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Trotz EuGH-Urteil von 2016
DocMorris darf Herstellerabschläge behalten
Kein vergleichbarer Sachverhalt zum EuGH-Fall
Während die Kohlpharma-Klage gegen die Europa Apotheek bei einer anderen Kammer des Sozialgerichts Saarbrücken anhängig ist (die derzeit unbesetzt ist), wurde die Entscheidung gegen DocMorris bereits im März 2019 verkündet. Die Urteilsgründe sind allerdings erst jetzt bekannt geworden.
Ausführlich setzen sich die Saarbrücker Sozialrichter in ihrer Entscheidung mit dem Rahmenvertrag, den Voraussetzungen und Folgen des Beitritts einer Apotheke zu diesem, der Rechtsprechung des BSG zu Herstellerrabatten sowie dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung auseinander. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Klage von Kohlpharma zwar grundsätzlich zulässig und die geltend gemachten Ansprüche auch nicht verjährt sind. Aber: Die Erstattung der Herstellerrabatte durch Kohlpharma an DocMorris sei durchaus mit einem Rechtsgrund erfolgt.
Mit Beitritt zum Rahmenvertrag liegen die Voraussetzungen für den Herstellerabschlag vor
Der Importeur sei nach § 130a Abs. 1 Satz 3 SGB V nach allen im strittigen Zeitraum gültigen Fassungen verpflichtet gewesen, den Abschlag zu leisten. Die Norm sei anwendbar, weil DocMorris im November 2008 dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung beigetreten sei. Damit habe sich der beklagte Versender auch den Herstellerrabatten unterworfen – so besagt es der Rahmenvertrag (in seiner früheren wie auch in seiner aktuellen Fassung). Alle Voraussetzungen, nach denen der Abschlag zu gewähren ist, lägen vor.
Und das Sozialgericht teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, dass das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 eine solche Rechtswirkung entfaltet, dass Kohlpharma im besagten Zeitraum der gesetzlichen Rabattpflicht nicht unterfallen sei. Es folgen rechtliche Ausführungen zu der Frage, wie weit die Bindungswirkung von EuGH-Urteilen geht – wie bei Rechtsfragen üblich, gibt es dazu verschiedene Ansichten. Die Sozialrichter gehen mit der „überwiegenden“ Meinung in der Rechtsprechung, wonach eine allgemeine, über die Parteien des ursprünglichen Rechtsstreits hinausgehende Wirkung nur anzunehmen ist, wenn vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Und das sei vorliegend nicht der Fall. Im EuGH-Fall sei es um ein Bonussystem und um eine Wettbewerbsbeziehung gegangen. Ganz anders sei es bei Kohlpharma/DocMorris, wo es um die Rückforderung eines gesetzlichen Herstellerrabatts geht.
Im Urteil heißt es:
Wie bereits ausgeführt, wollte der Gesetzgeber die gesetzliche Krankenversicherung unter anderem dadurch finanziell entlasten, dass Arzneimittelhersteller Rabatte auf ihre Arzneimittel für die Versicherten gewähren müssen. Um dies zu gewährleisten, wurden zwei verschiedene Beziehungsebenen in § 130a SGB V geschaffen. Die Beziehung zwischen Apotheke und Krankenversicherung stellt sich so dar, dass die Krankenkassen den Rabatt dadurch erhalten, dass sie die Rechnungen der Apotheken bereits um den Herstellerrabatt kürzen. In einer weiteren, davon zu trennenden Beziehung, die hier maßgeblich ist, können die Apotheken von den Arzneimittelherstellern die Erstattung der gekürzten Beträge verlangen. Beide Beziehungsebenen haben mit dem Wettbewerbsstreit, um den es in dem Verfahren vor dem EuGH ging, nichts gemein. Insoweit schließt sich die Kammer der Auffassung des GKV- Spitzenverbandes vom 13. Februar 2017 in vollem Umfang an.“
Das letzte Wort ist allerdings nicht gesprochen. Kohlpharma hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt.
Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 14. März 2019, Az. S 20 KR 834/16
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