Kommentar

Fake News von der AOK

Berlin - 28.10.2019, 17:55 Uhr

Ein Koffer voller halbwahrer AOK-Aussagen: Bei seinem Versuch eine eigene Apothekenreform zu entwerfen, ist der AOK-Bundesverband einen Schritt zu weit gegangen, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer. (c /Foto: imago images / Hübner)

Ein Koffer voller halbwahrer AOK-Aussagen: Bei seinem Versuch eine eigene Apothekenreform zu entwerfen, ist der AOK-Bundesverband einen Schritt zu weit gegangen, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer. (c /Foto: imago images / Hübner)


Das Honorar-Gutachten


Ein Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums kam ein Jahr nach dem EuGH-Urteil zu dem Ergebnis, dass die Apotheken nicht gefährdet sind.“

Richard/Beckmann, AOK-BV


Kommentierung: Diese Aussage machen Richard/Beckmann in einem Abschnitt, in dem es um die möglichen Auswirkungen des Versandhandels auf die Apothekenstruktur geht. Der Satz ist falsch. Die BMWi-Gutachter geben sogar in ihrem Fazit zu, dass es Tausenden Apotheken wirtschaftlich nicht gut geht. Sie erklären zwar auch, dass der Versandhandel daran rein zeitlich keine Schuld haben könne, weil es ihnen schon vor 2015 schlecht ging, aber Fakt ist: 7600 der Apotheken geht es laut BMWi-Gutachten wirtschaftlich schlecht.

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Dabei stellten sie fest, dass eine massive Überfinanzierung der Apothekerleistungen von etwa 1,1 Milliarden Euro zulasten der GKV besteht. (…) Die Gutachter schlugen vor, die Honorare umzuverteilen."

Richard/Beckmann, AOK-BV


Kommentierung: Zumindest zum Teil falsch. Die Umverteilung ist nur ein Teil der Gutachter-Empfehlungen. Ein Großteil des Apothekenhonorars soll gestrichen werden – etwa 40.000 Euro pro Apotheke und Jahr.


Denn es ist überhaupt nicht erkennbar, dass der Versandhandel die flächendeckende Versorgung tatsächlich gefährdet. (…) Im Gegenteil: Eine Beschränkung des Versandhandels verschärft das Problem eher. Trotzdem lehnt die Apothekerschaft jede Diskussion ab, die sich um die Weiterentwicklung der ‚Apotheke‘ dreht. Beharrlich verlangen sie, dass eine Apotheke auch in der Zukunft genauso aussieht wie bisher.“

Richard/Beckmann, AOK-BV


Kommentierung: Wie genau der Versandhandel die flächendeckende Versorgung retten soll, erklären die AOK-Expertinnen nicht. Aber die Aussage, dass sich die Apotheker Diskussionen rund um die Weiterentwicklungen der Apotheke versperren, ist erneut falsch. Die Apothekerschaft entwickelt gerade gemeinsam mit den anderen Akteuren der Gematik das E-Rezept und will es in Baden-Württemberg testen. Gemeinsam mit den Herstellern und den Großhändlern haben die Apotheker das EU-Fälschungsschutzsystem (hierzulande: Securpharm) auf die Beine gestellt, während andere Länder von einer flächendeckenden Umsetzung noch träumen. Und übrigens: Gemeinsam mit einer AOK und den Ärzten haben die Apotheker ein innovatives Arzneimittelprojekt bereits umgesetzt (ARMIN), bei dem Ärzte und Apotheker digital zur Medikation ihrer Patienten kommunizieren.

Dass sich die von der AOK vorgeschlagene „Weiterentwicklung“ nicht mit den Ideen der Apotheker deckt, sollte Richard/Beckmann eigentlich wenig überraschen: Denn welcher Berufsstand würde sich schon für seine eigene Abschaffung ins Zeug legen?



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

AOK möchte Vor-Ort-Privat-Patienten haben ?

von Alfons Neumann am 29.10.2019 um 2:38 Uhr

Ok, wenn AOK das mit DocMoc so haben will, darf sie das ihren Versicherten durchaus so mitteilen, nur hat sie dann auch die Folgen klar zu tragen: Solidaritätsgemeinschaft ist aufgekündigt, deren Mitglieder sind dann Selbstzahler und dürfen bei Frage in Apo vor Ort erstmal 20,- Eur bar als Beratung bezahlen, und zwar wiederkehrend, Befreiung hin oder her. Es funktioniert dann nur nur noch Dienst nach Rabattvertrags-Vorschrift. Es gibt dann für AOK auch entsprechend reduzierte Arbeitszeiten (17 oder gar 18 Uhr - nix, wir arbeiten nur noch familiendreundlich!) - alles andere ist betriebswirtschaftlich nicht mehr darstellbar !
Na, AOK, wollt Ihr einen solchen Versicherten-Zorn riskieren ??

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Kundenzeitschrift

von Brunsmann am 28.10.2019 um 18:53 Uhr

Es wäre doch schön in unseren Kundenzeitschriften mal eine Klarstellung zu lesen. Wer kauft noch Wort und Bild wenn wir nicht mehr sind??

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