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Zurzeit sind Bühler-Wochen! Der tapfere Pharmaziestudent Benedikt Bühler kämpft, von der ABDA alleine gelassen, auf einsamer Flur für die Gleichpreisigkeit und ein Rx-Versandverbot. Mit seiner Bitte an die ABDA um Überlassung dreier Gutachten hat er das kalte Gesicht der Macht bloßgelegt: Die ABDA sagt Nein und verweigert ihm die Gutachten. Und obwohl sogar mehrere Kammern und Verbände die Zentrale offiziell aufforderten, Bühler zu unterstützen und ihm den Rücken zu stärken: Das ABDA-System bleibt beim Nein. Außerdem nimmt kein ABDA-Vertreter an der Bühler-Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestags teil – aber Jens Spahn!
20. Januar 2020
Ein wackerer Pharmaziestudent bittet die ABDA höflichst um die drei Gutachten zum Rx-Versandverbot, die unsere Berufsvertretung von Mitgliedsbeiträgen hat erstellen lassen. Es ist nur ein kleines bescheidenes Anliegen – und die ABDA bekommt Hitzewallungen! Für seine Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, wo er am 27. Januar seine Petition zur Forderung des Rx-Versandverbots erläutern darf, bräuchte der Pharmaziestudent Benedikt Bühler diese drei Gutachten, die von der ABDA im Auftrag erstellt wurden und gute Gründe zur Einführung eines Rx-Versandverbots darlegen. Doch die ABDA mauert. Nein sagt sie, die Gutachten geben wir nicht heraus. Es mache keinen Sinn, das Rx-Versandverbot jetzt noch zu promoten, ließ ABDA-Sprecher Kern wissen: „Die verfasste Apothekerschaft hat das Rx-Versandverbot mangels Realisierungschance zugunsten einer Absicherung der Gleichpreisigkeit über das Sozialrecht zurückgestellt.“ Nun ja, mein liebes Tagebuch, was der ABDA-Sprecher nicht sagt, ist die Tatsache, dass die „verfasste Apothekerschaft“ das Rx-Versandverbot auch als Handlungsoption bezeichnet hat. Also, so ein kleines Hintertürchen wollte sich sogar die ABDA-Mitgliederversammlung denn doch noch aufhalten – und vor diesem Hintergrund ist die super-sture Haltung der ABDA-Spitze so gar nicht verständlich. Diese Haltung können auch einige Kammern und Verbände, einige ABDA-Mitglieder überhaupt nicht verstehen. So fordert der Vorstand des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe die ABDA in einem Brief an den geschäftsführenden Vorstand auf, dem Pharmaziestudenten Bühler die Gutachten zur Verfügung zu stellen. Verbandschef Klaus Michels und sein Vorstand sehen in der Weigerung der Herausgabe sogar einen Widerspruch zur Beschlusslage der ABDA. Denn das Rx-Versandverbot bleibe eine Handlungsoption! Außerdem macht der Apothekerverband Westfalen-Lippe darauf aufmerksam, dass die Gutachten aus Beiträgen bezahlt worden seien und sie im Interesse der Mitglieder zu verwenden seien. Danke an den AVWL, mein liebes Tagebuch, für diese klaren Worte! Ein Lichtblick: Da die Gutachten an alle ABDA-Mitgliedsorganisationen übersandt wurden, könne man davon ausgehen, dass sie bereits kursieren – Bühler hat sie nach eigenen Angaben bereits zugespielt bekommen. Aber die offizielle Überlassung wäre natürlich ein gutes Zeichen der ABDA gewesen. Mein liebes Tagebuch, wer wissen möchte, was Bühler am 27. Januar im Petitionsausschuss im Bundestag sagen wird, wie es danach weitergehen wird, und was daraus entstehen könnte: Auf PTAheute-online und DAZ.online steht ein Podcast mit Bühler, in der er auch von seinem Besuch bei der ABDA berichtet.
