Marktporträt

Der Zyto-Markt im Überblick

Berlin/München - 17.12.2019, 14:30 Uhr

Immer wieder kommt es im Zyto-Markt zu Skandalen, obwohl es für die Patienten fast keinen empfindlicheren Versorgungsbereich gibt. Welche Strukturen ermöglichen diese Vorkommnisse? Ein Marktüberblick. (Foto: imago images / Becker Bredel)

Immer wieder kommt es im Zyto-Markt zu Skandalen, obwohl es für die Patienten fast keinen empfindlicheren Versorgungsbereich gibt. Welche Strukturen ermöglichen diese Vorkommnisse? Ein Marktüberblick. (Foto: imago images / Becker Bredel)


Nädler, Medipolis, etc.

Nädler GmbH, Rinteln

Die Nädler GmbH aus dem niedersächsischen Rinteln stuft sich als „Nichtärztlicher Dialyseleistungserbringer“ ein und sei damit zusätzlich zu der namensdefinierenden Tätigkeit berechtigt, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu gründen und zu betreiben. Tatsächlich liegt darauf der Schwerpunkt des Unternehmens, das sich nach eigenen Angaben auf die Onkologie spezialisiert hat und bundesweit tätig ist. Pro Standort, so Nädler, werde eine enge Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Krankenhäusern angestrebt.

Gegründet wurde das Unternehmen 2014 von Jan Rohlfs, Sohn des Uslarer Apothekers Hermann Rohlfs. Die Familie ist vielfältig unternehmerisch aktiv. So schrieb die „Hessisch Niedersächsische Allgemeine“ (HNA) im Jahr 2015, dass Hermann Rohlfs in Uslar einen Herstellungsbetrieb für Augenheilkunde errichtet habe. Die Produktion befinde sich gegenüber der Ratsapotheke in Uslar, in dem Rohlfs seit Jahren eine Krebsmittel-Fabrik betreibe. Laut HNA stufte sich Rohlfs damals mit 94 Mitarbeitern als größte Apotheke in Niedersachsen ein. Die Rohlfs-Gruppe habe zu der Zeit bundesweit über 400 Mitarbeiter gehabt. Geleitet wurde sie von Rohlfs und unter anderem von Geschäftsführer Ralf Lohse – jenem Mann, der auch die Geschäfte der Nädler GmbH führt. Zur Gruppe gehörten neben der Apotheke in Uslar und Herstellungsbetrieben für Medikamente noch Seniorenheime und Medizinische Versorgungszentren.

Die Ratsapotheke ist bereits seit 1997 in der Herstellung von Zytostatika-Lösungen tätig. Das Unternehmen hält sich zugute, die Schnittstelle „Zytodoc“ entwickelt zu haben, die den Arzt online mit der Herstellungssoftware vernetzt. Die Offizin wirbt damit, deutschlandweit zu liefern. „Da wir in der Zeit von 4.00 Uhr morgens bis etwa 20.00 Uhr abends produzieren, sind selbst Nachzügler aus der Spätsprechstunde kein Problem.“

Medipolis, Jena

Das Unternehmen hat zirka 400 Mitarbeiter und gilt ebenfalls als bedeutender Mitspieler in der Zytostatika-Branche. Wie Firmenchef und Geschäftsführer Christian Wegner auf Anfrage der DAZ mitteilte, würden etwa 30 Prozent der Zubereitungen und 60 Prozent des Umsatzes auf die Zytostatika-Herstellung entfallen. Das Unternehmen stelle jährlich rund 150.000 Zubereitungen in den Bereichen Zyto, Schmerz, Ernährung, sonstige Lösungen, Hormonersatz oder Antibiotika für externe Apotheken, Klinikapotheken und die eigenen Apotheken her.

Medipolis betreibt die Zytostatika-Versorgung mit regionalem Fokus und einem Radius von zirka 200 bis 250 Kilometer Radius um die Standorte in Jena und Weinheim. Lieferungen über lange Wege seien aber auch „ohne große Probleme“ möglich. Dabei biete Medipolis ein Gesamtkonzept zur Versorgung Schwerstkranker zu Hause an. Dies beinhalte alle apothekenpflichtigen und nicht apothekenpflichtigen Homecare-Versorgungen.

