich auch selbst daran beteiligt, zum Beispiel bei kleineren Erkrankungen.

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Apotheken nicht länger nur Hersteller von Arzneimitteln

Dadurch hat sich die Rolle der Apotheken (der Apothekerinnen und Apotheker) in den letzten Jahren grundsätzlich verändert – weg vom ursprünglichen Profil des Herstellers und Anbieters von Heilmitteln, hin zum Anbieter von zusätzlichen Dienstleistungen, Informationen und einer patientenzentrierten Behandlung.

Die Politik in der Schweiz hat dies gesehen und unterstützt – 2011 wurde mit dem Postulat Humbel „Positionierung der Apotheken in der Grundversorgung“ der Bundesrat beauftragt, aufzuzeigen, welche Aufgaben Apotheken wahrnehmen können und wie ihr Tätigkeitsgebiet zur Sicherung der Grundversorgung ausgebaut werden kann. Und welche Auswirkungen das auf die Aus- und Weiterbildung sowie allfällige Vergütungsmodelle hat.

Heute haben wir das neue Heilmittelgesetz (HMG), das diese Änderungen abbildet. Damit haben die Apotheken mehr Kompetenzen erhalten, die den Zugang der Bevölkerung zu Heilmitteln und medizinischen Dienstleistungen erleichtern. Was aktuell noch nicht geregelt ist, ist die Erstattung dieser Leistungen. Die meisten Kosten müssen die Patienten noch selber übernehmen.

Zunehmend schwerer bis unmöglich von der Abgabe der Medikamente auf Rezept zu leben

Es wird zunehmend schwerer bis unmöglich nur von der Abgabe der Medikamente auf Rezept zu leben. Die Entwicklung ist schon länger bekannt – das war mit ein Grund, weshalb die Arbeit der Apotheke (unsere Leistung) bei diesen nicht mehr im Medikamentenpreis enthalten ist, sondern seit 2004 separat als Checks (Pauschale) abgegolten wird. Diese Pauschalen sind im Vertrag mit den Krankenkassen enthalten (der sogenannten Leistungsorientierten Abgabe: LOA) und werden von der Grundversicherung bezahlt:

  • Medikamenten-Check: CHF 4,32
  • Bezugs-Check: CHF 3,24
  • Notfalldienst: CHF 17,28
  • Einnahmekontrolle: CHF 10,8
  • Abgabe einer fraktionierten Packung zur ambulanten Einnahme: CHF 5,4
  • Wochen-Dosiersystem: CHF 21,6
  • Substitution: 40 Prozent der Preisdifferenz, maximal CHF 20,6


Pharmama, Apothekerin und Bloggerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Zukunft

von Reinhard Rodiger am 02.10.2019 um 1:03 Uhr

"Die Zukunft der Apotheke, damit sie überleben kann, liegt bei den Dienstleistungen"

Die Zukunft der Apotheke liegt bei der Anerkennung der laufend durchgeführten Dienstleistungen, die für alle zugänglich sind. Und deren Ausbau.Das heutige Leistungsniveau wird ignoriert und kleingeredet.
Der dadurch erbrachte Nutzen, der gut quantifizierbar ist,
muss den Kosten gegenübergestellt werden. Diese Bilanz entscheidet.Nur, sie muss zur Kenntnis genommen werden.

Die KK verweigern , erschweren oder verzögern die Zahlung und wollen möglichst viel in die private Zuständigkeit verschieben.Damit wird der Kundenkreis auf Zahlungskräftige und Zahlungswillige begrenzt, sowie breite Regionen ganz ausgeschlossen.Das ist kein Terrain für grosse Experimente.
Das gilt besonders, weil der Nachweis der Effizienz schwierig ist. Entsprechend lang sind die Vorlaufzeiten, die ein gesundes finanzielles Fundament voraussetzen.Bei gleichzeitiger Minimierung oder Einfrieren der Basisfinanzierung ist der Kreis der hier Entwicklungsfähigen begrenzt und regional konzentriert.

Es gibt kein Land, in dem die Politik die Funktionalität der Apotheke sichern will, was erkennbar wäre am Entwickeln einer tragfähigen Finanzierungsbasis durch KK-Versorgung und Verzicht auf vorzeitige Deckelung.Das bedeutet die Festlegung der Reichweite der Massnahmen und nicht deren punktuelle Finanzierung.

Alles mündet also in volle Übernahme des unternehmerischen Risikos. Eine Vorgehensweise, die sicher nicht der Allgemeinheit zugute kommen kann und die Betrachtung des Patienten/Kunden nach Ertragsgesichtspunkten erzwingt.
Es mag Lagen geben, in denen das läuft, ein Neuaufbau ist fraglich.

Damit verabschiedet sich der Staat von seiner Fürsorgepflicht für alle unabhängig vom Geldbeutel. Wenn das so ist, dann muss das laut gesagt und öffentlich vertreten werden.

Die Zukunft der Apotheke liegt dann bei der Anerkennung heutiger Dienstleistungen ausgedrückt in der Bezahlung. Denn zusätzliche Leistungen sind langfristig und müssen explizit
politisch gewollt sein. Dazu gehören eben finanzielle Mittel.
Aus sich heraus tragen sich Zusatzleistungen nicht.Deshalb sind sie zwar eine mögliche Hoffnung, aber keine breitflächige Alternative.


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Dienstleistungen

von Roland Mückschel am 01.10.2019 um 14:14 Uhr

Sicher, die Zukunft liegt in den Dienstleistungen.
Und das Personal das ihr dafür braucht holt ihr
euch vom Nachbarn.
Danke, wir haben verstanden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Dienstleistungen

von Rainer W. am 01.10.2019 um 14:23 Uhr

Stimmt leider.

Was auch stimmt: Die Schweizer bieten besseren Lohn, weniger Bürokratie und mehr Kompetenzen, insgesamt eine befriedigendere Situation am Arbeitsplatz. Folgerezepte, unkomplizierte Regeln beim Austausch, abgabe ohne Rezept für Dauermedikation bei Stammkunden usw.
Nullretax ist auch ungehört.

Zu verdanken haben wir diese Benachteiligung in Deutschland vor allem den Kammern und der ABDA mit ApBetrO, QM und mangeldem Selbstvertrauen.

Ich will zwar nicht in die Schweiz aber unsere Berufsvertretungen könnten sich da ein paar Scheiben abschneiden...

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