Bundestag

Das Masernschutzgesetz bekommt Zuwachs

Berlin - 21.10.2019, 16:30 Uhr

Die Masernimpfpflicht ist nur eine von immer zahlreicher werdenden Regelungen im Masernschutzgesetz. (c / Foto: Zerbor / stock.adobe.com)

Die Masernimpfpflicht ist nur eine von immer zahlreicher werdenden Regelungen im Masernschutzgesetz. (c / Foto: Zerbor / stock.adobe.com)


Das Masernschutzgesetz ist im Bundestag angekommen: Vergangenen Freitag fand die erste Lesung im Plenum statt, diesen Mittwoch steht die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss an. Mittlerweile enthält der Gesetzentwurf weit mehr als nur eine Masern-Impfpflicht. Auch Grippeimpfungen in der Apotheke und Wiederholungsrezepte sollen hier geregelt werden. Zudem soll die Werbung für Schönheits-OPs eingeschränkt und ein Anspruch auf „vertrauliche Spurensicherung“ nach einem sexuellen Übergriff eingeführt werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will eine Impfpflicht gegen Masern durchsetzen. Im Juli hatte das Bundeskabinett seinen Gesetzentwurf beschlossen. Der Bundesrat hat dazu mittlerweile kritisch Stellung bezogen. Doch bislang haben die Fraktionen nur wenige Änderungswünsche aus den Ländern in Änderungsanträgen aufgegriffen. Das Bundesgesundheitsministerium hat allerdings selbst noch an verschiedenen Stellen gefeilt und ergänzt. Was die Impfpflicht selbst betrifft, bleibt es grundsätzlich bei den Plänen: Nach 1970 geborene Personen müssen künftig einen „ausreichenden Impfschutz gegen Masern“ beziehungsweise eine Immunität gegen Masern nachweisen, wenn sie in im Einzelnen aufgezählten Einrichtungen betreut, untergebracht oder tätig werden. Es geht um Kitas, die Kindertagespflege, Schulen und Horte. Zudem ist das Personal in medizinischen Einrichtungen betroffen und Bewohner und Personal in Asylbewerberheimen und Flüchtlingsunterkünften.

Klargestellt werden soll nun über einen Änderungsantrag unter anderem, was ein „ausreichender Impfschutz“ ist: Er gilt als vorhanden, wenn ab der Vollendung des ersten Lebensjahres mindestens eine Schutzimpfung und ab der Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens zwei Schutzimpfungen gegen Masern bei der betroffenen Person durchgeführt wurden.

Erleichterung bei der Nachweispflicht

Der Nachweis erfolgt über den Impfausweis oder durch ein Attest vom Arzt, dass die betreffende Person schon einmal Masern hatte. Neu hinzugekommen ist nun eine dritte Nachweismöglichkeit, die für bürokratische Entlastung sorgen soll: Wenn schon mal ein Nachweis der beiden erstgenannten Varianten stattgefunden hat, reicht es, wenn dies eine staatlichen Stelle oder die Leitung einer anderen Einrichtung, in der zum Beispiel schon mal eine Betreuung stattfand, bestätigt.

Wer der Impfpflicht nicht nachkommt, muss mit Konsequenzen rechnen: Nicht geimpfte Kinder können vom Kita-Besuch ausgeschlossen werden, nicht geimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen nicht arbeiten. Und Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, müssen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen. Das gilt auch für Kindertagesstätten, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Ebenso für nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und für nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte.

Vom Apothekenstärkungsgesetz ins Masernschutzgesetz

Für Apotheken ist das Gesetz vor allem durch zwei Änderungsanträge interessant geworden. Es geht um Regelungen, die aus dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken herausgelöst wurden. Sie betreffen Modellprojekte für Grippeimpfungen in der Apotheke und Wiederholungsverordnungen. Beide Vorhaben haben sich inhaltlich nicht geändert. Sie sind den Regierungsfraktionen aber offensichtlich so wichtig, dass sie ein absehbares Inkrafttreten sicherstellen wollen. Denn das Schicksal der Apothekenreform ist derzeit ungewiss.

