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Urteilsgründe des OLG Naumburg
Rechtswidrig: Arzneimittel auf dem Amazon Marketplace
Und wo bleibt das Berufs- und Apothekenrecht?
Alle weiteren gerügten Verstöße kann der Senat jedoch nicht erkennen. Dass die Apotheker die Arzneimittel unter Verstoß gegen in § 43 AMG in den Verkehr bringen und dabei auch noch Personen einbeziehen, die nicht der Geheimhaltungspflicht unterliegen, die etwa Apotheker und Ärzte trifft (§ 203 StGB), weisen die Richter zurück. Die Anpreisung im Internet sei noch kein Angebot zum Kauf, sondern erst eine Aufforderung an den Kunden, ein Angebot abzugeben. Der Kunde, so heißt es im Urteil, setze die Verkaufsplattform zur Übermittlung seines Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrags zivilrechtlich als „Bote“ ein. Zwar offenbart er dabei Amazon auch seine Gesundheitsdaten. Doch die Entscheidung, diesen Weg zu wählen, um ein Medikament zu erwerben, treffe der Kunde eigenverantwortlich, so das Gericht. Der Apotheker wiederum setze die Plattform nicht für den Vertrieb, sondern „zur Reichweitenerhöhung“ ein. Nach Übermittlung der Bestelldaten durch Amazon sei die Situation mit einer direkten Bestellung in einer Online-Apotheke vergleichbar – von der datenschutzrechtlichen Problematik abgesehen. Und diese Online-Apotheken seien vom Gesetzgeber nun einmal zugelassen.
Damit scheidet aus Sicht der Richter auch ein Verstoß gegen das Verbot, pharmazeutische Tätigkeiten von nicht pharmazeutischem Personal ausführen zu lassen: „Denn die pharmazeutischen Tätigkeiten beginnen erst mit der Übermittlung der Daten an Amazon.“
Revision zugelassen
Rechtskräftig sind die Urteile nicht – die Revision zum Bundesgerichtshof hat das Oberlandesgericht Naumburg zugelassen. Zum einen, weil nach wie vor klärungsbedürftig sei, ob die Regeln der DSGVO im Einzelfall als Marktverhaltensregeln (im Sinne des § 3a UWG) anzusehen sind. Zudem, so die Richter, dürfte „aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der hier involvierten Internethandelsplattform“ ein abstraktes Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Frage bestehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen hierüber der Handel mit apothekenpflichtigen Medikamenten möglich ist.
Teilweise hat das Gericht die Klage von Vogel übrigens abgewiesen: Er hatte auch einen Schadenersatzanspruch geltend machen wollen. Doch ein solcher setze Verschulden voraus, so der Senat. Angesichts der von der Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtslage zum marktregelnden Charakter der DSGVO billigte er dem beklagten Apotheker einen „unvermeidbaren Verbotsirrtum“ zu.
Gut für den Verbraucherschutz, aber...
Rechtsanwalt Dr. Valentin Saalfrank, der neben Dr. Markus Bahmann den Münchener Apotheker vertreten hat, begrüßt zwar, dass mit dem Urteil nun feststeht, dass Apotheken auch bei Nutzung von Amazon Marketplace den Datenschutz beachten müssen. Klar ist nun: Zu Beginn des Anmelde- beziehungsweise Bestellprozesses muss sichergestellt sein, dass eine Einwilligung des Kunden vorliegt. Saarlfrank betont: „Die bisherige Praxis auf Marketplace ist rechtswidrig“. Gut sei auch, dass das Gericht den Schutz der Verbraucher im Umgang mit deren Daten gestärkt habe – zu Recht sehe es die bei der Arzneimittelsuche eingegebenen Daten als Gesundheitsdaten, die nach der DSGVO besonderen Schutz genießen. Allerdings bleibt Saalfrank überzeugt, dass nicht nur ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt, sondern auch ein Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen. Das letzte Wort ist also nicht gesprochen – doch die Apotheker sollten sensibilisiert sein.
Oberlandesgericht Naumburg, Urteile vom 7. November 2019, Az. 9 U 6/19 und 9 U 39/18 (Zum Herunterladen der Urteile im Volltext klicken Sie auf die Aktenzeichen)
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