- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
7. Februar 2020
Ein „Dammbruch“, der ein „politisches Beben“ auslöste – mein liebes Tagebuch, mit diesen Worten reagierten die Tages- und die politischen Medien auf das Debakel in Thüringen. Der FPD-Mann Thomas Kemmerich lässt sich mit den Stimmen der Thüringer AfD (mit ihrem rechtspopulistischen Vorsitzenden „Bernd“ Björn Höcke, den man sogar als Faschisten bezeichnen darf) zum Ministerpräsidenten wählen – und nimmt die Wahl an. Sicher, es ging „demokratisch“ zu, aber im Hintergrund war da mehr als eine despektierliche Taktik im Spiel, die zu einer Grenze führte – und diese Grenze überschreitet man als Politiker mit Rückgrat nicht. Nun, Kemmerich ist mittlerweile zwar zurückgetreten, aber das Unverständnis gegenüber der FDP wächst: Ihr Vorsitzender Christian Lindner hatte zwar zuvor eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen, den Wahlvorgang selbst aber nicht kritisiert. Auch das sorgte für Empörung und Kopfschütteln. Was ist in Lindner gefahren, dass er so eine Wahl befürwortet? Wie steht es da eigentlich um die FDP? Das mag sich auch unser ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, langjähriges treues FDP-Mitglied gefragt haben. Seine Antwort: Nach 20-jähriger FDP-Mitgliedschaft tritt er aus der Partei aus. Er schickte seine Austrittserklärung zusammen mit seiner Mitgliedskarte per Post an den Landesverband der FDP in Dresden. Für ihn war sein Verhältnis zu den Liberalen bereits vor einem Jahr „weitgehend zerstört“, wie er es in einem Interview mit dem Magazin „Cicero“ ausdrückte. Sein jetziger Austritt ist konsequent, mein liebes Tagebuch, was zu viel ist, ist zu viel. Nur hätten wir uns, mein liebes Tagebuch, den Austritt Schmidts vielleicht schon zwei, drei Jahre früher gewünscht, als sich abzeichnete, wie „liberal“ sich diese Partei gibt: Das Rx-Versandverbot zum Beispiel war für die FDP, für Lindner von Anfang kein Thema, dafür hatte er kein Verständnis. Und zur letzten Bundestagswahl beschlossen die Liberalen sogar, die Abschaffung des Fremdbesitzverbots ins Wahlprogramm aufzunehmen.
Der Neue ist wie der Alte: Johannes Bauernfeind, seit Jahresbeginn Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, bläst ins Horn seines Vorgängers Christopher Herrmann und tönt: Rabattverträge sind nicht an den Lieferengpässen schuld. Bauernfeind wörtlich: „Das Problem der Lieferengpässe bei Arzneimitteln löst man nicht, indem man pauschal die Arzneimittelrabattverträge kritisiert.“ Ja klar, mein liebes Tagebuch, das war zu erwarten, was soll er auch anderes sagen, wo er doch Nachfolger des Vaters der Rabattverträge ist. Aber es wird halt einfach nicht wahrer und nicht besser, wenn man nicht sehen will, dass Rabattverträge zumindest mitursächlich für Arzneimittel-Lieferengpässe sind. Bauernfeind zeigt sich sogar überzeugt, dass bislang „allein die Mechanik der Rabattverträge zur Verhinderung von Lieferengpässen beitragen“ könne. Tja, mein liebes Tagebuch, man kann sich alles schönreden. Dagegen will Bauernfeind von einer Importförderung nichts wissen. Er versteht nicht, wie man über Exportbeschränkungen diskutieren kann, wenn auf der anderen Seite der Parallelimport auf Apothekenebene gefördert werde. Das wiederum verstehen die Importeure nicht. Sie meinen, die Abschaffung der Importförderung mit dem Ziel, Abflüsse ins besser vergütete Ausland zu verhindern, bringe gar nichts. Die Importeure seien gar „Teil der Lösung“ des Engpass-Problems, sagt Kohlpharma-Geschäftsführer Jörg Geller. Ach ja, wie konnten wir das nur vergessen: Dank AOK mit ihren exklusiven Rabattverträgen und den Importeuren, die „Über- und Untermengen in nationalen Märkten durch Handel zwischen den Märkten zum Teil ausgleichen können“ (O-Ton Geller) sind wir überhaupt noch ein bisschen lieferfähig. Mein liebes Tagebuch, ist diese Situation nicht langsam absurd? Alle tragen angeblich dazu bei, dass es eigentlich gar keine Lieferengpässe gibt – aber wenn wir Apothekers in unsere Schubladen schauen, sehen wir die leeren Fächer und können unsere Patienten nicht versorgen. Ehrlich gesagt, es reicht! Der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), Stefan Hartmann, bringt’s auf den Punkt: Lieferengpässe erreichen kaum vorstellbare Ausmaße, Kernproblem sind die Rabattverträge. Und er fordert endlich einen finanziellen Ausgleich für den Aufwand, den Apotheken mit den Lieferengpässen haben.
18 Kommentare
Lieferfrequenz
von Michael Hennrich am 13.02.2020 um 18:21 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Belieferungsproblematik
von Michael Hennrich am 13.02.2020 um 18:17 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Verhindern
von Bernd Küsgens am 09.02.2020 um 19:21 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten
AW: Verhindern
von Karl Friedrich Müller am 09.02.2020 um 20:04 Uhr
AW: Verhindern
von Conny am 09.02.2020 um 22:07 Uhr
AW: Nachträglich "Verhindern" was 1989 geschah oder etwas daraus machen?
von Christian Timme am 10.02.2020 um 2:16 Uhr
AW: Verhindern
von Karl Friedrich Müller am 12.02.2020 um 11:33 Uhr
Verhindern
von Karl Friedrich Müller am 09.02.2020 um 14:23 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Verhindern
von Anita Peter am 09.02.2020 um 14:47 Uhr
Ignoranz
von Reinhard Rodiger am 09.02.2020 um 14:11 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
POLITISCHES im Forum
von Dr.Diefenbach am 09.02.2020 um 10:42 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: POLITISCHES im Forum ... das was einmal war ... wird "abgelöst" durch Veränderungen die auch Alternativen beinhalten ....
von Christian Timme am 09.02.2020 um 11:31 Uhr
Kranken- und Gesundheitskassen ... den Bock zum Gärtner gemacht ... und alle schauen zu ... bis ...
von Christian Timme am 09.02.2020 um 9:46 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Kranken- und Gesundheitskassen ... den
von Dr.Diefenbach am 09.02.2020 um 12:21 Uhr
.
von Anita Peter am 09.02.2020 um 9:03 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Zahl der Woche
von Ulrich Ströh am 09.02.2020 um 9:02 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Zahl der Woche
von THOMAS Kerlag am 09.02.2020 um 14:07 Uhr
AW: Zahl der Woche
von Anita Peter am 09.02.2020 um 15:04 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.