Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

24.11.2019, 08:00 Uhr

Wer zwischen den Zeilen lesen kann, weiß, wie's mit der Gleichpreisigkeit weitergeht... (Foto: Andi Dalferth)

Wer zwischen den Zeilen lesen kann, weiß, wie's mit der Gleichpreisigkeit weitergeht... (Foto: Andi Dalferth)


21. November 2019

Gemeinsam mit Jens Spahn schauen wir Apothekers nach Brüssel zur EU-Kommission, denn dort liegt unser Apotheken-Stärkungsgesetz, das uns die 90-Prozent-Gleichpreisigkeit bringen soll, auf Eis. Wie geht’s damit nun weiter? Geht der Daumen der EU-Kommission, so sie denn mal arbeitsfähig ist, dann rauf oder runter? Jens Gobrecht, der ABDA-Vertreter in Brüssel und nah dran an der EU-Kommission, wagt eine Prognose: Es wird, so seine Vermutung, weder ein Ja noch ein komplettes Nein geben. Möglicherweise schlägt die Kommission einen Boni-Deckel vor, also eine teilweise Aufhebung der Rx-Preisbindung. Und dann liegt die Entscheidung wieder bei der Koalition, wie sie damit umgeht und ob ein Kompromiss möglich ist. Mein liebes Tagebuch, Gobrechts Vermutung ist realistisch, so könnte es kommen. Die EU-Kommission wird sich bei diesem vertrackten Thema, ob die Preisbindung im deutschen Sozialrecht rechtssicher aufgehoben ist, kaum auf eine eindeutige Aussage festlegen. Letztlich, und das scheinen wohl alle zu ahnen, landen die Spahnsche Gleichpreisigkeit oder auch die Boni-Deckel doch wieder vor dem EuGH. Und wie geht’s jetzt konkret weiter? Das kann natürlich auch der ABDA-Vertreter nicht wissen. Er rechnet allerdings damit, dass sich im Dezember in dieser Sache noch etwas bewegt, aber „vor Mitte Januar“ müsse man mit keiner weiteren größeren Bewegung rechnen. Also, mein liebes Tagebuch, das heißt dann wohl auch, dass unsere Dienstleistungen und das Makelverbot für E-Rezepte, zwei Regelungen, die nun mal im Apotheken-Stärkungsgesetz stehen und leider nicht ausgekoppelt wurden, erst im Vorfrühjahr weiter diskutiert werden. Mal ehrlich, mein liebes Tagebuch, da haben wir aber so richtig die A-Karte gezogen. Und wer glaubt da noch allen Ernstes an die Gleichpreisigkeit?

 

Kammerversammlung in Nordrhein. Armin Hoffmann hat seine ersten 70 Tage als neuer Kammerpräsident absolviert. Seine Topthemen nehmen Fahrt auf, zumindest in der Ausschussarbeit: Digitalisierungs- und Innovationsthemen, Außenkommunikation der Kammer, Ausbau von Dienstleistungsangeboten, Nachwuchsförderung und Weiterentwicklung von Honorierungsmodellen. Und er wolle die kritische Haltung gegenüber der ABDA auch in seiner Amtszeit fortführen. Gut so, mein liebes Tagebuch, die ABDA braucht das! Was ebenfalls fortgesetzt wird: die hartnäckige juristische Auseinandersetzung mit den niederländischen Versendern. Kammerjustiziarin Bettina Mecking kritisierte das Vorgehen von Bundesgesundheitsminister Spahn, die Arzneimittelpreisbindung im Sozialrecht regeln zu wollen und die Vorlage dieser Regelung vor der EU-Kommission. Denn: „Früher oder später landet das Konstrukt sowieso vor dem EuGH und wird dann geprüft.“ Mecking sieht zudem in den zehn  Prozent der Privatversicherten und Selbstzahler, die aufgrund von Spahns Gesetzesvorhaben nicht unter die Regelungen zur Gleichpreisigkeit fallen, ein weiteres Einfallstor für neue Verfahren vor dem EuGH. Mein liebes Tagebuch, so wird es kommen.