Die technischen und organisatorischen Vorbereitungen zur Einführung des E-Rezepts laufen. Da steht wohl noch eine Menge an Arbeit an. Wo’s derzeit ganz offensichtlich klemmt, sind einige gesetzliche Maßnahmen, die dringend beschlossen werden sollten, bevor die E-Rezepte durchs Netz flitzen. Die ABDA fordert beispielsweise, es sollte gesetzlich festgelegt werden, dass es für die E-Rezept-Übermittlung nur einen Transportweg gibt – nämlich den über die eigene App des Deutschen Apothekerverbands. Ob das so sein wird, ist noch offen. Noch weitaus dringender aber ist ein gesetzlich zu beschließendes Makelverbot: Interessierte Kreise sollten mit der Vermittlung von digitalen Rezepten im Netz kein Geld verdienen dürfen. Es darf nicht sein, dass z. B. Ärzte oder Krankenkassen oder andere Personen die Rezepte zu wohlgesinnten Versandapos umleiten. Die Bundesregierung hat Verständnis für ein Makelverbot und es daher bereits im Apotheken-Stärkungsgesetz vorgesehen. Dumm nur, mein liebes Tagebuch, dass dieses Gesetz derzeit bei der EU-Kommission auf Eis liegt. Die EU-Kommission will sich nämlich das in diesem Gesetz enthaltene Rx-Boni-Verbot anschauen, ob es mit EU-Regelungen vereinbar ist. Da man nicht vorhersehen kann, wie lange dieser Prozess des Prüfens bei der EU dauert, wäre es sinnvoll, wenn das Makelverbot aus dem Apotheken-Stärkungsgesetz ausgegliedert werden könnte. BAK-Vize-Präsident Thomas Benkert forderte auf dem Pharmacon in Schladming, das Verbot aus dem Apotheken-Stärkungsgesetz zu entfernen und in das von Minister Jens Spahn geplante zweite Digitale Versorgung Gesetz (DVG) einzufügen. So sollte es sein! Also, mein liebes Tagebuch, da sollte sich die ABDA doch mal richtig anstrengen und darauf hinwirken, dass das so kommt.
Auch das forderte BAK-Vize Thomas Benkert zur Eröffnung des Fortbildungskongresses im Österreichischen Wintersportort: eine neue Approbationsordnung! Sie ist überfällig, ist Benkert überzeugt. Vor allem sollten klinisch-pharmazeutische und pharmakologische Inhalte intensiviert werden, außerdem "interprofessionelle Anteile in der Ausbildung sowie eine möglichst kompetenzorientierte Vermittlung von Ausbildungsinhalten". Klingt gut und nach mehr, mein liebes Tagebuch, Hauptsache, wir können unseren Beruf damit so ausbauen, wie es das Perspektivpapier 2030 fordert, nämlich näher auf den Patienten zuzugehen, dann brauchen wir mehr klinisch-pharmazeutische und pharmakologische Inhalte und eine bessere Kommunikation mit den Ärzten. Und was die ABDA den PTA bei der neuen Reform nicht zugestehen wollte, nämlich eine Verlängerung der Ausbildungszeit, das wünscht sich die ABDA für eine neue Approbationsordnung: eine Verlängerung der Regelstudienzeit – sie sei, so Benkert, „wünschenswert“. Möge es so sein, mein liebes Tagebuch.
21. Januar 2020
Der Apothekerverband Westfalen-Lippe bleibt nicht allein mit seiner Forderung an die ABDA, die Gutachten an Bühler rauszurücken. Auch der Hamburger Apothekerverein schließt sich dieser Forderung an und ersucht die ABDA, die Gutachten zum Thema Rx-Versandverbot dem Studenten zur Verfügung. Auch die Landesapothekerkammer Hessen schließt sich hier an. Sie fordert den Geschäftsführenden ABDA-Vorstand auf, eine E-Mail-Abstimmung herbeizuführen. Laut Satzung wäre eine solche Abstimmung sogar möglich, da es eilt. Die Kammer schreibt in ihrem Brief außerdem: „Darüber hinaus hat die Berufsöffentlichkeit kein Verständnis für das Verhalten der ABDA“. So ist es mein liebes Tagebuch, auch wenn dies die ABDA nicht zu jucken scheint.
22. Januar 2020
Doch es geht weiter: Auch die Apothekerkammer Hamburg spricht sich dafür aus, Benedikt Bühler die Gutachten zur Verfügung zu stellen. Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen, der zugleich Vorsitzender des ABDA-Haushaltsausschusses ist, macht zudem darauf aufmerksam, dass diese Gutachten schließlich aus Mitgliedsbeiträgen bezahlt wurden und im Interesse der Mitglieder zu verwenden seien. Ja, mein liebes Tagebuch, und die Hamburger Kammer weist die ABDA darauf hin, dass die Verweigerung der Herausgabe der Beschlusslage der ABDA widerspreche. Zum Schluss ihres Schreibens bringt die Hamburger Kammer ihr Unverständnis zum Ausdruck, „wie von Seiten der ABDA-Spitze mit Herrn Bühler und den Interessen der apothekerlichen Basis umgegangen wird“. Mein liebes Tagebuch, es ist in der Tat schon mehr als seltsam, welche Taktik, welche Politik die ABDA da fährt. Hätte sie dem Studenten Bühler die Gutachten, die eh schon kursieren, umgehend zur Verfügung gestellt, hätte es keinen Aufschrei gegeben, keinen Eklat. Und sie hätte sich bei vielen ein paar Sympathiepunkte verdient. Aber was hier abgelaufen ist und abläuft, ist eine Politik, die nicht mehr nachzuvollziehen ist.
