Gastbeitrag

„Die Zukunft der Apotheke liegt in den Dienstleistungen“

Stuttgart - 01.10.2019, 14:00 Uhr

Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama sieht die Zukunft der Schweizer Apotheken in den Dienstleistungen. (c / Foto:imago images / Steinachimago)

Die Schweizer Apothekerin und Bloggerin Pharmama sieht die Zukunft der Schweizer Apotheken in den Dienstleistungen. (c / Foto:imago images / Steinachimago)


Guter Ansatz, aber nicht kostendeckend

Heute zeigt sich, dass das zwar ein guter Ansatz ist, der aber weder bei den Hochpreisern noch den sehr günstigen Medikamenten kostendeckend ist. 20 Prozent der Apotheken sind gefährdet. Obwohl die Apotheken die Leistungserbringer sind, die am wenigsten an den steigenden Gesundheitskosten beteiligt sind, sind sie diejenigen, die von den Sparmaßnahmen an den Medikamenten am stärksten betroffen sind.

Die Zukunft der Apotheke, damit sie überleben kann, liegt bei den Dienstleistungen – und mit über 340.000 Patientenkontakten pro Tag und gut ausgebildetem und einfach erreichbarem medizinischen Fachpersonal ist die Apotheke bestens geeignet, neue Aufgaben zu übernehmen: als erste Anlaufstelle für Gesundheitsprobleme, bei der Früherkennung von Risiken und Krankheiten, bei Gesundheitsförderung und Vorsorge, zur Unterstützung bei Therapiestart, Therapiebegleitung und Therapieoptimierung bei Risiken und Komplikationen ....

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Therapietreue spart Kosten

Auf lange Sicht besteht hier viel Sparpotenzial. Laut Studien verursachen therapietreue Patienten vier Mal weniger Kosten als Patienten, die ihre Therapie nicht optimal umsetzen können. Dienstleistungen in der Apotheke können die Therapietreue fördern. Das Problem ist jedoch der Nachweis der Wirtschaftlichkeit. Dies ist jedoch Bedingung ist, damit die Krankenkassen das übernehmen. So wurde dieses Jahr (deswegen) leider der Polymedikationscheck vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen. Er wurde mit Patienten, die im Rahmen ihrer Therapie mehr als vier Medikamente einnehmen, durchgeführt, mit dem Ziel, ihr Wissen über die Medikamente und die Adhärenz zu erhöhen.

Günstigere Versicherungsmodelle bei Erstabklärung in der Apotheke

Besser sieht es im Bereich integrierter Versorgungsmodelle wie Netcare oder auch Telemedizin aus. Hier gibt es neue, einzelne, günstigere Versicherungsmodelle, die Patienten wählen können und in deren Rahmen sie für die Erstabklärung nicht zum Arzt gehen, sondern in die Apotheke. Es muss allerdings eine Apotheke sein, die dem Versicherungsmodell angeschlossen ist – und das sind aktuell nur Kettenapotheken mit Nachweis der Ausbildung dafür. Das Ziel wird sein, dass diese Dienstleitungen im Bereich der Anamnese und Triage (erste Beurteilung der Schwere des Falles) für weitere Apotheken (mit Ausbildungs-Nachweis) in Zukunft auch von den Kassen übernommen wird – und dass mehr Krankenkassen die Kosten übernehmen.

Die Patienten erhalten dabei ohne Voranmeldung medizinische Beratung und Hilfe bei Krankheiten sowie kleinen Verletzungen. Der Apotheker übernimmt die Anamnese und Triage, also die Erstabklärung anhand eines wissenschaftlich fundierten Ablaufs (Algorithmen), und entscheidet, ob er direkt ein Medikament abgibt, einen Telemediziner hinzuzieht oder den Patienten an eine andere Fachperson überweist (zum Beispiel Notfall, Arzt).



Pharmama, Apothekerin und Bloggerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Zukunft

von Reinhard Rodiger am 02.10.2019 um 1:03 Uhr

"Die Zukunft der Apotheke, damit sie überleben kann, liegt bei den Dienstleistungen"

Die Zukunft der Apotheke liegt bei der Anerkennung der laufend durchgeführten Dienstleistungen, die für alle zugänglich sind. Und deren Ausbau.Das heutige Leistungsniveau wird ignoriert und kleingeredet.
Der dadurch erbrachte Nutzen, der gut quantifizierbar ist,
muss den Kosten gegenübergestellt werden. Diese Bilanz entscheidet.Nur, sie muss zur Kenntnis genommen werden.

Die KK verweigern , erschweren oder verzögern die Zahlung und wollen möglichst viel in die private Zuständigkeit verschieben.Damit wird der Kundenkreis auf Zahlungskräftige und Zahlungswillige begrenzt, sowie breite Regionen ganz ausgeschlossen.Das ist kein Terrain für grosse Experimente.
Das gilt besonders, weil der Nachweis der Effizienz schwierig ist. Entsprechend lang sind die Vorlaufzeiten, die ein gesundes finanzielles Fundament voraussetzen.Bei gleichzeitiger Minimierung oder Einfrieren der Basisfinanzierung ist der Kreis der hier Entwicklungsfähigen begrenzt und regional konzentriert.

Es gibt kein Land, in dem die Politik die Funktionalität der Apotheke sichern will, was erkennbar wäre am Entwickeln einer tragfähigen Finanzierungsbasis durch KK-Versorgung und Verzicht auf vorzeitige Deckelung.Das bedeutet die Festlegung der Reichweite der Massnahmen und nicht deren punktuelle Finanzierung.

Alles mündet also in volle Übernahme des unternehmerischen Risikos. Eine Vorgehensweise, die sicher nicht der Allgemeinheit zugute kommen kann und die Betrachtung des Patienten/Kunden nach Ertragsgesichtspunkten erzwingt.
Es mag Lagen geben, in denen das läuft, ein Neuaufbau ist fraglich.

Damit verabschiedet sich der Staat von seiner Fürsorgepflicht für alle unabhängig vom Geldbeutel. Wenn das so ist, dann muss das laut gesagt und öffentlich vertreten werden.

Die Zukunft der Apotheke liegt dann bei der Anerkennung heutiger Dienstleistungen ausgedrückt in der Bezahlung. Denn zusätzliche Leistungen sind langfristig und müssen explizit
politisch gewollt sein. Dazu gehören eben finanzielle Mittel.
Aus sich heraus tragen sich Zusatzleistungen nicht.Deshalb sind sie zwar eine mögliche Hoffnung, aber keine breitflächige Alternative.


» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dienstleistungen

von Roland Mückschel am 01.10.2019 um 14:14 Uhr

Sicher, die Zukunft liegt in den Dienstleistungen.
Und das Personal das ihr dafür braucht holt ihr
euch vom Nachbarn.
Danke, wir haben verstanden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Dienstleistungen

von Rainer W. am 01.10.2019 um 14:23 Uhr

Stimmt leider.

Was auch stimmt: Die Schweizer bieten besseren Lohn, weniger Bürokratie und mehr Kompetenzen, insgesamt eine befriedigendere Situation am Arbeitsplatz. Folgerezepte, unkomplizierte Regeln beim Austausch, abgabe ohne Rezept für Dauermedikation bei Stammkunden usw.
Nullretax ist auch ungehört.

Zu verdanken haben wir diese Benachteiligung in Deutschland vor allem den Kammern und der ABDA mit ApBetrO, QM und mangeldem Selbstvertrauen.

Ich will zwar nicht in die Schweiz aber unsere Berufsvertretungen könnten sich da ein paar Scheiben abschneiden...

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