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23. Januar 2020
Nochmal Benedikt Bühler: Wenn er seine Forderung nach einem Rx-Versandverbot am 27. Januar im Petitionsausschuss des Bundestags persönlich erläutern darf, wird er gut gerüstet und mit juristischer Unterstützung antreten können. An seiner Seite wird Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas sein, der ihn begleiten wird. Und Bühler wird mehrere Gutachten in seiner Aktentasche haben, die zeigen, dass das Rx-Versandverbot mit Verfassungs- und Europarecht im Einklang steht – darunter auch die Gutachten, deren Ausgabe ihm die ABDA verweigerte. Ganz ohne Hindernisse kann er dagegen auf das wettbewerbsökonomische Gutachten von May, Bauer und Dettling zurückgreifen, das 2017 um Auftrag der Noweda und des Deutschen Apotheker Verlags erstellt worden war. Außerdem kann er den Abgeordneten noch eine neue Expertise zu diesem Thema vorlegen, eine Dissertation von Christiana Bauer mit dem Titel „Staatliche Maßnahmen zur Erhaltung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung – Eine Betrachtung unter verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Gesichtspunkten“. Mein liebes Tagebuch, angesichts dieser großen Unterstützung von allen Seiten – dämmert es eigentlich der ABDA-Spitze, dass sie sich mit ihrer kleinkarierten und engstirnigen Haltung ins Abseits manövriert?
Als Verbraucher muss man derzeit die Meinung haben, das E-Rezept gibt es schon – ab morgen. Das niederländische Versandhaus DocMorris hat richtig Geld in die Hand genommen und eine Anzeigenkampagne losgetreten, die schon seit einigen Wochen auf vielen Werbeflächen von Deutschlands Hauptbahnhöfen, Flughäfen und in Innenstädten läuft („Das E-Rezept kommt.“). Die Kampagne suggeriert dem Bürger, beim E-Rezept habe dieses Versandhaus die Nase vorne. Den ABDA-Mitgliedern war das zu viel, sie haben die ABDA beauftragt, ebenfalls ein Motiv zum Thema E-Rezept entwerfen zu lassen. Endlich! Jetzt ist’s soweit: Die ABDA legt den Kammern und Verbänden ein Poster und einen Handzettel vor. Der Slogan „Das eRezept kommt – in meine Apotheke vor Ort“. Und dazu noch der Einklinker „#unverzichtbar“ und „Digital sein & persönlich bleiben“. Eigentlich wollte die ABDA noch nicht mit dem Thema E-Rezept werben, da es bekanntlich noch eine Weile dauern wird, bis der Patient sein erstes E-Rezept auf dem Smartphone hat. Aber der Markt drängt – und in der Tat, mein liebes Tagebuch, es wäre eine Katastrophe, wenn der Verbraucher das E-Rezept auf Dauer mit dem grün-weißen Logo aus Holland assoziieren würden. Da muss man dagegen halten, auch wenn es noch relativ früh für dieses Thema ist. So ist das heute.
