Europa-Politik

EU-Kommission bestätigt – Arbeit an Apotheken-Stellungnahme kann beginnen

Berlin - 28.11.2019, 11:20 Uhr

Ursula von der Leyen (CDU) und ihre neue EU-Kommission können am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. (Foto: imago images / Xinhua)

Ursula von der Leyen (CDU) und ihre neue EU-Kommission können am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. (Foto: imago images / Xinhua)


Die neue EU-Kommission kann ab dem kommenden Sonntag, dem 1. Dezember 2019, ihre Arbeit aufnehmen. Am gestrigen Mittwoch hat das EU-Parlament mit einer großen Mehrheit für das 26-köpfige Team der EU-Kommissare unter der Leitung von Kommissionschefin Ursula von der Leyen gestimmt. In den kommenden Wochen kann die Kommission dann auch die Stellungnahme zum Apotheken-Stärkungsgesetz bearbeiten.

Die neue EU-Kommission hat am gestrigen Mittwoch eine breite Zustimmung im EU-Parlament bekommen: 461 Abgeordnete aus den Fraktionen der Christdemokraten, Sozialisten und der Liberalen stimmten für die neuen Kommissare. Die Grünen enthielten sich. Knapp 160 Abgeordnete stimmten dagegen. Von der Leyen musste nach großem Protest aus dem Parlament zuletzt drei Kommissare austauschen, betroffen war auch der für die Apotheker wichtige Posten des Kommissariats für den Binnenmarkt. Diesem Thema soll sich nun in Zukuft der Franzose Thierry Breton widmen. Breton war früher Hochschullehrer und eine Zeit lang auch Wirtschaftsminister in Frankreich.

Kommissarin für Gesundheit ist nun die Zypriotin Stella Kyriakides. Die 63-jährige christdemokratisch-konservative Politikerin studierte Psychologie in England und arbeitete fast 30 Jahre lang im Gesundheitsministerium Zyperns. In mehreren zypriotischen und europäischen Bündnissen und Organisationen klärt Kyriakides über Brustkrebs auf. 2006 wurde sie erstmals ins zypriotische Parlament gewählt. 2017 wurde sie Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. DAZ.online hatte kürzlich über den Antrittsbrief berichtet, in dem von der Leyen ihrer neuen Gesundheitskommissarin wichtige Themen mit auf den Weg gab.

Apotheken-Stärkungsgesetz: Kommission arbeitet an Stellungnahme

Wenn die Kommission im Amt ist, kann auch die Arbeit an der für die Apotheker so wichtige Stellungnahme zum Apotheken-Stärkungsgesetz beginnen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte im Vorfeld der Abstimmung im Bundeskabinett zu dem Gesetz seinen kritisch eingestellten Minister-Kollegen versprochen, dass er das Vorhaben auf EU-Ebene abklären wolle. Insbesondere das Justizministerium hatte große europarechtliche Bedenken bezüglich des geplanten Rx-Boni-Verbots für den GKV-Markt. Nach Informationen von DAZ.online fanden bereits erste Gespräche zwischen dem BMG und Vertretern der EU-Kommission statt. Allerdings hatte sich der Prozess zuletzt verlangsamt, weil die „alte“ Kommission die Stellungnahme mit Verweis auf die Bildung der neuen Kommission nicht mehr abgeben wollte.

Von der Leyen selbst will den Kampf gegen den Krebs auf EU-Ebene zu einem ihrer Top-Themen machen. Mit dem Hinweis auf ihre eigene Familiengeschichte hat die neue EU-Kommissionschefin am gestrigen Mittwoch im EU-Parlament gesagt: „Als ich als Mädchen in Brüssel lebte, starb meine kleine Schwester im Alter von elf Jahren an Krebs. Ich erinnere mich an die enorme Hilflosigkeit meiner Eltern, aber auch der medizinischen Betreuer, die sich so liebevoll um sie kümmerten.“

Jeder kenne eine ähnliche Geschichte aus der eigenen Familie oder dem Bekanntenkreis, sagte von der Leyen. Die Zahl der Krebserkrankungen steige. Doch würden auch Diagnosemethoden und Behandlungen besser. „Europa wird im Kampf gegen Krebs die Führung übernehmen“, sagte von der Leyen. Die Kommission werde Anfang nächsten Jahres einen Plan vorlegen, der helfen werde, das Leiden an dieser Krankheit zu verringern.

BAH: EU-Kommission sollte grünes E-Rezept und Lieferengpässe bearbeiten

Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) meldete sich kurz nach der Abstimmung im EU-Parlament mit einer Pressemitteilung zu Wort und gratulierte der neu gewählten Kommission. Gleichzeitig formulierte der Verband einige Themen, die aus seiner Sicht in den kommenden Jahren bearbeitet werden sollten – und auch für Apotheker interessant sind. Hier einige Auszüge aus der BAH-Mitteilung:


Eine wichtige Aufgabe der neuen EU-Kommission ist die Vermeidung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Dazu muss die Ausschreibungspraxis neu geordnet werden. Das muss auf nationaler Ebene passieren, so dass bei Rabattvertragsausschreibungen mindestens drei Partner berücksichtigt werden, aber auch durch Arbeiten auf europäischer Ebene unterstützt werden: So könnte bei der Gestaltung der Vergabekriterien öffentlicher Aufträge darauf geachtet werden, dass Produktionsstandorte in Europa gefördert werden.

Die Digitalisierung birgt viele Chancen für die Gesundheitsversorgung. Diese Chancen gilt es zu nutzen. Egal, ob es dabei um das Elektronische Rezept (E-Rezept) oder die Arzneimitteltherapiesicherheit in Verbindung mit dem Medikationsplan geht. Es ist wichtig, die Versorgung der Patienten mit verschreibungspflichtigen und verschreibungsfreien Arzneimitteln weiterzuentwickeln und ganzheitlich zu betrachten. Das heißt beim E-Rezept aus deutscher Sicht, dass auch das Grüne Rezept und das Privatrezept ‚digital‘ mitgedacht und elektronisch umgesetzt werden. Auch im Hinblick auf die Bedeutung der Selbstmedikation für die Arzneimittelversorgung und im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung des Therapieprozesses ist eine intelligente Verbindung von Digitalisierung mit etablierten Versorgungsstrukturen, etwa den Vor-Ort-Apotheken, unerlässlich. (…)

Pressemitteilung des BAH vom 27. November 2019




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Stella Kyriakides soll neue Gesundheitskommissarin werden / Künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steckt Ziele im „Auftragsbrief“ ab

Europäische Pharmaindustrie soll gestärkt werden

Entscheidung von der Leyens sorgt für Kritik

Olivér Várhelyi als neuer EU-Kommissar für Gesundheit nominiert

Einigkeit zu längeren Fristen für Medizinprodukte

Engpässe vermeiden

Lieferengpässe vermeiden, Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln in allen EU-Staaten verbessern

So will die EU im Arzneimittelrecht aufräumen

Apotheken-Impfungen im Masernschutzgesetz

Auflösungserscheinungen bei der Apothekenreform

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.