Medipolis wurde 1994 durch Wegners Mutter als Apotheke gegründet. 1998 fand der Einstieg in die Klinik- und Spezialversorgung statt, das Segment Homecare folgte 2004. In der Folge wurde ein Blisterzentrum gegründet, die Sterilproduktion in den Herstellbetrieb ausgelagert und Medipolis Süd in Betrieb genommen. Seitdem, so Wegner, verzeichne man ein „stetiges Wachstum“. Im vergangenen Jahr wurde das Versandhandelsgeschäft von Medipolis durch den Wettbewerber Apo-Discounter übernommen. Eigentümer der Medipolis-Gruppe ist neben Christian dessen Bruder Ingmar Wegner. Man verstehe sich als langfristig ausgerichtetes mittelständisches Familienunternehmen und werde „keiner Finanzinvestorenlogik“ folgen. Unter dieser Prämisse sei die Entwicklung zum umfassenden medizinisch-pharmazeutisch-pflegerischen Versorgungsunternehmen in vollem Gange.

Medios Manufaktur GmbH, Berlin

Die Zytostatika-Herstellung ist neben dem Specialty-Pharma-Handel eines von mehreren Standbeinen der Berliner Medios AG und wird durch die bundesweit tätige Tochtergesellschaft Medios Manufaktur GmbH betrieben. „Wir beliefern insbesondere hochspezialisierte Apotheken, die individualisierte Arzneimittel für Patienten mit chronischen oder seltenen Krankheiten anbieten. Im Jahr 2016 haben wir rund 50.000 Infusionen ausgeliefert“, so das Unternehmen gegenüber der DAZ.

Die Medios Manufaktur GmbH wurde 2008 gegründet. 2016 übernahm die Medios AG 51 Prozent der Anteile an der Medios Manufaktur GmbH, 2017 die verbleibenden 49 Prozent. Die AG wurde damit zum 100-prozentigen Anteilseigner. Die Medios AG hat rund 130 Mitarbeiter und erwirtschaf­tete im ersten Halbjahr 2017 einen Konzernumsatz von 117 Millionen Euro. Die Medios Manufaktur, die 52 Mitarbeiter hat, erzielte im gleichen Zeitraum einen Umsatz von 26,1 Millionen Euro, das entsprach rund 22 Prozent des Konzernumsatzes.

Eurozyto GmbH, Königstein im Taunus

Die erst 2013 gegründete Eurozyto GmbH mit Sitz in Königstein im Taunus bezeichnet sich als integrierter Systemanbieter für ambulante Services in den Bereichen parenterale Ernährung, Onkologie und anderer komplexer Infusionstherapien. Unter einem Dach befinden sich ein Lohnhersteller parenteraler Infusionen, Rezeptabrechnungsmanagement, ein Spezialgroßhandel, Logistikmanagement sowie Versorgungsmanagement und -forschung. Die Produktion stellt nach GMP-Richtlinien patientenindividuelle parenterale Infusionszubereitungen her, darunter Zytostatika.

Nach Firmenangaben sind die Grundlagen für Eurozyto vor mehr als 20 Jahren in der Burg-Apotheke in Königstein gelegt worden, die in den neunziger Jahren unter der Leitung des Pharmazeuten und heutigen Eurozyto-Geschäftsführers Uwe Bernd Rose mit der ambulanten Versorgung parenteral zu ernährender Patienten begonnen hat.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Zyto

von Oliver Bülow am 17.12.2019 um 15:30 Uhr

Großdeutschland????... gehts noch

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Formulierung

von Benjamin Rohrer am 17.12.2019 um 17:19 Uhr

Sehr geehrter Herr Bülow,

vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir hatten zuerst eine Formulierung mit "Großraum Norddeutschland", die wir dann aber streichen wollten. Versehentlich haben wir dann beide Wörter miteinander verbunden. Natürlich haben wir sofort korrigiert. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen und bedanken uns nochmals für Ihren Hinweis.

Viele Grüße

Benjamin Rohrer
Chefredakteur DAZ.online

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