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Weniger Bürokratie für Versicherte und Apotheken
Zuzahlungsbefreiung: FDP-Politiker will das Bonsammeln abschaffen
Für den FDP-Bundestagsabgeordneten Andrew Ullmann ist das Sammeln von Belegen, um sich von der Zuzahlung befreien zu lassen, von gestern. Er fordert, Versicherte und Apotheken von dieser Bürokratie zu entlasten. Zuvor hatte sich Ullmann bei der Bundesregierung erkundigt, ob der Datenschutz der Verwendung von Abrechnungsdaten zu diesem Zweck entgegensteht. Außerdem will der Mediziner die Bonpflicht für Arzneimittel, die zulasten der GKV abgegeben werden, sofort abschaffen.
Wer sich von der Zuzahlung befreien lassen möchte, hat mehrere Möglichkeiten. So kann der Patient gleich zu Jahresbeginn die Summe überweisen, die seiner individuellen Belastungsgrenze entspricht, und somit alle Zuzahlungen auf einmal erledigen. Oder er nutzt die Kundenkarte der Stammapotheke, die ihm jederzeit eine Übersicht über die geleisteten Zuzahlungen zur Vorlage bei der Kasse ausdruckt. Nicht zuletzt kann er Belege sammeln bis die Belastungsgrenze erreicht ist, und dann damit die Befreiung beantragen. Diese Belege erkennt die Kasse allerdings nur an, wenn sie mit dem Namen des Versicherten versehen sind. Moderne Methoden, wie ein elektronisches Arzneimittelkonto bei der Kasse, das alles erfasst, gibt es zwar teilweise, aber wirklich hausieren gehen die Kassen damit nicht.
Die Frage, warum hier in vielen Fällen so ein Aufwand betrieben werden muss, obwohl die Kassen ohnehin alle Daten haben, scheint die Gemüter erregen. Das zeigen die Reaktionen auf die Berichterstattung auf DAZ.online. Auch Prof. Dr. Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss des Bundestages, ist dadurch auf das Thema aufmerksam geworden. Er hat bei der Bundesregierung angefragt, warum eigentlich Versicherte, die sich befreien lassen müssen, Belege einreichen müssen. So wollte er wissen, ob möglicherweise die Regelungen zum Sozialdatenschutz einer Verwendung der Abrechnungsdaten zur Feststellung der im Laufe eines Jahres geleisteten Zuzahlungen im Wege stehen, oder ob es – falls das nicht der Fall sein sollte – andere Gründe gibt.
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BMG hat keine Datenschutzbedenken
Die Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium liegt DAZ.online nun vor. Dort hat man keine sozialdatenschutzrechtlichen Bedenken, wenn gesetzliche Krankenkassen Abrechnungsdaten zur Feststellung der im Laufe eines Jahres geleisteten Zuzahlungen der jeweiligen Versicherten verwenden. Begründet wird dies damit, dass gesetzliche Krankenkassen gemäß § 284 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V Sozialdaten erheben und speichern dürfen, um den Zuzahlungsstatus zu bestimmen und die Belastungsgrenze zu ermitteln. Und diese rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten dürfen zu diesem Zweck nach § 284 Absatz 3 auch verarbeitet und genutzt werden, so das BMG.
BMG: Aufwand für den Patienten vertretbar, für die Kasse nicht
Das BMG verweist in seiner Antwort aber auch darauf, dass die Kassen nur zeitverzögert und mit einem entsprechenden Verwaltungsaufwand ermitteln können, welche Zuzahlungen einzelne Versicherte gezahlt haben. Demgegenüber bewege sich der für die Versicherten mit dem Nachweis geleisteter Zuzahlungen mittels Zahlungsbelege verbundene Aufwand in einem zumutbaren Rahmen, findet das BMG – zumal den Patienten diese Belege ohnehin vorlägen.
Letzten Einwand lässt Ullmann aber nicht gelten. Dass die Bundesregierung auf einen Verwaltungsaufwand für die Krankenkassen und einen teils erheblichen Zeitverzug abstellt, während der Aufwand für die Versicherten als zumutbar bewertet werde, ist für den Mediziner nicht nachvollziehbar. Die Argumente, die die Bundesregierung vorträgt, sind seiner Ansicht nach nicht stichhaltig. In einer Pressemitteilung erklärt Ullmann: „Das Sammeln von Zuzahlungsbelegen ist von gestern. Den Apotheken und anderen Leistungsbringern sowie den nicht selten chronisch kranken Patienten und ihren Angehörigen werden seit Jahren ohne triftigen Grund eine massive Papierbürokratie und das Nachweisrisiko bei Zuzahlungen aufgebürdet“ Ullmann fordert, dass auch die gesetzlichen Krankenkassen die Digitalisierung endlich zum Wohle der Versicherten nutzen. Anhand der Abrechnungsdaten, die den Krankenkassen vorliegen, könnten heute die Zuzahlungsbefreiungen automatisiert geprüft und entsprechende Befreiungen erstellt werden. Warum das nicht geschehe, sei ihm ein Rätsel. Datenschutzrechtliche Aspekte stünden dem jedenfalls nicht entgegen. Das habe auch die Bundesregierung in ihrer Antwort bestätigt, so Ullmann.
Ullmann will auch Bonpflicht bei GKV-Rezepten abschaffen
In diesem Zusammenhang hat sich Ullmann auch zur Bonpflicht geäußert, in deren Kontext und möglichen Datenschutzbedenken die ganze Diskussion um die Belege für die Zuzahlungsbefreiungen überhaupt aufgekommen war. Die sollte seiner Ansicht nach, für Arzneimittel, Verbandsmittel sowie Hilfsmittel, die zulasten der GKV abgegeben werden, sofort abgeschafft werden. Sie sei bürokratischer und ökologischer Unsinn. Wenn es um die Abgabe von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung geht, mache diese allerdings selbst nach der Lesart der Bundesregierung keinen Sinn, so Ullmann. Der Zweck der Bonpflicht könne hier überhaupt nicht erreicht werden, da Apotheken kein Geld der gesetzlich Versicherten einnähmen. Bei den Zuzahlungen handele es sich weitgehend um durchlaufende Posten könnten sie auch keine Steuern verkürzen, begründet Ullmann seine Forderung.
3 Kommentare
Es ist ganz einfach
von Stefan Haydn am 30.01.2020 um 10:18 Uhr
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Es ist lange her...
von Hummelmann am 29.01.2020 um 19:20 Uhr
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Vertretbarer Aufwand
von Karl Friedrich Müller am 29.01.2020 um 17:38 Uhr
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