Ein Update zu den Arbeiten rund ums E-Rezept war vom Gematik-Manager Hannes Neumann auf dem Kongress des Bundesverbands Managed Care (BMC) zu erfahren. Also, bis Ende Juni will die Gematik die technischen Spezifikationen festgelegt haben. Bis dann die ersten E-Rezepte von Apotheken und Versandapotheken beliefert werden können, wird es noch bis Ende des Jahres dauern. Mein liebes Tagebuch, wir fügen mal das Wörtchen „mindestens“ hinzu, also mindestens bis Ende des Jahres, denn wir wissen doch alle, dass Termine rund um die IT und EDV noch nie eingehalten werden konnten. Und so wird es wohl auch hier sein. Immerhin, eine Planung steht. Erst ein weiteres Jahr später soll es dann auch für BtM- und T-Rezepte die E-Rezept-Lösung geben. In einem weiteren Schritt sollen dann die Heil- und Hilfsmittelrezepte eingebunden werden – und, Achtung, mein liebes Tagebuch, erst dann soll auch die grenzüberschreitende Einlösung von E-Rezepten ermöglicht werden, sagte der Gematik-Manager. Interessante Aussage, oder? Würde das bedeuten, dass z. B. DocMorris und die anderen europäischen Arzneiversandhäuser erst in zwei, drei Jahren an unserem E-Rezept-System teilnehmen können? Gut möglich. Und überhaupt, diese Versandshops in den Niederlanden müssen erstmal irgendwie an einen deutschen Heilberufsausweis kommen, obwohl sie nicht Mitglied einer deutschen Apothekerkammer sind. Denn nur mit einem Heilberufsausweis kann man sich in die deutsche Telematikinfrastruktur einklinken. Ganz fürsorglich hat da aber unser liebes Bundesgesundheitsministerium bereits wissen lassen, dass man hier an einer Lösung arbeite, um die EU-Versender am deutschen E-Rezept-Verkehr teilnehmen zu lassen.
Was auf dem BMC-Kongress auch zur Sprache kam: Der Innovationsexperte (sowas gibt es!) der Techniker Kasse (TK), Daniel Cardinal, meinte, dass sich spätestens mit dem E-Rezept das Thema Lieferengpässe erledigt habe. Er ließ es allerdings im Vagen, warum dies so sein könnte, deutete aber an, dass es der Apotheke durch die vorab vorliegenden E-Rezepte früher und schneller möglich sei, die Lieferbarkeit von Arzneimitteln zu überprüfen und gegenzusteuern. Mein liebes Tagebuch, nun, wie innovativ ist das denn? Die Lieferengpässe an sich werden dadurch nicht geringer, man könnte lediglich rascher Abhilfe schaffen. Aber eine Lösung für Engpässe ist das nicht.
Fernbehandlung, Fernverordnung, E-Rezepte, Versandapos – was da noch auf uns zu kommt (oder zum Teil schon da ist), lässt unser Pharmazeutenherz nicht höher schlagen. Einem Bericht und Test der Zeitung „Neue Westfälische“ zufolge können auch ausländische Ärzte im europäischen Binnenmarkt schon heute Patienten online „behandeln“ und Rezepte ausstellen, die dann von Arznei-Versandhäusern beliefert werden. Im Test hatte sich eine Redakteurin der Neuen Westfälischen quasi selbst eine Antibaby-Pille ausgesucht, die sie sich von einem Arzt des Online-Portals „zavamed“ verordnen ließ. Bevor sie ihre Bestellung aufgeben konnte, musste sie nur einen Diagnosebogen ausfüllen. Die Ware sei dann von einem niederländischem Versender gekommen. Mein liebes Tagebuch, vermutlich kam dieser Redakteurin dieses einfache Procedere doch sehr einfach und unkontrolliert vor. Ihr Fazit: Die Frage nach einem Verbot für den Versandhandel von verschreibungspflichtigen Medikamenten stehe wieder im Raum. Richtig, mein liebes Tagebuch, nur so könnte man diese Sicherheitslücken schließen.
