Neuer Gehaltstarifvertrag

Nordrhein: 3 Prozent mehr Lohn für alle und ein Filialleiter-Tarif

Berlin - 06.01.2020, 12:15 Uhr

Apothekenmitarbeiter in der Kammerregion Nordrhein können sich über höhere Tariflöhne freuen, für Filialleiter soll es erstmals besondere Zulagen geben. (Foto: imago images / imagebroker/begsteiger)

Apothekenmitarbeiter in der Kammerregion Nordrhein können sich über höhere Tariflöhne freuen, für Filialleiter soll es erstmals besondere Zulagen geben. (Foto: imago images / imagebroker/begsteiger)


Apothekenmitarbeiter in der Kammerregion Nordrhein können sich ab diesem Jahr über höhere Tariflöhne freuen: Nachdem sich die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheker (ADA) schon auf Bundesebene auf eine Steigerung einigen konnten, soll laut Adexa nun auch ein neuer Gehaltstarifvertrag für die Region Nordrhein vorliegen. Demnach sollen alle Apothekenmitarbeiter ab dem 1. Januar 2020 3 Prozent mehr Lohn erhalten. Erstmals konnte sich die Adexa auch mit einem eigenen Tarif für Filialleiter durchsetzen.

In der Kammerregion Nordrhein verhandeln die Adexa und die Arbeitgeber-Vertretung TGL Nordrhein traditionell einen gesonderten Tarifvertrag. Adexa hatte den seit 1. Januar 2018 bestehenden und auf zwei Jahre ausgelegten Gehaltstarifvertrag für Nordrhein mit Wirkung zum 31. Dezember 2019 gekündigt. Auf der Expopharm in Düsseldorf fanden im vergangenen Jahr erste Gespräche zu einem neuen Gehaltstarifvertrag statt. Nach Informationen von DAZ.online konnten sich beide Seiten nun auf die Grundzüge der dazugehörigen Änderungen am Gehaltstarifvertrag und am Rahmenvertrag einigen, laut TGL-Chefin Dr. Heidrun Hoch gibt es allerdings noch einigen rechtlichen Klarstellungsbedarf, sodass Unterschriften noch nicht vorliegen.*

Die Adexa hat ihre Mitglieder schon über die zu erwartenden Neuerungen informiert: Demnach steigt das tarifliche Einstiegsgehalt für Apotheker/-innen auf 3511 Euro, in der höchsten Berufsjahresgruppe gibt es nun 4202 Euro. Tarifgebundene PTA in Nordrhein bekommen im ersten Berufsjahr ab sofort 2100 Euro, ab dem 10. Berufsjahr sind es 2699 Euro. PKA starten mit 1808 Euro und erreichen mit 2215 Euro das tarifliche Maximum. Die Ausbildungsvergütung der Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) steigt demnach auf 929 Euro, PTA-Praktikanten/-innen erhalten ab sofort 708 Euro. PKA-Azubis erhalten im 1. Ausbildungsjahr 708 Euro pro Monat, im zweiten Jahr 760 Euro  und im dritten Jahr 813 Euro.

Schon seit Jahren fordert die Adexa für Filialleiter eine besondere Vergütung. Auf Bundesebene hat sich die Gewerkschaft mit dieser Forderung bislang nicht durchsetzen können. In Nordrhein ist ihr nun ein Durchbruch gelungen: Approbierte mit Filialleitungsfunktion sollen künftig eine Zulage erhalten. Auf die konkrete Ausgestaltung dieses neuen Tarifs müssen die Filialleiter allerdings noch warten: Nach Informationen von DAZ.online sind auch hier noch nicht alle Details geklärt.

Für wen gilt die Tarifbindung?

Der neue Tarifvertrag ist für den Arbeitgeber nur dann verpflichtend, wenn sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Mitglied ihrer jeweiligen Tariforganisation sind. Angestellte/r einer öffentlichen Apotheke müssen also Mitglied bei Adexa sein, der Apothekeninhaber Mitglied im Arbeitgeberverband, der TGL Nordrhein. Letztere Bedingung erfüllen fast 90 Prozent der Apothekenleiter/innen, weil sie durch ihre Mitgliedschaft im Landesapothekerverband automatisch auch Mitglied im Arbeitgeberverband sind.

Sachsen: Arbeit an erstem Tarifvertrag läuft

Mitte Dezember war bekannt geworden, dass auch auf Bundesebene ein neuer Gehaltstarifvertrag zum 1. Januar 2020 ausgehandelt wurde. Die Adexa und der ADA hatten sich darauf geeinigt, dass Apothekenmitarbeiter und Auszubildende 1,9 Prozent mehr Lohn bekommen. 2021 kommt dann eine weitere Erhöhung in Höhe von 1,5 Prozent dazu. Außerdem soll es einen Urlaubstag zusätzlich geben.