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Konkret soll zur Erhöhung der Impfquote bei Grippeschutzimpfungen ein weiterer niedrigschwelliger Zugang zur Impfung geboten werden – und zwar über regionale Modellvorhaben in Apotheken. Krankenkassen oder deren Landesverbände sollen mit Apotheken, Gruppen von Apotheken oder den Landesapothekerverbänden entsprechende Vorhaben vereinbaren. Für die Teilnahme sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, unter anderem müssen die impfenden Apotheker zuvor durch Ärzte geschult werden. Die Projekte sollen auf längstens fünf Jahre angelegt sein und anschließend ausgewertet werden.

Was das Wiederholungsrezept betrifft, so bleibt es dabei, dass Ärzte Versicherten, die kontinuierlich mit einem Arzneimittel versorgt werden müssen, Verordnungen ausstellen dürfen, die nach der Erstabgabe eine bis zu drei Mal wiederholende Abgabe erlauben. Solche Rezepte dürfen innerhalb eines Jahres nach Ausstellung von der Apotheke beliefert werden.

Schönheits-OP-Werbung und Hilfe nach sexuellen Übergriffen

Doch Minister Spahn hat noch weitere Änderungsanträge in den Entwurf für das Masernschutzgesetz untergebracht. Zum einen ein weitergehendes Werbeverbot für Schönheitsoperationen. Schon jetzt ist verboten, hierfür mit vergleichenden Darstellungen des Körperzustands vor und nach dem operativen Eingriff zu werben. Nun sollen auch Werbemaßnahmen untersagt werden, die sich speziell oder überwiegend an Jugendliche richten, auch solche in sozialen Netzwerken.

Zudem sollen Kassen künftig für Leistungen zur „vertraulichen Spurensicherung“ bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch, einen sexuellen Übergriff, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung aufkommen. Eine derartige Spurensicherung noch vor einer polizeilichen Anzeige ist für die Beweisführung in etwaigen späteren straf- oder zivilrechtlichen Verfahren notwendig – doch eine einheitliche Regelung zur Kostenübernahme fehlt bislang. Wird die Spurensicherung erst nach oder gleichzeitig mit einer Anzeige vorgenommen, zahlt die Polizei die Kosten. Künftig soll es so sein, dass Ärzte und Krankenhäuser die Leistungen der vertraulichen Spurensicherung mit den Krankenkassen abrechnen können, ohne dass die untersuchte Person von der Kasse identifiziert werden kann. Umfasst sind auch Laborleistungen, die Dokumentation und der Transport von Beweismitteln.

Diese Woche Mittwoch wird der Gesundheitsausschuss des Bundesrats in einer öffentlichen Anhörung Sachverständige zu dem Gesetzentwurf befragen. Dann besteht nochmals Gelegenheit, Änderungsanträge einzubringen. In Kraft treten soll das Masernschutzgesetz nach derzeitiger Planung zum 1. März 2020.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Podiumsdiskussion

von Maria S. am 21.10.2019 um 22:12 Uhr

Ich kann Ihnen empfehlen, diese Podiumsdiskussion u.a. mit dem Vorsitzenden der STIKO, Prof. Dr. Mertens, dem ehemaligen Vorsitzenden der STIKO, Prof. Dr. Leidel und dem Mikrobiologen Prof. Dr. Kekulé anzusehen: https://www.youtube.com/watch?v=kVsIzFwr5c4

Es gibt so viele hochkarätige Experten, die sich gegen eine Impfpflicht aussprechen. Warum nur wird dies nicht gehört von unserer Exekutive und Legislative?

Es gibt durchaus sinnvolle Alternativen zur Impfpflicht, die u.a. auch in der o.g. Podiumsdiskussion genannt werden.

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Geplantes Masernschutzgesetz verfassungswidrig

von Maria S. am 21.10.2019 um 21:56 Uhr

Laut aktuellem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Rixen ist der vorliegende Gesetzentwurf, der seit letzter Woche im Bundestag debattiert wird, verfassungswidrig.

Kurzfassung: https://tinyurl.com/y5m7vtlz
Komplettfassung: https://tinyurl.com/y429oac8

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