Ökotest

Hustentee – hilft wenig?

Stuttgart - 25.11.2019, 14:00 Uhr

Laut Ökotest fehlt für Hustentees die wissenschaftliche Evidenz, gut tun kann ein warmer Tee bei Bronchitis dennoch. Allerdings sollten Patienten auf pestizid- und pyrrolizidinalkaloidfreie Tees achten, die beste Bewertung schafften unter anderem Tees aus der Apotheke, wie Sidroga und Bombastus oder Heumann. (s / Foto: sebra / Stock.adobe.com)

Laut Ökotest fehlt für Hustentees die wissenschaftliche Evidenz, gut tun kann ein warmer Tee bei Bronchitis dennoch. Allerdings sollten Patienten auf pestizid- und pyrrolizidinalkaloidfreie Tees achten, die beste Bewertung schafften unter anderem Tees aus der Apotheke, wie Sidroga und Bombastus oder Heumann. (s / Foto: sebra / Stock.adobe.com)


„Genießen Sie das angenehme Aroma und die Wärme einer Tasse der kaum belasteten Tees – aber erwarten Sie nicht zu viel“, lautet Ökotests Rat zu Hustentees. Doch nicht nur die nach wissenschaftlichen Maßstäben wenig überzeugende Wirksamkeit bei Hustentees kritisiert Ökotest. Die Verbraucherschützer fanden auch allerlei „Beiwerk“ in den Tees, das man nicht unbedingt trinken möchte: Mückenschutz, Pestizide, wie Glyphosat, und Pyrrolizidin-Alkaloide. Am besten schneiden noch Bronchialtees aus der Apotheke ab.

Wer auf einen pestizidfreien Hustentee Wert legt, sollte zu Heumann Bronchialtee, Teeaufgusspulver greifen. Als einzigem der von Ökotest untersuchten 18 Husten- und Bronchialtees fanden die Verbraucherschützer bei Heumann keine Belastung mit Pestiziden. Dennoch überzeugt Ökotest der Heumann Bronchialtee nicht sonderlich, und es gibt am Ende nur ein „ausreichend“ – wobei relativierend ergänzt werden muss, dass dies noch die Bestnote ist, zu der sich die Verbraucherschützer beim Hustentee-Test überhaupt durchringen können.

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Insgesamt schaffen nur sieben der 18 Tees aus Apotheke, Discounter, Drogerie und Supermarkt diese Bewertung. Die Bestplatzierung teilt sich Heumann unter anderem mit Bombastus Husten- und Bronchialtee (Beutel) und Sidroga Husten- und Bronchialtee (Beutel) – beide, wie auch Heumann, Hustenteeklassiker aus der Apotheke. Mit dabei bei Note vier sind auch Lebensbaum, nach ihrem Selbstverständnis „Bio-Pioniere“, mit ihrem Lebensbaum Husten- und Bronchialtee, Bad Heilbrunner und das dm-Produkt Mivolis Husten- und Bronchialtee. In allen fand Ökotest Pestizide – mal mehr (wie bei Mivolis), mal weniger und nur „in Spuren“.

Glyphosat im Salus- und Aldi-Hustentee

Pestizide bemängelt Ökotest 14-mal, im H&S Arzneitee Nr. 8 Husten- und Bronchialtee lag der analysierte Rückstand für ein Pestizid (Prometryn) über der gesetzlichen Höchstmenge (Ergänzung am 28.11.2019: Laut Anbietergutachten war das Pestizid Prometryn in der Mischcharge, aus der die von Ökotest getestete Fertigcharge stammen soll, nicht nachweisbar. Das von Ökotest beauftragte Labor hat einen Prometryngehalt oberhalb der Rückstandshöchstmenge, die bei 0,01 mg/kg liegt, analysiert.)

Das lässt wenig Spielraum für gute Bewertungen: H&S bekommt Note sechs, somit ungenügend – ist damit jedoch nicht allein auf weiter Flur: Sieben Mitstreiter hat H&S Hustentee bei der schlechtesten Bewertung, unter anderem auch das Reformhausprodukt von Salus, Salus Kräutertee Nr. 8, und den Aldi-Tee Multinorm. Ökotest fand in beiden Bronchialtees das „von uns als besonders bedenklich eingestufte Glyphosat“.

Pyrrolizidinalkaloide: ein fortwährendes Problem

Dass der pestizidfreie Heumann-Tee dennoch nicht besser abschneidet als Sidroga, Bombastus, dm und Lebensbaum, dürfte daran liegen, dass Heumann Husten- und Bronchialtee beim Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden (PA) Minuspunkte sammelt, während Ökotest bei Bombastus, Sidroga, dm und Lebensbaum die leberschädigenden Pflanzeninhaltsstoffe nicht nachweisen konnte. 

