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24. Oktober 2019
Dieser leidige Preisanker ist schon ein Ding der Extraklasse: eine mit der ärztlichen Verordnung gesetzte Preisobergrenze, die wir bei einem notwendig gewordenen Austausch von Arzneimitteln nicht überschreiten dürfen. Nur, in unserer wunderbaren Pharmawelt der Lieferengpässe und Rabattverträge kann es schon mal vorkommen, dass nur ein Arzneimittel zur Verfügung steht, das oberhalb dieser Preisgrenze liegt. Was tun? Bisher galt: Unbedingt den Doktor anrufen, er muss sein gnädiges Plazet geben, dass der Apotheker diese Preisobergrenze überschreiten darf – sagte der Deutsche Apothekerverband. Fein. Aber die Folgen gefielen den Ärzten nicht, denn die Anrufe aus den Apotheken blockierten ihre Praxistelefone. Gut so, denn das zwang die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sich mit dem GKV-Spitzenverband kurzzuschließen. Herauskam – endlich – eine Klarstellung: Kein Anruf nötig, denn das nächstpreisgünstigere Arzneimittel ist abgabefähig und der Apotheker ist verpflichtet dies zu dokumentieren. Es reiche, wenn der Apotheker das Rezept mit einem Sonderkennzeichen markiere. Die Apotheke müsse die Nicht-Verfügbarkeit allerdings weiterhin mit Defektbelegen dokumentieren und das vereinbarte Sonderkennzeichen auftragen. Mein liebes Tagebuch, es bleibt umständlich, aber der Anruf entfällt. Wie wir unsere Apothekenbürokratie lieben!
Wer hätte das gedacht, dass sich unsere gute alte ABDA mal so fürs Impfen in der Apotheke ins Zeug wirft. Noch vor nicht allzu langer Zeit wollte unsere Standesführung von dem Spahnschen Vorschlag, den Modellprojekten zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken, so rein gar nichts wissen: Wir checken Impfpässe und klären auf, basta, so hieß es. Und alles andere haben wir nicht gelernt, das können wir nicht und überhaupt, der Krach mit den Ärzten wird gar fürchterlich, tönte es aus der Berliner Zentrale. Mittlerweile alles Schnee von gestern. In der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags hörte man ganz andere Töne von der ABDA-Vertreterin: In mindestens 18 anderen Ländern weltweit impfen Apotheker bereits, und nicht nur gegen Grippe, es gibt umfangreiche Erfahrungen – und die Maßnahmen im Gesetzesentwurf, sprich die vorgesehenen Modellprojekte für Grippeschutzimpfungen in Apotheken, seien sinnvoll und angemessen. Wie schön, mein liebes Tagebuch, dass dieser Sinneswandel doch noch eintrat, manchmal braucht unsere ABDA einfach ein bisschen länger. Unterstützung kam sogar von der Ständigen Impfkommission (STIKO), die auch die Absenkung der Impfhindernisse begrüßt. Die Ärzte reagierten in der Anhörung wie erwartet heftig mit den üblichen Argumenten: Impfungen seien rein ärztliche Aufgaben, es gehe nicht nur um den Pieks, es könne Nebenwirkungen und Komplikationen geben und es sei keine Entlastung der Ärzte. Also, mein liebes Tagebuch, nichts Neues von dieser Seite. Ich bin überzeugt: Die Apotheken-Modellprojekte werden kommen. Als ich just heute zum Arzt ging, um mich gegen Grippe impfen zu lassen, und im Wartezimmer zwanzig Minuten warten musste, dachte ich so bei mir: Ich freue mich aufs nächste Jahr – da mache ich einen Termin in einer Apotheke und nach drei Minuten ist’s vorbei. Anrufen, hingehen, drankommen – fertig.
Dienstleistungen, pharmazeutisch und honoriert – das soll uns Apothekers mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz noch blühen. Die einen jubeln darüber, die andern schauen da eher skeptisch. Bis jetzt weiß man noch nicht so genau, was, wie und vor allem wie viel, also, wie viel Euro sie bringen. Die Diskussionsrunde auf dem diesjährigen Apothekertag brachte da keine Erkenntnisse. Dr. Eckart Bauer, ABDA-Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales, wurde beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern schon ein klein klein bisschen konkreter. Klar, Dienstleistungen sind eine Chance für uns, ist er überzeugt. Der Deutsche Apothekerverband müsse sicherstellen, dass die Leistungen flächendeckend angeboten werden. Nicht jede Apotheke werde alles anbieten, aber es dürfe nicht um „Skurrilitäten“ gehen. Medikationsanalysen sei ein Thema, aber mehr sagte er zur Art der Leistungen nicht. Schon deutlicher wurde er bei der Honorarfrage: Er könne sich eine Gestaltung nach dem Vorbild des Nachtdienstfonds vorstellen. Von Punktwerten für Leistungen halte er nichts, er sprach sich für eine Entgeltung mit einem festen Betrag für jede Leistung aus. Und wie viel darf’s sein? Tja, das blieb offen, nur so viel: Es müsse so viel sein, dass sich die Leistungen selbst rechnen, zu einem neuen Standbein für die Apotheken werden, alle Kosten tragen und einen Gewinn abwerfen. Toll, mein liebes Tagebuch, bloß wie viel ist das konkret? Man darf gespannt sein, wie weit man da mit den im Gesetz vorgesehenen 150 Mio. Euro kommen wird.
7 Kommentare
Umgeben von führenden Theoretikern
von Thomas Kerlag am 27.10.2019 um 18:57 Uhr
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Schlagzeilen
von Karl Friedrich Müller am 27.10.2019 um 13:44 Uhr
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AW: Schlagzeilen
von Anita Peter am 27.10.2019 um 14:26 Uhr
AW: Schlagzeilen oder wie die Welt sich im Detail verliert
von Bernd Jas am 27.10.2019 um 19:24 Uhr
Ausliefern per Bote für „Umme“: Ab jetzt salonfähig? ...
von Gunnar Müller, Detmold am 27.10.2019 um 11:56 Uhr
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Botendienst
von Conny am 27.10.2019 um 8:24 Uhr
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von Anita Peter am 27.10.2019 um 8:08 Uhr
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