Und auch in Sachsen, wo es traditionell keine Tarifverträge gibt, ist die Adexa tätig. Im Oktober 2019 teilten die Gewerkschaft und der Sächsische Apothekerverband (SAV) mit, erstmals über einen Rahmen- und Gehaltstarifvertrag zu verhandeln. Nach Informationen von DAZ.online gab es bereits zwei Treffen – aufgrund der umfangreichen Arbeiten an beiden Vertragswerken gab es bislang noch keinen Abschluss, beide Parteien arbeiten aber weiter daran.

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* Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass die Verträge bereits unterzeichnet worden seien. Die TGL-Chefin Dr. Heidrun Hoch erklärte gegenüber DAZ.online allerdings, dass es noch letzte rechtliche Klarstellungen gebe und daher keine Unterschrift vorliege. Sie kritisierte, dass die Adexa die Einigung bereits in ihrem Mitgliedermagazin veröffentlicht hat. Die Gehaltstabellen seien noch nicht gültig. Genauere Hintergründe werde sie auf der Jahreshauptversammlung der TGL Nordrhein (29. Januar) bekanntgeben. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

AW: Tarifabschluss

von Dr. Heidrun Hoch am 08.01.2020 um 12:07 Uhr

Sehr geehrter Herr Kollege Fischer,
ich kann Ihren Frust über mangelnde Honoraranpassungen bei immer weiter ausufernden Tätigkeiten in unseren Apotheken gut verstehen. Wir dürfen aber die Erfolglosigkeit und die Folgen von Versäumnissen der ABDA nicht auf dem Rücken unserer Mitarbeiter austragen. Die ohnehin nicht üppigen tariflichen Gehälter tragen schon jetzt nicht zur Attraktivitätssteigerung der Apothekenberufe bei. Der bestehende Fachkräftemangel ist für viele Koleginnen und Kollegen ein zentrales Problem. Eine Veränderung zum Positiven ist nicht in Sicht.
Auf dem vergangenen Apothekertag habe ich einen Adhoc-Antrag für ein längst überfälliges, neues und innovatives Honorargutachten eingebracht. Die Diskussion darüber wurde über einen Geschäftsordnungsantrag abgelehnt.
Wir haben die Wahl, dies alles hinzunehmen und Veränderungen zu erleiden oder wir setzen uns tatkräftig und mutig dafür ein, sie für uns positiv zu gestalten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: AW: Tarifabschluss

von gerd reitler am 08.01.2020 um 19:15 Uhr

Sehr geehrte Frau Dr. Hoch,

sie formulieren: "Wir haben die Wahl, dies alles hinzunehmen und Veränderungen zu erleiden oder wir setzen uns tatkräftig und mutig dafür ein, sie für uns positiv zu gestalten."

Ja, dem stimme ich zu.
Ja, wir können uns ja in NRW ganz von der ABDA trennen und dann einen eigenen NRW-Weg gehen.

Wenn die ABDA bisher wenig Erfolg hat, warum sollte man weiterhin darauf setzen? Wir haben schon sehr lange und wiederkehrend gehofft, dass die ABDA das Ruder herumreißt. Aber das konnte ich bisher nicht erkennen, aber der reißende Wasserfall kommt immer näher!

Warum also nicht einmal ohne ABDA?.........

Tarifabschluss

von Dr. Heidrun Hoch am 06.01.2020 um 13:30 Uhr

Als Vorsitzende der TGL Nordrhein möchte ich darauf hinweisen, dass der neue Gehaltstarifvertrag zum jetzigen Zeitpunkt nicht unterschrieben ist. Die wegen des beabsichtigten Zuschlags für Filialleiter vorgesehenen tariflichen und rahmentariflichen Änderungen befinden sich in Abstimmung. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, werden ADEXA und TGL zum gegebenen Zeitpunkt eine gemeinsame Presseerklärung abgeben. Zeitgleich werden unsere Mitglieder informiert.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Tarifabschluss

von Fischer Markus am 08.01.2020 um 9:52 Uhr

Sehr geehrte Frau Dr. Hoch. Ich freue mich für meine Mitarbeiter, dass diese mehr Geld bekommen. Aber mal so eine Frage, schauen Sie sich bei den Verhandlungen auch an wo das Geld herkommen soll? Bisher gab es seitens der Regierung nur Lippenbekenntnisse und seit Jahren viel mehr Bürokratie verbunden mit Bindung von Ressourcen und mehr Arbeit ohne Mehrgewinn.
Es sind nun seit 1,5 Jahren fast 5% Gehaltssteigerungen da und nirgendwo Mehreinnahmen in Sicht. Was denken Sie wie Apotheken darauf reagieren? Es bleibt nur ein Weg.... Die Gehaltserhöhung wird auf Kosten 1 Mitarbeiterin gehen, die man gehen lassen muss. Ist das der Ansatz um jeden Preis? Ich wäre erfreut, wenn der Arbeitgeberverband realistischer verhandeln würde. Aber was kann man im Apothekenwesen von den Verbänden erwarten.
Ihr
Markus Fischer

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