Gastbeitrag

„Die Zukunft der Apotheke liegt in den Dienstleistungen“

Stuttgart - 01.10.2019, 14:00 Uhr

Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama sieht die Zukunft der Schweizer Apotheken in den Dienstleistungen. (c / Foto:imago images / Steinachimago)

Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama sieht die Zukunft der Schweizer Apotheken in den Dienstleistungen. (c / Foto:imago images / Steinachimago)


Was kann die Apotheke verlangen?

Die Qualifikation dafür ist umfangreich und teuer. Der (neue) „Fachapothekertitel FPH Anamnese in der Apotheke“ ist der aktuell nötige Nachweis der Kompetenz. Die Weiterbildungen mit mehreren Tagen Kontaktstudium und Online-Lektionen beinhalten Themenbereiche und damit verbundene Dienstleistungen wie:

  • Allergie und Atemwege: Asthma-Check, Lungenkapazitätsmessung, Peak-Flow-Messung;
  • Dermatologie: Triage Ekzeme und andere Hautausschläge, Wundversorgung;
  • Hals-Nase-Mund-Rachen: Triage Halsschmerzen, Rachenabstrich für Strep-Test, Triage Ohrenschmerzen, Otoskopie;
  • Augenprobleme: Triage Augeninfektionen, Fluoreszin-Test;
  • Harnwegsinfektionen: Triage, Urinstatus;
  • CPR Messung (Entzündungswert);
  • pädiatrische Triage, Fieber messen, ...

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Was jetzt schon geht

Aber auch wenn man diese Ausbildungen nicht absolviert hat, können die meisten Apotheken schon folgende Dienstleistungen anbieten:

  • Darmkrebsvorsorge (Anamnese, Stuhltest mitgeben und instruieren, Ergebnis interpretieren)
  • Messen von Blutdruck, Blutzucker (Risikotest Diabetes), Cholesterin, ...
  • „Pille danach“ Beratung und Abgabe, HIV-Test
  • Vermietung von Milchpumpen, Krücken, Inhalationsgeräten et cetera
  • Anmessen von Kompressionsstrümpfen und Stützverbänden,
  • Beratung zu Raucherentwöhnung, Inkontinenz, Hörberatung, ...

Ebenso steht uns schon die Möglichkeit zur Verfügung, rezeptpflichtige Medikamente in Ausnahmefällen ohne Rezept abzugeben. Dafür braucht es Abklärung, Beratung und gute Dokumentation – und die Krankenkasse übernimmt das nicht.

Was kosten diese Dienstleistungen? 

Der Apothekerverband und auch die Ausbildungsanbieter dürfen keine Vorgaben machen, was die Abgeltung betrifft – das wäre eine illegale Preisabsprache. So lange eine Dienstleistung von den Krankenkassen nicht vergütet wird – dann wird es im Tarifvertrag festgehalten –, muss jede Apotheke, die eine Dienstleistung anbietet, selbst festlegen, wie viel sie dafür verlangen will. Dahinein müssen natürlich Überlegungen fließen wie der dafür benötigte Aufwand, also die Zeit, die der Apotheker (der dafür ausgebildet sein muss) mit dem Patient verbringt, Materialverbrauch et cetera.

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Ausbildungskosten für Mitglieder des Apothekerverbandes: 
BLS-AED Reanimationskurs CHF 650, 
Impfungen CHF 550, 
Injektions- und Blutentnahmetechniken CHF 970, 
Online-Kurs Injektionen und Blutentnahme CHF 300, 
Nachweis Hep B Titer (Voraussetzung für Spritzenkurs, inkl. Arztbesuch) circa CHF 100, 
Antrag Fähigkeitsausweis Pharmasuisse CHF 250. 
Insgesamt etwa 2800 Franken.

Wir verlangen aktuell 15 Franken für die Dienstleistung Impfen, darunter fällt die Vorbereitung des Patienten (kann durch eine Pharmaassistentin passieren) mittels Fragebogen, Auswertung und Abklärungen des Bogens durch den Apotheker, Impfakt und Dokumentation. Dazu verrechnen wir den Preis des Impfstoffes. Zeitaufwand etwa 10 bis 15 Minuten pro Impfung. Andere Apotheken verlangen dafür 20 Franken, bei der Grippeimpfaktion im Herbst ist es günstiger. Die Krankenkassen müssen das noch nicht übernehmen – erstatten in der Praxis dem Patienten aber oft den Impfstoff.