Wir erinnern uns: Das Bundeswirtschaftsministerium hatte vor drei Jahren ein Gutachten zum Apothekenmarkt in Auftrag gegeben, um verlässliche Daten zu bekommen. (Den ABDA-Daten wollte man nicht trauen.) Heraus kam das unsäglich Gutachten der Agentur „2hm“, so unsäglich, dass es die ABDA offiziell nicht kommentieren wollte. Vor Kurzem erfuhren wir so nebenbei, dass unlängst auch das Bundesgesundheitsministerium noch ein Gutachten beim IGES Institut in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Auftrag gegeben hat. Pikanterweise arbeitet eine frühere 2hm-Mitarbeiterin nun beim IGES-Institut. Ob sie auch an diesem neuen Gutachten mitarbeitet, war allerdings nicht zu erfahren. Also, ein neues Gutachten – das bedeutet ja wohl, dass sich auch dieses Ministerium nicht auf ABDA-Zahlen stützen möchte. Und dabei hat sich die ABDA doch so bemüht, mein liebes Tagebuch, eigene glaubwürdige Zahlen mit ihrem ABDA-Datenpanel auf die Beine zu stellen. Dumm nur, dass auch dieses Ministerium nichts davon wissen will. Auch die Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann (Linke) hatte beim Ministerium nach Details zu diesem neuerlichen Gutachten gefragt, aber das Ministerium gab sich recht einsilbig. Gabelmann zeigt sich irritiert darüber „welche Geheimnisse im Moment um Gutachten gemacht werden“. Und sie fügte noch einen Seitenhieb in Richtung ABDA hinzu: Auch die ABDA verweigere die Herausgabe von Rechtsgutachten an Benedikt Bühler, was sie ebenfalls für inakzeptabel halte.
23. Januar 2020
Nochmal Benedikt Bühler: Wenn er seine Forderung nach einem Rx-Versandverbot am 27. Januar im Petitionsausschuss des Bundestags persönlich erläutern darf, wird er gut gerüstet und mit juristischer Unterstützung antreten können. An seiner Seite wird Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas sein, der ihn begleiten wird. Und Bühler wird mehrere Gutachten in seiner Aktentasche haben, die zeigen, dass das Rx-Versandverbot mit Verfassungs- und Europarecht im Einklang steht – darunter auch die Gutachten, deren Ausgabe ihm die ABDA verweigerte. Ganz ohne Hindernisse kann er dagegen auf das wettbewerbsökonomische Gutachten von May, Bauer und Dettling zurückgreifen, das 2017 um Auftrag der Noweda und des Deutschen Apotheker Verlags erstellt worden war. Außerdem kann er den Abgeordneten noch eine neue Expertise zu diesem Thema vorlegen, eine Dissertation von Christiana Bauer mit dem Titel „Staatliche Maßnahmen zur Erhaltung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung – Eine Betrachtung unter verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Gesichtspunkten“. Mein liebes Tagebuch, angesichts dieser großen Unterstützung von allen Seiten – dämmert es eigentlich der ABDA-Spitze, dass sie sich mit ihrer kleinkarierten und engstirnigen Haltung ins Abseits manövriert?
Als Verbraucher muss man derzeit die Meinung haben, das E-Rezept gibt es schon – ab morgen. Das niederländische Versandhaus DocMorris hat richtig Geld in die Hand genommen und eine Anzeigenkampagne losgetreten, die schon seit einigen Wochen auf vielen Werbeflächen von Deutschlands Hauptbahnhöfen, Flughäfen und in Innenstädten läuft („Das E-Rezept kommt.“). Die Kampagne suggeriert dem Bürger, beim E-Rezept habe dieses Versandhaus die Nase vorne. Den ABDA-Mitgliedern war das zu viel, sie haben die ABDA beauftragt, ebenfalls ein Motiv zum Thema E-Rezept entwerfen zu lassen. Endlich! Jetzt ist’s soweit: Die ABDA legt den Kammern und Verbänden ein Poster und einen Handzettel vor. Der Slogan „Das eRezept kommt – in meine Apotheke vor Ort“. Und dazu noch der Einklinker „#unverzichtbar“ und „Digital sein & persönlich bleiben“. Eigentlich wollte die ABDA noch nicht mit dem Thema E-Rezept werben, da es bekanntlich noch eine Weile dauern wird, bis der Patient sein erstes E-Rezept auf dem Smartphone hat. Aber der Markt drängt – und in der Tat, mein liebes Tagebuch, es wäre eine Katastrophe, wenn der Verbraucher das E-Rezept auf Dauer mit dem grün-weißen Logo aus Holland assoziieren würden. Da muss man dagegen halten, auch wenn es noch relativ früh für dieses Thema ist. So ist das heute.
