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22. Oktober 2019
Da haben wir lange darauf gewartet, heute tritt sie in Kraft – die Änderungsverordnung, die so allerlei Neues für den Offizinalltag mit sich bringt. Beispielsweise werden endlich der Botendienst auf Kundenwunsch und eine telefonische Beratung erlaubt – mein liebes Tagebuch, das war überfällig. Die Anforderungen an den Transport besonders temperaturempfindlicher Arzneimittel werden klarer definiert. (Versand-)Apotheken, die kühlpflichtige Arzneimittel verschicken, werden Temperaturlogger einsetzen müssen, um die Einhaltung der Temperatur nachweisen zu können. Und für Privatpatienten wird es erlaubt sein, das verordnete Arzneimittel gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel mit identischer Wirkstärke und Packungsgröße auszutauschen, wenn ein Anwendungsgebiet übereinstimmt, die Darreichungsform austauschbar ist und der verordnende Arzt die Substitution nicht ausgeschlossen hat. Auch das war längst überfällig. Und dann das Sahnehäubchen: Die Änderungsverordnung wird uns eine höhere Notdienstpauschale und mehr Honorar für die BtM-Doku bringen – dies allerdings erst ab Januar 2020. Darüber freut sich auch unser ABDA-Präsident, allerdings mahnt er gleichzeitig den noch nicht verabschiedeten Teil der Apothekenreform an: die Herstellung der Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln. Tja, mein liebes Tagebuch, da liegt noch ein hartes Stück Arbeit vor uns. Was bei den Beratungen in der EU-Kommission herauskommen wird, steht in den Sternen. Die Zitterpartie bleibt uns erhalten.
Noch am Rande bemerkt: Eine richtig schöne neue Vorschrift zur Kennzeichnung von Rezepturen tritt auch noch Kraft und wird uns das bürokratische Leben unendlich erleichtern: Wir dürfen bei der Angabe des Verfalldatums auf Rezepturetiketten statt „verwendbar bis“ künftig die Abkürzung „verw. bis“ benutzen! Ach mein liebes Tagebuch, ich kann’s nicht fassen, wir dürfen eine kleine Abkürzung verwenden! Ist es nicht wunderschön, dass bei uns alles bis auf den letzten Punkt und das letzte Komma alles geregelt ist? Was machen wir nun bloß mit der gewonnenen Zeit?
Er hat schon so sein eigenes Weltbild von einer putzig-lieben Heidi-Apotheke auf dem Land, unser lieber Herr Bundesgesundheitsminister. Gestärkt hat er sie, sagt er, und fit gemacht, dass sie gegen den Versandhandel antreten kann. Uiuiui, wie hat er das nur gemacht? Na klar, mit ein paar Euro mehr für den Nachtdienst und für die BtM-Doku. Und dann natürlich mit einem Botendienst auf Kundenwunsch, der schneller ist als der Blitz – das schafft der Versender aus Holland nicht. Tja, mein liebes Tagebuch, und wenn wir dann noch honorierte Dienste leisten dürfen, außerdem gegen Grippe impfen und Wiederholungsrezepte beliefern dürfen (falls das mit dem Masernschutzgesetz so durchgeht), dann kann unsere Heimat-Apotheke doch wirklich nichts mehr erschüttern. Mir wird warm ums Herz, mein liebes Tagebuch, was wollen wir eigentlich noch mehr! Einen Minister, der sich so rührend um uns kümmert – den hatten wir schon lange nicht mehr. Äh, ja, war da nicht noch was? Oh ja, die Kleinigkeit von Gleichpreisigkeit steht noch aus. Sorry, liebe Apothekers, dass das mit dem Rx-Versandverbot nicht geklappt hat, aber das müsst ihr bitte verstehen: Das ist eine „zu hohe Begründungslast“ beim RxVV, das schaffen wir nicht, das kriegen wir bei der EU-Kommission nicht durch, das ist ein zu großer Markteingriff, sagen der Minister und sein Ministerium. Außerdem, ihr lieben Apothekers, ein Verbot würde die wirtschaftliche Existenz der deutschen Versender bedrohen – und das können wir doch nicht wollen, habt ein bisschen Mitleid! Und, liebe Apothekers, jetzt müsst ihr echt stark sein: Bis jetzt ist noch nicht raus, wann die EU-Kommission ihre Stellungnahme zum Rx-Boni-Verbot für die GKV-Versorgung fertigstellt, das kann noch mindestens bis Dezember und länger dauern. Mein liebes Tagebuch, nehmen wir noch das aus seinem Bekenner-Video mit: „Ich verspreche sicherlich nichts, was ich nicht halten kann.“ Das gelte auch für die „weiteren Debatten zum Versandhandel“ und dazu „wie wir faire Wettbewerbsbedingungen herstellen können“. Tja, mein liebes Tagebuch, starke Aussagen, das wissen wir, was uns blüht. Und versprochen hat er uns ja nichts. Gleichpreisigkeit ade.
7 Kommentare
Umgeben von führenden Theoretikern
von Thomas Kerlag am 27.10.2019 um 18:57 Uhr
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Schlagzeilen
von Karl Friedrich Müller am 27.10.2019 um 13:44 Uhr
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AW: Schlagzeilen
von Anita Peter am 27.10.2019 um 14:26 Uhr
AW: Schlagzeilen oder wie die Welt sich im Detail verliert
von Bernd Jas am 27.10.2019 um 19:24 Uhr
Ausliefern per Bote für „Umme“: Ab jetzt salonfähig? ...
von Gunnar Müller, Detmold am 27.10.2019 um 11:56 Uhr
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Botendienst
von Conny am 27.10.2019 um 8:24 Uhr
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von Anita Peter am 27.10.2019 um 8:08 Uhr
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