 

Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Kai Christiansen will Mut machen. Auf der Kammerversammlung appellierte er an die Apotheker, mehr auf die Chancen statt nur auf die Risiken zu sehen, beispielsweise bei der neuen Botendienstregelung und beim E-Rezept. Die Kombination aus Telepharmazie und Botendienst könne echte Vorteile bringen, vor allem für die flächendeckende Versorgung. Und die Apotheker sollten das E-Rezept als Möglichkeit für die Apotheke sehen, sich vom Standort des Arztes unabhängig zu machen, ist Christiansen überzeugt. Mein liebes Tagebuch, das kann man unterschreiben. Da steckt in der Tat mehr Positives drin als man auf den ersten Blick vermutet. Was Christiansen bedauert: dass die ABDA die Auswahl der geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen geheim hält. Auch da kann man Christiansen nur zustimmen. Mein liebes Tagebuch, diese Geheimniskrämerei um die Dienstleistungen ist schon mega-schräg. Die Apothekers können sich nicht in die Diskussion einbringen und keine Rückkopplung geben. Christiansen beschleicht das Gefühl, dass auch dabei die Risiken mehr beachtet würden als die Chancen. Ein deutliches Wort richtete Christiansen an die Krankenkassen: Er warnte die Retaxationsabteilungen der Kassen davor, die Lieferengpass-Situation im Nachhinein gegen die Apotheken zu verwenden. Mein liebes Tagebuch, diese Warnung sollte auch bundesweit von der ABDA kommen!

 

Auch in Hessen ist man nicht zufrieden mit Spahns Apothekenreform. Kammerpräsidentin Ursula Funke mahnt an, dass die wichtigsten Punkte der Reform – die Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit, das Makelverbot sowie die Regelungen zu den Versandautomaten – bislang noch unerledigt seien. Funke sieht keine Chancen, dass das Makelverbot noch in ein anderes laufendes Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird. Und von der geplanten Streichung der Rx-Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz hält Funke ebenfalls nichts. Denn damit seien alle weiteren EuGH-Verfahren zur Frage der Gleichpreisigkeit und zur Gültigkeit der Arzneimittelpreisverordnung im Ausland hinfällig. So sieht’s aus mein liebes Tagebuch. Funke ist zudem überzeugt, dass die Digitalisierung den Apothekenalltag komplett verändern wird, als Apotheker müsse man dies mitgestalten. Die ABDA müsse hier viel mehr in gutes Personal investieren, meinte die Kammerpräsidentin, das Geld dafür könne man zum Beispiel bei der Öffentlichkeitsarbeit einsparen. IUps, mein liebes Tagebuch, sicher richtig, mehr Geld in gutes Personal für Digitalisierungsfragen zu stecken, ob man das aber bei der Öffentlichkeitsarbeit einsparen sollte und kann? Wenn man sieht, wie sich Versender als die E-Rezept-Einlöser positionieren und von unserer Seite so gar nichts dazukommt….



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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Rückblick auf das Jahr 2019

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6 Kommentare

Ja doch. Deutschland ist ein merkwürdiger Verein, besser die Regierung und Parteien

von Bernd Jas am 24.11.2019 um 13:07 Uhr

Guten Morgen lieber Herr Ditzel,
guten Morgen liebe Knöttergemeinde,

ich hol da mal etwas aus, bevor ich dann auf das nette Bürschchen von letzter Woche zurück komme.
Für mich der Aufreger der Woche, war Karlchen der Lautdenbachruntergeht mit samt seiner Sozialistenschwitte. Im Schlepptau gleich da hinterher, die in sozialistischer Planwirtschaft gebadete Kanzlerin, die schön von Schäuble und Draghi in die Target 2 Salden eingewickelt wurde; passte ja bestens zur angeborenen Grundeinstellung.
Wie hoch sind wohl die von jeglichen Tilgungen und Zinsen befreiten Target-2-Kredite der Bundesbank? ...na´..., jou, das sind fast eine Billionen Euro (1.ooo.ooo.ooo.ooo)! Und kleines Scherzle am Rande: Bei unseren, den Banken von der EZB auferlegten Negativzinsen, brauchen wir den Kredit (dank Zinsbefreiung) nicht mal mehr bezahlen. Hö,..höö.
Laut Focus sollte der Einlagenzins im September durch den EZB-Rat auf 0,60% abgesenkt werden.
Kurz überschlagen wären dass knapp 6 Milliarden € im Jahr. Da müssen die KK mit ihren Rabattverträgen aber reinhauen um uns das sparen zu lassen. 4 Milliarden haben wir Apothekers in 2017 ja schon geschafft.