Nochmal Bühler-Petition und ABDA-Gutachten. Lange hatte es die ABDA-Spitze nicht für nötig erachtet, sich öffentlich über ihre Gründe zu äußern, warum sie die drei Rechtsgutachten nicht an den Petenten Benedikt Bühler herausgeben will. Sie schickte erst ihren Pressesprecher vor, der mit glücklosen Worten vortrug, dass man keine Realisierungschance für ein Rx-Versandverbot sehe und es „natürlich keinen Sinn macht, die Verbotsforderung jetzt wieder durch die Hintertür zu promoten“ – was allerdings Kopfschütteln und Unverständnis auf Seiten vieler ABDA-Mitglieder hervorrief. Erst als dann Druck von einigen Apothekerkammern und Verbänden kam, bequemte sich unsere ABDA-Spitze dazu, ein wenig näher auf Gründe einzugehen. Ja, und schließlich konnte sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auch persönlich nicht den drängenden Fragen entziehen, die ihm die Teilnehmer an der berufspolitischen Diskussion auf dem Pharmacon in Schladming stellten. Dort sagte er, es gebe einen formalen und einen inhaltlichen Grund, die Herausgabe zu verweigern: Formal sei die Petition nämlich ein Instrument für Privatpersonen, nicht für Interessenverbände, weshalb die ABDA die Petition auch nicht unterstützt habe. Und inhaltlich habe sich der Apothekertag dafür ausgesprochen, Spahn und das Apotheken-Stärkungsgesetz zu unterstützen, das Rx-Versandverbot sei nur ein „Nebenweg“, der von dem Vorhaben ablenke und daher zu vermeiden sei. Schmidt nannte das Beharren auf dem Rx-Versandverbot trotz des anderslautenden Apothekertagsbeschlusses „bezüglich der Glaubwürdigkeit der Apothekerschaft eine Katastrophe“. Und er fügte hinzu: „Wir machen uns lächerlich, wenn wir jetzt sagen, das war alles nicht so gemeint‘.“ Mein liebes Tagebuch, wie kann man nur! Seine von ihm genannten Gründe kann man doch nicht wirklich als Gründe zitieren, um einem Pharmaziestudenten, der für das Rx-VV kämpft, die Herausgabe von Gutachten zu verweigern, die ihn bei seinem Vorhaben unterstützen können. Zumal der Apothekertag auch beschlossen hatte, den Gesetzgeber aufzufordern, den Bundesratsbeschluss für ein Rx-Versandverbot in das Gesetzgebungsverfahren zum Apotheken-Stärkungsgesetz „ergänzend einzubringen“. Und glasklar hatte die ABDA-Mitgliederversammlung das Rx-Versandverbot als Handlungsoption bezeichnet! So sieht’s aus, mein liebes Tagebuch. Seit wann macht man sich lächerlich, wenn man für eine Handlungsoption kämpft, zu der sich mittlerweile mehrere Unionspolitiker bekennen. Oh nein, mein liebes Tagebuch, womit haben wir diese ABDA verdient?
Tja, es menschelt eben überall, wie diese persönliche Note zeigt, die Schmidt zum Besten gab und die natürlich noch ins Tagebuch gehört: In Schladming verriet er nämlich sein Geheimnis, wie er es schafft, sich von der Forderung nach einem Rx-Versandverbot zu lösen. Ganz einfach, so Schmidt, man solle einmal laut „Buuuuh“ rufen, sich dann zurücklehnen und nach vorne schauen. Ach was, ist das so einfach? Hmm, mag sein, dass ihm das hilft, dass das ein Teil der Schmidtschen ABDA-Politik ist. Ex-Kammerpräsident Ulrich Krötsch meinte dazu: Man dürfe nach einem „Buuuh“-Ruf nicht einfach das Denken und Handeln einstellen. Mein liebes Tagebuch, das lassen wir dann so stehen.
