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Estland
Apothekenketten organisieren Generalstreik wegen Apothekenreform
Im estnischen Apothekenmarkt spitzt sich die Lage immer mehr zu. Eigentlich sollte die Liberalisierung des Marktes mit der Dominanz der großhandelseigenen Ketten zurückgedreht werden, aber da hat die Politik wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Kettenbetreiber haben zum Generalstreik aufgerufen und ließen ihre Apotheken am gestrigen Mittwoch tagsüber geschlossen. Nun soll die Reform aber doch mit aller Macht durchgedrückt werden. So schnell gibt der Staat nicht nach.
Nach der derzeitigen Rechtslage, die mit der Reform aus dem Jahr 2015 geschaffen wurde, https://ravimiamet.ee/apteegireform dürfen in Estland nur noch Apotheken betrieben werden, deren Eigentumsanteile mehrheitlich in den Händen eines Apothekers liegen, der diese auch selbst leitet. Außerdem soll die Trennung der Apothekendienstleistungen von Pharmaherstellern und -großhändlern durchgesetzt werden (Verbot der vertikalen Integration). Weiterhin dürfen öffentlich Apotheken in Städten mit mehr als 4000 Einwohnern keine Filialapotheken mehr haben. Derzeit läuft noch eine Übergangsfrist für die Anpassung des Bestandsmarktes bis zum 1. April 2010.
Nun ist der fünfjährige Übergangszeitraum so gut wie abgelaufen, und von den knapp 500 Apotheken (darunter 150 Filialapotheken) sind ab dem Stichtag 300 von der Schließung bedroht, weil die Reform sich einfach nicht umsetzen lässt. Sie scheitert maßgeblich am Widerstand der marktbeherrschenden großhandelseigenen Ketten, deren Interessen der estnische Apothekenverband (EAÜ) vertritt. Die vier größten Ketten des Landes beschäftigen mehr als 1100 Apotheker und insgesamt fast 1500 Mitarbeiter. Sie liefen in den letzten Monaten mit allen Mitteln Sturm gegen die Reform und versuchten den Status quo mit einem politischen „Kompromissvorschlag“ durch die Hintertür zu erhalten.
Gesetzesvorlage abgeschmettert
Die Reaktion blieb nicht aus. Drei Koalitionsparteien legten dem estnischen Parlament schließlich einen Gesetzesvorschlag vor, der die Reform tatsächlich wieder zurückschrauben sollte. Geplant war, die vertikale Integration wieder zu erlauben und Filialen in Städten mit bis zu 20.000 Einwohnern wieder zuzulassen. Das Parlament schmetterte den Vorschlag jedoch bei seiner Sitzung am Dienstag dieser Woche ab. Wie DAZ.online vom estnischen Apothekerverband, der die unabhängigen Apotheker vertritt, erfahren hat, war die Entscheidung im Parlament denkbar knapp. Fünfzig Abgeordnete stimmten dagegen ab, 46 dafür. Das bedeutet, dass die Reform in Kraft bleibt und dass die Übergangsfrist am 1. April 2020 auslaufen wird.
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Die Kettenbesitzer bzw. die Großhandelsunternehmen geben damit aber noch lange nicht klein bei. Gestern riefen sie in ihren Apotheken völlig überraschend einen Generalstreik aus. Die Apotheken blieben bis auf die Notdienstapotheken von 14 Uhr bis in den Abend hinein geschlossen. Von dem Streik war mehr als die Hälfte aller Apotheken in Estland betroffen. Nach eigenem Bekunden wollten die Kettenapotheken dem Staat damit vorführen, welche Situation entsteht, wenn die Reform wirklich durchgedrückt wird. Sie schieben dem Staat den schwarzen Peter zu. „Da die Politiker beschlossen haben, dass 200 Apotheken in Estland ausreichen und 300 Apotheken geschlossen werden können, übernehmen sie nun die Verantwortung“, erklärte Timo Danilov, Chef des Verbandes der Kettenapotheken. Die unabhängigen Apotheker sehen das völlig anders: „Das ist eine klare Machtdemonstration und eine Erpressung”, heißt es in einer Mitteilung an DAZ.online. Die Verwirrung sei komplett gewesen, die Patienten seien vorab nicht über den Streik informiert worden und hätten nicht gewusst, wo sie in der Nähe auf die Schnelle eine offene Apotheke finden könnten. Auch die in den Ketten angestellten Apotheker seien erst wenige Minuten von der Streikaktion informiert und angewiesen worden, die Apotheke zu schließen.
2 Kommentare
Ein echtes Lehrbeispiel
von ratatosk am 19.12.2019 um 18:32 Uhr
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Streik in Estland
von Roland Mückschel am 19.12.2019 um 18:01 Uhr
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