Kommentar

Fake News von der AOK

Berlin - 28.10.2019, 17:55 Uhr

Ein Koffer voller halbwahrer AOK-Aussagen: Bei seinem Versuch eine eigene Apothekenreform zu entwerfen, ist der AOK-Bundesverband einen Schritt zu weit gegangen, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer. (c /Foto: imago images / Hübner)

Ein Koffer voller halbwahrer AOK-Aussagen: Bei seinem Versuch eine eigene Apothekenreform zu entwerfen, ist der AOK-Bundesverband einen Schritt zu weit gegangen, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer. (c /Foto: imago images / Hübner)


Filialen vertreiben Einzelapotheken?


Auch eine Ausdehnung des Mehrbesitzverbotes auf mehr als vier Filialen lehnt die ABDA ab. Obwohl seit Jahren immer mehr Einzelapotheken von Filialapotheken mit Angestellten verdrängt werden. Offensichtlich sind Apotheken-Ketten attraktiv.“

Richard/Beckmann, AOK-BV


Kommentierung: Ziemlich dreist ist es, Apothekenketten mit Filialapotheken gleichzusetzen. Es gibt einen Unterschied zwischen einem Apotheker, der die Vorgänge in (bis zu) vier Apotheken überschaut und einem Konzern, der die Verkäufe in möglicherweise Tausenden Einzelapotheken kontrolliert. Im Übrigen ist die Aussage, dass Filialen Einzelapotheken „verdrängen“ ebenso dreist – Fakten dazu legt die AOK nicht vor. In vielen Fällen ist es genau umgekehrt: Einzelapotheken schließen aus wirtschaftlichen Gründen und können von einem anderen Apotheker im Umkreis „gerettet“ werden, indem sie in den Verbund eingegliedert werden.


Es ist bezeichnend, dass auch nach jahrelangem Beratungsprozess keine Konzepte für neue sinnvolle Aufgabengebiete vorliegen. (…) Nicht beantwortet wird schließlich die Frage, wer angesichts der Nachwuchsprobleme bei den Apothekern diese Aufgaben übernehmen soll."

Richard/Beckmann, AOK-BV


Kommentierung: Nichtsdestotrotz liegen Richard/Beckmann zumindest an einer Stelle auch richtig. Es ist wirklich traurig, dass es jetzt die Bundesregierung ist, die bei den pharmazeutischen Dienstleistungen den ersten Schritt macht. Eigentlich hätten es die Apotheker sein müssen, die konkrete Leistungen mit einem konkreten „Preis“ zuerst vorschlagen. Doch die ABDA hat bislang zumindest in der Öffentlichkeit keine solchen konkreten Leistungen präsentiert. Offenbar herrscht innerhalb der Apothekerschaft Uneinigkeit darüber, welche Leistungen jede Apotheke erbringen kann. Die Standesvertretung hat zwar eine Arbeitsgruppe gegründet, aber ob diese bereits Ergebnisse vorgelegt hat, ist unbekannt. Ebenso haben Richard/Beckmann recht, wenn sie die Frage nach dem Personal stellen: Kann es sich wirklich jede Apotheke personal- und zeittechnisch erlauben, neue Dienstleistungen zu erbringen? Oder ist die Personallage nicht in vielen Apotheken ohnehin schon so angespannt, dass neue Services gar nicht überall angeboten werden können?

Fazit: Es ist schade, dass sich die beiden hoch erfahrenen und belesenen AOK-Mitarbeiterinnen bei ihrer eigenen kleinen Apothekenreform nicht wenigstens an die Fakten gehalten haben. Ebenso schade ist es, dass sich ein Verband, der von Körperschaften öffentlichen Rechts finanziert wird, im Apothekenmarkt für einen ausländischen Wettbewerber stark macht, statt den heimischen Apotheken als Versorgungspartnern den Rücken zu stärken. Außerdem stoßen gerade in diesen Monaten von der AOK geäußerte Wünsche nach Systemumstellungen bitter auf. Denn sind es nicht gerade die AOKen, die mit aller Macht ein Gesetz vermeiden wollten, mit dem Jens Spahn möglicherweise gerade den Ortskrankenkassen einen Nachteil eingebracht hätte?



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

AOK möchte Vor-Ort-Privat-Patienten haben ?

von Alfons Neumann am 29.10.2019 um 2:38 Uhr

Ok, wenn AOK das mit DocMoc so haben will, darf sie das ihren Versicherten durchaus so mitteilen, nur hat sie dann auch die Folgen klar zu tragen: Solidaritätsgemeinschaft ist aufgekündigt, deren Mitglieder sind dann Selbstzahler und dürfen bei Frage in Apo vor Ort erstmal 20,- Eur bar als Beratung bezahlen, und zwar wiederkehrend, Befreiung hin oder her. Es funktioniert dann nur nur noch Dienst nach Rabattvertrags-Vorschrift. Es gibt dann für AOK auch entsprechend reduzierte Arbeitszeiten (17 oder gar 18 Uhr - nix, wir arbeiten nur noch familiendreundlich!) - alles andere ist betriebswirtschaftlich nicht mehr darstellbar !
Na, AOK, wollt Ihr einen solchen Versicherten-Zorn riskieren ??

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Kundenzeitschrift

von Brunsmann am 28.10.2019 um 18:53 Uhr

Es wäre doch schön in unseren Kundenzeitschriften mal eine Klarstellung zu lesen. Wer kauft noch Wort und Bild wenn wir nicht mehr sind??

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