Nochmal Bühler-Petition und ABDA-Gutachten. Lange hatte es die ABDA-Spitze nicht für nötig erachtet, sich öffentlich über ihre Gründe zu äußern, warum sie die drei Rechtsgutachten nicht an den Petenten Benedikt Bühler herausgeben will. Sie schickte erst ihren Pressesprecher vor, der mit glücklosen Worten vortrug, dass man keine Realisierungschance für ein Rx-Versandverbot sehe und es „natürlich keinen Sinn macht, die Verbotsforderung jetzt wieder durch die Hintertür zu promoten“ – was allerdings Kopfschütteln und Unverständnis auf Seiten vieler ABDA-Mitglieder hervorrief. Erst als dann Druck von einigen Apothekerkammern und Verbänden kam, bequemte sich unsere ABDA-Spitze dazu, ein wenig näher auf Gründe einzugehen. Ja, und schließlich konnte sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auch persönlich nicht den drängenden Fragen entziehen, die ihm die Teilnehmer an der berufspolitischen Diskussion auf dem Pharmacon in Schladming stellten. Dort sagte er, es gebe einen formalen und einen inhaltlichen Grund, die Herausgabe zu verweigern: Formal sei die Petition nämlich ein Instrument für Privatpersonen, nicht für Interessenverbände, weshalb die ABDA die Petition auch nicht unterstützt habe. Und inhaltlich habe sich der Apothekertag dafür ausgesprochen, Spahn und das Apotheken-Stärkungsgesetz zu unterstützen, das Rx-Versandverbot sei nur ein „Nebenweg“, der von dem Vorhaben ablenke und daher zu vermeiden sei. Schmidt nannte das Beharren auf dem Rx-Versandverbot trotz des anderslautenden Apothekertagsbeschlusses „bezüglich der Glaubwürdigkeit der Apothekerschaft eine Katastrophe“. Und er fügte hinzu: „Wir machen uns lächerlich, wenn wir jetzt sagen, das war alles nicht so gemeint‘.“ Mein liebes Tagebuch, wie kann man nur! Seine von ihm genannten Gründe kann man doch nicht wirklich als Gründe zitieren, um einem Pharmaziestudenten, der für das Rx-VV kämpft, die Herausgabe von Gutachten zu verweigern, die ihn bei seinem Vorhaben unterstützen können. Zumal der Apothekertag auch beschlossen hatte, den Gesetzgeber aufzufordern, den Bundesratsbeschluss für ein Rx-Versandverbot in das Gesetzgebungsverfahren zum Apotheken-Stärkungsgesetz „ergänzend einzubringen“. Und glasklar hatte die ABDA-Mitgliederversammlung das Rx-Versandverbot als Handlungsoption bezeichnet! So sieht’s aus, mein liebes Tagebuch. Seit wann macht man sich lächerlich, wenn man für eine Handlungsoption kämpft, zu der sich mittlerweile mehrere Unionspolitiker bekennen. Oh nein, mein liebes Tagebuch, womit haben wir diese ABDA verdient?
Tja, es menschelt eben überall, wie diese persönliche Note zeigt, die Schmidt zum Besten gab und die natürlich noch ins Tagebuch gehört: In Schladming verriet er nämlich sein Geheimnis, wie er es schafft, sich von der Forderung nach einem Rx-Versandverbot zu lösen. Ganz einfach, so Schmidt, man solle einmal laut „Buuuuh“ rufen, sich dann zurücklehnen und nach vorne schauen. Ach was, ist das so einfach? Hmm, mag sein, dass ihm das hilft, dass das ein Teil der Schmidtschen ABDA-Politik ist. Ex-Kammerpräsident Ulrich Krötsch meinte dazu: Man dürfe nach einem „Buuuh“-Ruf nicht einfach das Denken und Handeln einstellen. Mein liebes Tagebuch, das lassen wir dann so stehen.
12 Kommentare
Lächerlich
von Meusel am 27.01.2020 um 1:37 Uhr
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Bestürzend
von Reinhard Rodiger am 26.01.2020 um 13:39 Uhr
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AW: Bestürzend ... auch noch ein Misstrauensvotum... das wäre der Ehre zu viel ...
von Christian Timme am 26.01.2020 um 17:09 Uhr
AW: Bestürzend- wenn niemand aufsteht
von Reinhard Rodiger am 26.01.2020 um 17:37 Uhr
UNERTRÄGLICHKEITEN
von Dr.Diefenbach am 26.01.2020 um 12:37 Uhr
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von Anita Peter am 26.01.2020 um 12:14 Uhr
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ABDA-Präsident
von Lars Janzen am 26.01.2020 um 11:28 Uhr
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Schmidt und Abda
von Conny am 26.01.2020 um 11:03 Uhr
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Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit: Stellung der Vertrauensfrage ist notwendig
von Klaus Gärtner am 26.01.2020 um 8:59 Uhr
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Etwas stimmt hier schon lange nicht mehr ...
von Christian Timme am 26.01.2020 um 8:54 Uhr
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AW: Etwas stimmt hier schon lange nicht mehr
von Ulrich Ströh am 26.01.2020 um 9:49 Uhr
AW: Etwas stimmt hier schon lange nicht mehr ...
von Christian Timme am 26.01.2020 um 14:26 Uhr
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