24. Januar 2020
Und hier kommt die ABDA-Absage schwarz auf weiß: „Wir sind durch den Beschluss der Hauptversammlung (…) gehalten, das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken konstruktiv und kritisch zu begleiten. Eine öffentlichkeitswirksame Unterstützung der Petition von Herrn Bühler wäre damit nicht vereinbar“, schreibt der ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz an die insgesamt acht Kammern und Verbände, die sich bei der ABDA beschwerten und forderten, die Gutachten an den Petenten Benedikt Bühler auszuhändigen. Mein liebes Tagebuch, das kann man so sehen, muss man aber nicht – zumal es noch einen weiteren Beschluss der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker (vom Apothekertag) gibt, die den Gesetzgeber auffordert, „die Stellungnahme des Bundesrates in das laufende Gesetzgebungsverfahren ergänzend einzubringen und so die Gleichpreisigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen“. Tja, was wie gesehen und interpretiert wird, hängt eben immer von den jeweiligen Personen ab, die das Sagen haben. Was ich mir gut vorstellen kann: Hätten wir eine andere ABDA-Spitze, vielleicht mit Personen aus einem oder mehreren der insgesamt acht Kammern und Verbände, wäre die Unterstützung für Bühler durchgegangen. So ist das im Leben.
Die Apothekerkammer Nordrhein schrieb unlängst in einem Brief an die ABDA: „Ein Rx-Versandverbot bleibt das wirksamste Instrument zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit.“ Und deshalb erwarte sie auch, dass die ABDA Maßnahmen ergreife, um Bühler „den Rücken zu stärken“. So eine Rückenstärkung könne auch „durch die Präsenz von hochstehenden Repräsentanten des Apothekerstandes im Zuhörerraum signalisiert werden“. Gemeint ist hier die Teilnahme von ABDA-Vertretern bei der Befragung von Bühler im Petitionsausschuss des Bundestages am Montag, 27. Januar 2020, von 11:00 Uhr bis 14:00 Uhr im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Raum 3.101 (Anhörungssaal). Die Anhörung zur Petition für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist für 12:00 Uhr anberaumt. Doch davon will die ABDA nichts wissen. Mein liebes Tagebuch, da die ABDA so sehr dem Herrn Spahn gefallen und sein Apotheken-Stärkungsgesetz mit aller Kraft unterstützen möchte, kommt sie natürlich nicht in den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Eine Teilnahme sei nicht geplant, verlautete es aus dem Apothekerhaus. Es könnte ja sonst den Anschein haben, die ABDA unterstütze öffentlichkeitswirksam die Petition von Herrn Bühler – was aus ABDA-Sicht unbedingt mit allen Mitteln zu vermeiden ist. Nun, da ist nix mit Rücken stärken, da wird kein Rückgrat gezeigt, da ist nix mit Selbstbewusstsein, da katzbuckelt man lieber. Herr Spahn selbst sieht das übrigens ganz locker, er hat sein Erscheinen im Petitionsausschuss angekündigt, ebenso namhafte SPD-Politiker.
12 Kommentare
Lächerlich
von Meusel am 27.01.2020 um 1:37 Uhr
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Bestürzend
von Reinhard Rodiger am 26.01.2020 um 13:39 Uhr
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AW: Bestürzend ... auch noch ein Misstrauensvotum... das wäre der Ehre zu viel ...
von Christian Timme am 26.01.2020 um 17:09 Uhr
AW: Bestürzend- wenn niemand aufsteht
von Reinhard Rodiger am 26.01.2020 um 17:37 Uhr
UNERTRÄGLICHKEITEN
von Dr.Diefenbach am 26.01.2020 um 12:37 Uhr
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von Anita Peter am 26.01.2020 um 12:14 Uhr
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ABDA-Präsident
von Lars Janzen am 26.01.2020 um 11:28 Uhr
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Schmidt und Abda
von Conny am 26.01.2020 um 11:03 Uhr
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Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit: Stellung der Vertrauensfrage ist notwendig
von Klaus Gärtner am 26.01.2020 um 8:59 Uhr
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Etwas stimmt hier schon lange nicht mehr ...
von Christian Timme am 26.01.2020 um 8:54 Uhr
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AW: Etwas stimmt hier schon lange nicht mehr
von Ulrich Ströh am 26.01.2020 um 9:49 Uhr
AW: Etwas stimmt hier schon lange nicht mehr ...
von Christian Timme am 26.01.2020 um 14:26 Uhr
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