Bereits 2013 nahm das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Stellung zu Pyrrolizidinalkaloiden in Kräutertees und Tees (wobei laut eigener Aussage des BfR die Auswahl der damals gewählten Teesorten mit unter anderem Fenchel-, Kamillen-, Kräuter- und  Pfefferminztee nicht repräsentativ war). Eine finale Einschätzung fiel schwer, doch bewertet das BfR die Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bei längerfristigem Verzehr von Produkten  mit hohen Gehalten als „möglich“, wobei die Schwere der Beeinträchtigung variieren könne. In hoher Dosierung könnten sie zu akuten Leberschädigungen führen, im Tierversuch haben sich bestimmte PA laut BfR als genotoxische Kanzerogene erwiesen. Aus Sicht des BfR ist jedoch „trotz der in Einzelfällen unerwartet hohen PA-Gehalte in den gemessenen Proben (…) eine akute Gesundheitsschädigung bei kurzfristiger Aufnahme (bis zu 14 Tagen) für Erwachsene und Kinder unwahrscheinlich“. Dennoch forderte es bereits 2013, dass „wegen der genotoxischen und kanzerogenen Wirkung der PA  […] Anstrengungen notwendig sind, die PA-Gehalte in Kräutertees und Tees so weit wie möglich zu senken.“ 

Nach Einschätzung von Ökotest gelangen die lebertoxischen Stoffe dann in Tees, wenn pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen zwischen den gewünschten Kräutern für die Teeproduktion wachsen und bei maschineller Ernte in das Schnittgut und schließlich in den Tee gelangen.

Kneipp und Salus-Hustentees überschreiten Pyrrolizidin-Zielwerte

Insgesamt fand Ökotest siebenmal Pyrrolizidinalkaloide, zweimal sogar über dem von laut Ökotest von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) festgelegten Zielwert von 0,35 Mikrogramm für eine 50-Kilo-Person: Auch hier wieder ein Reformhaus-Tee, Salus Kräutertee Nr. 9a, Hustentee und Kneipp Husten- und Bronchialtee. Beide bewertet Ökotest mit „ungenügend“. 

Anmerkung der Redaktion: Der Grenzwert wurde aufgrund des nicht abschließend beurteilten Risikos von PA auf die menschliche Gesundheit vom HMPC 2016 bereits temporär für drei Jahre auf 1 Mikrogramm pro Tag angehoben. Diese Entscheidung wurde 2019 aktualisiert, wonach der derzeitig tolerierte Grenzwert für weitere zwei Jahre bei 1 Mikrogramm pro Tag liegt.

Mückenschutz im Tee von Salus, Aldi und Müller

Unschön ist auch die Vorstellung, Mückenschutz zu trinken. Allerdings ist dies nicht ganz ausgeschlossen, zumindest nach Analysen von Ökotest bei den Tees von Müller Fit + Vital Husten- und Bronchialtee, Aldis Multinorm Husten- und Bronchialtee und wieder einmal ist auch Salus Kräutertee Nr. 8 Bronchialtee mit dabei. DEET fand Ökotest, das möglicherweise von den enthaltenen Lindenblüten stammt. Aldi erklärte hierzu, dass die Lindenblüten von Hand geerntet werden und die Arbeiter sich mit DEET vor Mücken schützen – „im Tee wollen wir ihn trotzdem nicht“, so Ökotest.

Wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege fehlen

Was alle Husten- und Bronchialtees eint: Die wissenschaftliche Datenlage ist wenig überzeugend*. Nach Einschätzung von Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, pharmazeutischer Chemiker an der Universität Frankfurt am Main, ergibt sich aus der „veröffentlichten wissenschaftlichen Studienlage kein ausreichender Beleg zur Wirksamkeit von Teearzneimitteln“. Man dürfe sich von einer Behandlung von Husten und Bronchialbeschwerden mit Tees nicht zu viel erwarten. „Am Ende bleiben das angenehme Aroma und der wärmende Effekt einer heißen Tasse Erkältungstees  – das mag wohltuend sein, ist aber unter wissenschaftlichen Maßstäben letztlich ,wenig überzeugend'“, so Ökotest. 

Die vollständigen Ökotest-Bewertungen lesen Sie hier.

* Ergänzung einer Stellungnahme von Ökotest am 28.11.2019: „Die Zulassung aller Arzneitees im Test beruht letztendlich auf Standardzulassungen, für die von den Herstellern keine klinischen Studien vorgelegt werden mussten. Eigentlich durchläuft jedes Arzneimittel strenge Prüfungsverfahren, bevor es zugelassen wird – etwa im Hinblick darauf, ob es wirksam und unbedenklich ist. Die Arzneitees gehören zu den Arzneimitteln, die von einem strengen Prüfverfahren befreit sind – vorausgesetzt, dass „eine Gefährdung von Mensch und Tier nicht zu befürchten ist“. Sie haben stattdessen eine Standardzulassung. Die meisten Arzneitees im Test sind aufgrund einer solchen Standardzulassungen auf dem Markt. Eine Monographie legt die genaue Zusammensetzung fest und führt die traditionelle Wirkung der Kräuter, Blüten und Samen auf. Klinische Studien dafür müssen die Anbieter nicht vorlegen. Drei Tees sind als traditionelle Arzneimittel registriert (Anmerkung der Redaktion: Heumann, Sidroga, Salus Kräutertee Nr. 8) und haben einen Hinweis im Beipackzettel, dass sie ausschließlich aufgrund Überlieferung und längjähriger Erfahrung bei Husten unterstützend wirken. Der Bad Heilbrunner Husten- und Bronchialtee hat zwar eine Individualzulassung, die nach Angaben des Unternehmens aber auch nur auf einer Musterbezeichung für eine fixe Kombination aus Anis, Lindenblüten und Thymian beruht, die den Arzneiteehersteller eine vereinfachte Zulassung erlaubt, bei der ebenfalls keine klinischen Studien vorzulegen ist. Nach den aktuellen Monographien der Europäischen Arzneimittelagentur werden beispielsweise Anis, Lindenblüten und Thymian lediglich traditionell bei Husten eingesetzt.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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