 Dienstleistungen kommen gut an

Bei den Patienten kommen die Dienstleistungen gut an. Der Apotheker wird als medizinische Fachperson wahrgenommen und das Angebot gerne in Anspruch genommen, auch wenn der Patient (noch) viel davon selbst bezahlen muss. Trotzdem ist eine adäquate Preisgestaltung für die Leistungen wichtig, denn für das Überleben der Apotheken in Zukunft werden Dienstleistungen wichtiger Bestandteil des Umsatzes sein müssen.



Pharmama, Apothekerin und Bloggerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Zukunft

von Reinhard Rodiger am 02.10.2019 um 1:03 Uhr

"Die Zukunft der Apotheke, damit sie überleben kann, liegt bei den Dienstleistungen"

Die Zukunft der Apotheke liegt bei der Anerkennung der laufend durchgeführten Dienstleistungen, die für alle zugänglich sind. Und deren Ausbau.Das heutige Leistungsniveau wird ignoriert und kleingeredet.
Der dadurch erbrachte Nutzen, der gut quantifizierbar ist,
muss den Kosten gegenübergestellt werden. Diese Bilanz entscheidet.Nur, sie muss zur Kenntnis genommen werden.

Die KK verweigern , erschweren oder verzögern die Zahlung und wollen möglichst viel in die private Zuständigkeit verschieben.Damit wird der Kundenkreis auf Zahlungskräftige und Zahlungswillige begrenzt, sowie breite Regionen ganz ausgeschlossen.Das ist kein Terrain für grosse Experimente.
Das gilt besonders, weil der Nachweis der Effizienz schwierig ist. Entsprechend lang sind die Vorlaufzeiten, die ein gesundes finanzielles Fundament voraussetzen.Bei gleichzeitiger Minimierung oder Einfrieren der Basisfinanzierung ist der Kreis der hier Entwicklungsfähigen begrenzt und regional konzentriert.

Es gibt kein Land, in dem die Politik die Funktionalität der Apotheke sichern will, was erkennbar wäre am Entwickeln einer tragfähigen Finanzierungsbasis durch KK-Versorgung und Verzicht auf vorzeitige Deckelung.Das bedeutet die Festlegung der Reichweite der Massnahmen und nicht deren punktuelle Finanzierung.

Alles mündet also in volle Übernahme des unternehmerischen Risikos. Eine Vorgehensweise, die sicher nicht der Allgemeinheit zugute kommen kann und die Betrachtung des Patienten/Kunden nach Ertragsgesichtspunkten erzwingt.
Es mag Lagen geben, in denen das läuft, ein Neuaufbau ist fraglich.

Damit verabschiedet sich der Staat von seiner Fürsorgepflicht für alle unabhängig vom Geldbeutel. Wenn das so ist, dann muss das laut gesagt und öffentlich vertreten werden.

Die Zukunft der Apotheke liegt dann bei der Anerkennung heutiger Dienstleistungen ausgedrückt in der Bezahlung. Denn zusätzliche Leistungen sind langfristig und müssen explizit
politisch gewollt sein. Dazu gehören eben finanzielle Mittel.
Aus sich heraus tragen sich Zusatzleistungen nicht.Deshalb sind sie zwar eine mögliche Hoffnung, aber keine breitflächige Alternative.


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Dienstleistungen

von Roland Mückschel am 01.10.2019 um 14:14 Uhr

Sicher, die Zukunft liegt in den Dienstleistungen.
Und das Personal das ihr dafür braucht holt ihr
euch vom Nachbarn.
Danke, wir haben verstanden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Dienstleistungen

von Rainer W. am 01.10.2019 um 14:23 Uhr

Stimmt leider.

Was auch stimmt: Die Schweizer bieten besseren Lohn, weniger Bürokratie und mehr Kompetenzen, insgesamt eine befriedigendere Situation am Arbeitsplatz. Folgerezepte, unkomplizierte Regeln beim Austausch, abgabe ohne Rezept für Dauermedikation bei Stammkunden usw.
Nullretax ist auch ungehört.

Zu verdanken haben wir diese Benachteiligung in Deutschland vor allem den Kammern und der ABDA mit ApBetrO, QM und mangeldem Selbstvertrauen.

Ich will zwar nicht in die Schweiz aber unsere Berufsvertretungen könnten sich da ein paar Scheiben abschneiden...

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