Herstellerrabatte

Erneute Abfuhr für DocMorris vor dem Bundessozialgericht

Berlin - 12.01.2017, 10:20 Uhr

Das Bundessozialgericht sagt: Versandapotheken, die neben Wettbewerbsvorteilen auch noch den Vorteil des Herstellerrabattes beanspruchen wollen, müssen das Arzneimittelpreisrecht insgesamt akzeptieren. (Foto: Jörg Lantelme / Fotolia)

Das Bundessozialgericht sagt: Versandapotheken, die neben Wettbewerbsvorteilen auch noch den Vorteil des Herstellerrabattes beanspruchen wollen, müssen das Arzneimittelpreisrecht insgesamt akzeptieren. (Foto: Jörg Lantelme / Fotolia)


Solange DocMorris nicht dem Rahmenvertrag beigetreten war, hatte die niederländische Versandapotheke keinen Anspruch auf Erstattung der Herstellerrabatte. Das haben in den vergangenen Jahren Gerichte in sämtlichen Instanzen entschieden. Nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 versuchte DocMorris einen weiteren Anlauf beim Bundessozialgericht – und scheiterte erneut. Es ging um rund 1,4 Millionen Euro.

Erst 2010 ist DocMorris dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V beigetreten. Ebenso dem Rahmenvertrag über die Abwicklung der Herstellerabschläge nach § 130a SGB V. Zuvor hatte die holländische Versandapotheke mit nahezu allen gesetzlichen Krankenkassen Verträge abgeschlossen, nach denen die Abrechnung ihrer Leistungen – die Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel an Versicherte in Deutschland – „analog der nach § 129 SGB V mit den deutschen Apothekerverbänden geschlossenen Rahmenregelungen eines Arzneimittelliefervertrages" vereinbart war. Die Abrechnungen berücksichtigten auch den von Apotheken zu gewährenden Herstellerrabatt (§ 130a SGB V). Diese gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Hersteller diese Rabatte den Apotheken zu erstatten haben.

Und so verlangte DocMorris wie jede Apotheke in Deutschland von Arzneimittelherstellern die den Kassen gewährten Rabatte zurück. Doch einige Unternehmen stellten sich quer. Sie meinten, DocMorris habe diesen Anspruch nicht – und ließen sich verklagen. Zu der Frage, ob DocMorris diese Rabatte aus „Vor-Rahmenvertragszeiten” zustehen oder nicht, gab es daraufhin mehrere Gerichtsentscheidungen. Das Bundessozialgericht (BSG) verneinte sie, und auch das Bundesverfassungsgericht nahm erst im März 2016 eine Verfassungsbeschwerde gegen ein BSG-Urteil von DocMorris nicht zur Entscheidung an.

EuGH bestätigt Urteil des Bundessozialgerichts von 2008

Allerdings war es eines dieser BSG-Urteile zum Herstellerrabatt – es stammt aus dem Jahr 2008 –, das die Frage, ob für EU-ausländische Apotheken die Arzneimittelpreisverordnung gilt, vor den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe brachte. Die Kasseler Richter entschieden damals nämlich: Der Herstellerrabatt nach § 130a SGB V sei nur auf solche Fertigarzneimittel zu gewähren, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz bestimmt sind (oder durch § 129 Abs. 5a SGB V). Doch diese Preisvorschriften sollten nach Auffassung des 1. Senats des BSG eben nicht für durch ausländische Versandapotheken importierte Arzneimittel gelten. Keine Preisbindung, kein Rabatt-Anspruch. Als der Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren in Sachen Preisbindung anders entscheiden wollte, wurde der Gemeinsame Senat angerufen. Bekanntlich entschied dieser 2012 im Sinne des BGH und entgegen dem BSG.

Seit Oktober 2016 sieht die Welt allerdings anders aus. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich über das Votum der versammelten höchsten deutschen Richter hinweggesetzt und entschieden: Die Arzneimittelpreisverordnung gilt nicht für EU-ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel nach Deutschland verkaufen. DocMorris wollte nun dieses Urteil nutzen, um eine ihrer Rechtsstreitigkeiten zum Herstellerrabatt zu ihren Gunsten zu wenden. Im Mai 2016 hatte das Hessische Landessozialgericht (LSG) eine Klage gegen einen Hersteller abgewiesen, in der es um die Rückerstattung eines Preisabschlags für die in den Jahren 2003 bis 2008 an GKV-​Versicherte abgegebenen Arzneimittel in Höhe von insgesamt 1.374.778,07 Euro nebst Zinsen ging. Das LSG hatte die Revision nicht zugelassen.

Doch die Versandapotheke legte beim BSG Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Diese hat der 3. Senat des BSG bereits Ende November 2016 zurückgewiesen – nun wurde der recht ausführliche Beschluss veröffentlicht.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Urteil

von Frank ebert am 12.01.2017 um 10:46 Uhr

Die entscheidende Schlacht habe sie aber leider wegen der Inkompetenz des EuGH Gerichts gewonnen. Alles andere ist Pillepalle!

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