Nationale Versorgungsleitlinie

Herzinsuffizienz: PHARM-CHF stärkt Apotheker als Teil der Versorgung

Stuttgart - 31.10.2019, 13:59 Uhr

Die NVL empfiehlt, Apotheker bei Herzinsuffizienz in die Versorgung einzubinden. (Foto: Kzenon/stock.adobe.com)

Die NVL empfiehlt, Apotheker bei Herzinsuffizienz in die Versorgung einzubinden. (Foto: Kzenon/stock.adobe.com)


„Apotheker sollten in die multidisziplinäre Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz eingebunden werden“ – das ist kein Wunschdenken engagierter AMTS-Apotheker, sondern ein Zitat aus der vor kurzem neu aufgelegten Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) „Chronische Herzinsuffizienz“. Diese Empfehlung gab es zwar schon in der Vorgängerversion, nun hat sich die Evidenz aber gefestigt– durch die PHARM-CHF-Studie, auf die in der NVL verwiesen wird.

„Bildung lokaler Netzwerke aus ärztlicher Behandlung und pharmazeutischer Beratung, mit dem Ziel, die medikamentöse Therapie gemeinsam abzustimmen und auf Arzneimittelrisiken zu prüfen sowie einen Medikationsplan auszustellen und regelmäßig zu aktualisieren“ – klingt nach einer guten Zukunftsvision der Patientenversorgung, oder? In der der NVL „Chronische Herzinsuffizienz“ ist das immerhin theoretisch schon mal so vorgesehen. Denn die NVL bindet ganz explizit die Apotheker in die Versorgung ein – und das bereits seit der letzten Version, die 2017 erschienen ist. 

So lautet die Empfehlung: „Apotheker sollten in die multidisziplinäre Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz eingebunden werden“. Die Empfehlung stelle einen Expertenkonsens dar und beruhe auf der klinischen Erfahrung der Leitliniengruppe sowie selektiv von den Autoren eingebrachter Literatur. Die Evidenz zu den Effekten der Einbindung der Apotheker sei allerdings nicht eindeutig, denn zusammenfassende Aussagen und Metaanalysen würden durch die starke Heterogenität der Studien erschwert. 

Diese Einschätzung hat sich im Vergleich zur Vorversion auch nicht geändert. Neu ist in der aktuellen Version, dass auf neue Evidenz verwiesen wird – generiert durch die PHARM-CHF-Studie, bei der sich im Vergleich zur üblichen Apothekenversorgung durch die Intervention nach einem Jahr die Adhärenz gegenüber der Herzinsuffizienz-Medikation um absolut 5,7 Prozent erhöhte. In der Folge hatte die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie erklärt, dass sie eine derartige Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Apotheken befürworte. Zudem sprach sie sich dafür aus, eine sichere Rechtsgrundlage für die adäquate Vergütung dieser Leistungen der Apotheken zu schaffen.

Interdisziplinäre Einbindung von Apothekern befürwortet

Auch wenn die Evidenzlage – trotz PHARM-CHF – keine Aussagen zu konkreten Maßnahmen zulässt, befürworten die NVL-Autoren wie schon 2017 eine interdisziplinäre Einbindung von Apothekern in die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz, heißt es weiter. Dabei sollen unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Gegebenheiten und der Präferenzen des Patienten die eingangs genannten Netzwerke gebildet werden. Nach Ansicht der NVL-Autoren sollen Apotheker „aktiv den Kontakt zu den betreuenden Ärzten suchen, wenn ihnen mögliche Probleme bezüglich der Arzneimitteltherapiesicherheit auffallen“. Zudem wird den Apothekern eine zentrale Rolle bei OTC-Präparaten beigemessen. Sie könnten nämlich, schreiben die Autoren, vermutlich am ehesten auf „eine unkontrollierte Selbstmedikation mit prognostisch ungünstigen Arznei- oder Nahrungsergänzungsmitteln aufmerksam werden und diesbezüglich intervenieren“.

Was Apotheker tun können

Wie in der Vorversion gibt es auch Vorschläge in welchen Bereichen Apotheker Rahmen der pharmazeutischen Beratung und Betreuung die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz in folgenden Bereichen unterstützen können:

  • Prävention, v. a. durch Förderung der Therapieadhärenz bei Vorliegen von Risikofaktoren für die Entstehung einer Herzinsuffizienz,
  • Früherkennung, v. a. durch Verweis an einen Arzt bei Symptomen oder Selbstmedikationswünschen, die auf eine Herzinsuffizienz hinweisen
  • Medikationsanalyse und Arzneimitteltherapiesicherheit, v. a. durch Berücksichtigung von Komorbiditäten und (anderen) Facharztverordnungen mit Prüfung zu vermeidender Medikamente, Interaktionen, (Pseudo-) Doppelmedikationen und Selbstmedikation [542], [543], [544],.
  • Begleiten der Therapie, v. a. durch Beratung und Förderung der Adhärenz bezüglich der Herzinsuffizienz-Medikation.

Auch andere NVL berücksichtigen Apotheker

Das Programm für NVL ist eine gemeinsame Initiative von Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung und Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften zur Qualitätsförderung in der Medizin. NVL sollen eine Entscheidungshilfe für Ärzte darstellen. Es gibt sie für Asthma, COPD, KHK, Herzinsuffizienz, Kreuzschmerz, Depression, Diabetes und Hypertonie. Auch in andere NVL sind die Apotheker eingebunden. So heißt es zum Beispiel bei Asthma, dass es die Leitliniengruppe als sinnvoll erachtet, dass Ärzte und entsprechend qualifizierte Apotheker bei der Auswahl der Inhalationssysteme und der Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Inhalationstechnik zusammenarbeiten.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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