Weniger Bürokratie für Versicherte und Apotheken

Zuzahlungsbefreiung: FDP-Politiker will das Bonsammeln abschaffen

Stuttgart - 29.01.2020, 16:30 Uhr

Der FDP-Politiker Andrew Ullmann fordert, Versicherte und Apotheken von Bürokratie bei der Befreiung von Zuzahlungen zu entlasten und die Bonpflicht für Arzneimittel, die zulasten der GKV abgegeben werden, sofort abzuschaffen. ( r / Foto: imago images / Metodi Popow)

Der FDP-Politiker Andrew Ullmann fordert, Versicherte und Apotheken von Bürokratie bei der Befreiung von Zuzahlungen zu entlasten und die Bonpflicht für Arzneimittel, die zulasten der GKV abgegeben werden, sofort abzuschaffen. ( r / Foto: imago images / Metodi Popow)


Für den FDP-Bundestagsabgeordneten Andrew Ullmann ist das Sammeln von Belegen, um sich von der Zuzahlung befreien zu lassen, von gestern. Er fordert, Versicherte und Apotheken von dieser Bürokratie zu entlasten. Zuvor hatte sich Ullmann bei der Bundesregierung erkundigt, ob der Datenschutz der Verwendung von Abrechnungsdaten zu diesem Zweck entgegensteht. Außerdem will der Mediziner die Bonpflicht für Arzneimittel, die zulasten der GKV abgegeben werden, sofort abschaffen.

Wer sich von der Zuzahlung befreien lassen möchte, hat mehrere Möglichkeiten. So kann der Patient gleich zu Jahresbeginn die Summe überweisen, die seiner individuellen Belastungsgrenze entspricht, und somit alle Zuzahlungen auf einmal erledigen. Oder er nutzt die Kundenkarte der Stammapotheke, die ihm jederzeit eine Übersicht über die geleisteten Zuzahlungen zur Vorlage bei der Kasse ausdruckt. Nicht zuletzt kann er Belege sammeln bis die Belastungsgrenze erreicht ist, und dann damit die Befreiung beantragen. Diese Belege erkennt die Kasse allerdings nur an, wenn sie mit dem Namen des Versicherten versehen sind. Moderne Methoden, wie ein elektronisches Arzneimittelkonto bei der Kasse, das alles erfasst, gibt es zwar teilweise, aber wirklich hausieren gehen die Kassen damit nicht.

Die Frage, warum hier in vielen Fällen so ein Aufwand betrieben werden muss, obwohl die Kassen ohnehin alle Daten haben, scheint die Gemüter erregen. Das zeigen die Reaktionen auf die Berichterstattung auf DAZ.online. Auch Prof. Dr. Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss des Bundestages, ist dadurch auf das Thema aufmerksam geworden. Er hat bei der Bundesregierung angefragt, warum eigentlich Versicherte, die sich befreien lassen müssen, Belege einreichen müssen. So wollte er wissen, ob möglicherweise die Regelungen zum Sozialdatenschutz einer Verwendung der Abrechnungsdaten zur Feststellung der im Laufe eines Jahres geleisteten Zuzahlungen im Wege stehen, oder ob es – falls das nicht der Fall sein sollte – andere Gründe gibt.

BMG hat keine Datenschutzbedenken

Die Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium liegt DAZ.online nun vor. Dort hat man keine sozialdatenschutzrechtlichen Bedenken, wenn gesetzliche Krankenkassen Abrechnungsdaten zur Feststellung der im Laufe eines Jahres geleisteten Zuzahlungen der jeweiligen Versicherten verwenden.  Begründet wird dies damit, dass gesetzliche Krankenkassen gemäß § 284 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V Sozialdaten erheben und speichern dürfen, um den Zuzahlungsstatus zu bestimmen und die Belastungsgrenze zu ermitteln. Und diese rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten dürfen zu diesem Zweck nach § 284 Absatz 3 auch verarbeitet und genutzt werden, so das BMG. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Es ist ganz einfach

von Stefan Haydn am 30.01.2020 um 10:18 Uhr

Sehr geehrter Herr Ullmann,

sollten Sie hier mitlesen, ist die Antwort auf Ihre Fragen ganz einfach.

Natürlich könnten die Krankenkassen mit Hilfe der Abrechnungsdaten automatisch Befreiungen veranlassen.

Die Zuzahlung könnte auch automatisch mit den Krankenkassenbeiträgen abgezogen werden, ohne dass Patienten in der Apotheke in "Vorleistung" gehen.

Auch der Herstellerrabatt könnte von den Kassen direkt beim Hersteller eingefordrt werden, ohne bei Insolvenz die Apotheken die Zeche zahlen zu lassen.

Die einfache Antwort:
Die Kassen haben daran kein Interesse, da Ihnen sonst Möglichkeiten zum böswilligen Sparen genommen werden. Sie sind die Zechprellerei und das parasitäre Verhalten bei Patienten und Leistungserbringern zu sehr gewohnt.
Es könnte ja dann auch die Frage auftauchen, welche Leistung Krankenkassenvorstände und der Großteil der dort Angestellten eigentlich für die Patienten erbringen, vor allem wie angemessen das Salär dafür ist.

Mit freundlichen Grüßen, Stefan Haydn

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Es ist lange her...

von Hummelmann am 29.01.2020 um 19:20 Uhr

Es ist lange her, dass ich einen so vernünftigen Vorschlag aus den Reihen der FDP gehört habe. Leider werden derzeit aber vernünftige Vorschläge im Bundesgesundheitsministerium kaum wahr genommen. Je näher die nächsten Wahlen kommen, geht es dort nur noch um effektvolle PR-Auftritte, blinden Aktionismus, Förderung von Kapitalgesellschaften und alles, was man dem Wähler irgendwie als "Reform" verkaufen könnte.
Um einen Regierungs-Zuhörer für einen vernünftigen Vorschlag zu bekommen, hätte Herr Ullmann vielleicht die Worte "Digitalisierung" und "KI" in den Mund nehmen müssen. Obwohl ich selber nicht verstehe, was an einem Zwangs-Papier-Bon digital sein soll.

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Vertretbarer Aufwand

von Karl Friedrich Müller am 29.01.2020 um 17:38 Uhr

Die KK kosten den Beitragszahler ein irres. Geld, obwohl sehr viel Bürokratie outgesourct wird, an Apotheken vor allem, Ärzte und Beitragszahler. Denen ist jeder Aufwand zu viel, fordern aber von anderen immer komplexere Vorgänge, die gefälligst FEHLERFREI und mit MODERNSTEN MITTELN durchzuführen sind. Selbstverständlich ohne Bezahlung, aber mit Retax, falls die Kassen was zu mäkeln haben.

Un-glaub-lich

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