Das Folgende kennen wir schon, ...was sind unsere Apotheken heute noch wert?
Denn, erst mal weiter mit der Geliebten der Roten und Grünen; der Regulierung des Marktes. (Dann statt freier-, soziale Marktwirtschaft genannt)
Jüngst forderten sie die Enteignung (ENTEIGNUNG!) von Wohnungen, Häusern und ganzen Stadtteilen, zum Zwecke der Verstaatlichung und Regulierung.
Hier im Westen kann sich kaum noch jemand vorstellen wie es in den ehemaligen DDR-Ländern hinter den Kulissen der Stadtpromenaden ausgesehen hat.
Wer baut den BER mit Beinamen Willi Brand? ...der sich deswegen wohl nun endgültig in Grund und Boden schämen würde. Richtig, der BUND, Berlin und Brandenburg.
Die Kalkulationen der Kosten belaufen sich seit 1995 von 800 Millionen € bis heute (nicht linear steigend) auf ca. 7,3 Milliarden €. Extrapoliert kommen wir 2023 auf etwa 11,2 Millarden.
Es werden übrigens noch Wetten angenommen wer zuerst fertig ist; der BER oder die Gigafactory vom Investor Tesla Elon Musk.

Ich könnte jetzt so weiter machen mit den großen und kleinen Skandalen der Politik, möcht aber lieber die nun entscheidende Frage stellen: Wer bezahlt das alles, wer wird für Fehler empfindlich bestraft, wer kann ohne Folgen Beschlüsse fassen und diese anordnen und vor allen Dingen WER GEHT HIER FREI AUS UND KANN MACHEN WAS ER WILL, Herr Lauterbach?!

Aufgeblasen mit dem Weihwasser der Immunität kann man leicht solche Forderungen nach Strafen stellen. Aber vorher alles bis zum erbrechen regulieren, dass sich die regulierten nicht mehr in der Zwangsjacke bewegen können und dafür dass sie sich nicht mehr eigenverantwortlich bewegen dürfen, bestraft werden.
Und wir mitten drin in diesem Sumpf, genauso wie die pleite gehenden, ach so bösen Banken.

„Wir wollen mehr Demokratie wagen“, denn der Abbau dieser findet stetig statt, bis zur wiederkehrenden Diktatur.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

DicMorris

von Karl Friedrich Müller am 24.11.2019 um 12:29 Uhr

Wird, so habe ich letzte Woche geunkt, vom BMG bevorzugt werden, was die Anbindung an die TI an geht. So ist dann auch zu lesen, dass das BMG sich anstrengt.
Dafür, dass DocMorris nun schon Jahrzehnte illegal und unkontrolliert AM nach Deutschland liefert, schon bemerkenswert.
DocMorris erfüllt nicht die gesetzlichen Vorgaben zum Versand. Das ist bekannt.
Keiner findet es nötig, mal einen Juristen damit zu beauftragen, dieses Konstrukt auseinanderzunehmen.
Wär mal eine Aufgabe für die ABDA.
Die pennt lieber weiter.
Deutschland ist ein merkwürdiger Verein, besser die Regierung und Parteien. Die Inländer diskriminiert. Vor Ort Apotheken werden wegen Nichtigkeiten geschlossen. Der Versand strapaziert kreativ Gesetze. Was nicht passt, wird passend gemacht.
Widerlich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: DicMorris

von Karl Friedrich Müller am 24.11.2019 um 12:44 Uhr

Entschuldigung, verschieben. Soll natürlich DocMorris heißen
Nicht, dass da jemand interpretiert

Württembergs KV hat noch gesunden Menschenverstand

von noplacebo am 24.11.2019 um 10:59 Uhr

...die KV Württemberg hat sich aktuell gestern FÜR die weitere Zusatzbezeichnung Homöopathie entschieden. Ihr Apotheker seid also nicht ganz allein gelassen im Sturm des Homöopathie-Bashings!
Aber was steckt eigentlich wirklich hinter der Homöopathie-Inquisition?

https://homoeopathiewirkt.wordpress.com/2019/11/23/bedrohliche-homoopathie-oder-bedrohte-homoopathie/

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Hubmanns DAV-Monopoltraum(a) ...

von Christian Timme am 24.11.2019 um 9:59 Uhr

Seit wann entscheidet der Briefträger ... wohin die Post geht?

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Überzeugend?

von Ulrich Ströh am 24.11.2019 um 8:59 Uhr

Es empfiehlt sich an besonders Tagen wie heute, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen !
Auch wenn der Novembernebel aktuell die Apothekensonne verschwinden lässt..

Probleme bereitet mir die konträr unterschiedliche Sichtweise der KammerpräsidentenInnen auf die politische und wirtschaftliche Zukunft unseres Berufsstandes.Und die Folgen.

Beim Fußball spricht man dann vom Klein-Kleinspiel im Mittelfeld ohne Abschluss.

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