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Bundesgerichtshof
DocMorris-Zuwendungen landen erneut vor dem EuGH
Der Bundesgerichtshof hat heute in zwei Verfahren über die (Bonus-)Werbung von EU-Versendern entschieden. In einem Fall, in dem es um ein Gewinnspiel von DocMorris ging, hat er den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Die Luxemburger Richter müssen sich nun mit der Frage befassen, ob und wie weit das Zugabeverbot nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung vom Oktober 2016 auch für EU-Versender gilt. Zudem hat er entschieden, dass die frühere Europa Apotheek Privatpatienten Vergünstigungen bei der Rezepteinlösung gewähren darf und diese auch nicht quittieren muss. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sollte das als Appell an seine Politik verstehen.
In zwei Verfahren der Apothekerkammer Nordrhein hat der Bundesgerichtshof (BGH) am heutigen Donnerstag seine Urteile verkündet. Es ging einerseits um eine Klage gegen die mittlerweile in der Shop Apotheke aufgegangene Europa Apotheek. Sie hatte Privatpatienten einen „Sofort-Bonus“ von bis zu 30 Euro pro Rezept angeboten – auch heute findet sich ein solches Angebot noch bei der Shop Apotheke. Das Oberlandesgericht Stuttgart befand diesen Bonus im Dezember 2018 für zulässig.
Ihn auszuloben stelle weder einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfalt noch eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb dar – genau solche Verstöße hatte die Kammer Nordrhein gerügt. Da der Privatpatient für sein Rezept einen Bonus erhalte, der erst später beim Kauf eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels verrechnet werde, werde der Kaufpreis des verordneten Arzneimittels und damit der Erstattungsanspruch des Kunden gegenüber seiner Versicherung nicht gemindert. Daher, so die Stuttgarter Richter, sei der Kunde auch nicht verpflichtet, seinen Versicherer über die Bonusgewährung zu unterrichten.
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Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof nun bestätigt, die Revision der Apothekerkammer hat er zurückgewiesen. Auf die Urteilsbegründung wird man allerdings noch einige Monate warten müssen. Klar ist damit aber: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kann nicht darauf setzen, dass sich das Thema Preisbindung für Privatversicherte im grenzüberschreitenden Arzneimittelversand von alleine regelt. Wenn er nach wie vor nur für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung die Gleichpreisigkeit zwischen EU-Versendern und deutschen Vor-Ort-Apotheken wiederherstellen will, wird er mit ansehen müssen, dass Privatversicherten Boni in Form von Zugaben gewährt werden und die Versicherer davon nichts haben werden. Auch wenn Barrabatte quittiert werden müssen, gibt es Wege für die EU-Versender, Privatversicherte zu locken.
DocMorris-Gewinnspiel vor dem EuGH
Das andere Verfahren betrifft ein an eine Rezepteinlösung gekoppeltes Gewinnspiel von DocMorris aus dem Jahr 2015. Wer mitmachte und ein Rezept einschickte, nahm an der Verlosung eines E-Bikes im Wert von 2500 Euro teil. Zudem waren neun hochwertige elektrische Zahnbürsten ausgelobt. In erster Instanz fiel das Urteil – ergangen nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 – zugunsten von DocMorris aus. Das Landgericht Frankfurt war der Auffassung, die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) müssten nach der EuGH-Entscheidung vom Oktober 2016 europarechtskonform ausgelegt werden – und zwar dahingehend, dass sie hier nicht zur Anwendung kommen. DocMorris meint: Wenn man nach der Entscheidung des EuGH schon uneingeschränkt Rabatte gewähren dürfe, müsse das erst Recht für Gewinnspiele gelten. Zumal die Chance auf den Gewinn gering sei und damit für den Verbraucher weniger wert sei als ein Barrabatt.
Doch das Oberlandesgericht Frankfurt kassierte die Entscheidung der Vorinstanz. Die Teilnahme an dem Gewinnspiel stelle eine unzulässige Zugabe dar, die nicht mehr geringwertig sei. Es liege damit ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 HWG normierte Zuwendungsverbot vor. Die EuGH-Entscheidung habe schon wegen der unterschiedlichen Schutzzwecke von Heilmittelwerberecht und Arzneimittelpreisrecht keinen Einfluss auf die Wertungen des § 7 Abs. 1 HWG.
Vorlagefrage an den EugH
Diesen Streit hat der Bundesgerichtshof nun ausgesetzt und dem Europäischen Gericht vorgelegt.
Die Frage an die Luxemburger Richter lautet:
„Steht es mit den Bestimmungen des Titels VIII und insbesondere mit Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG im Einklang, wenn eine nationale Vorschrift (hier: § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG) dahin ausgelegt wird, dass es einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheke verboten ist, mit der Auslobung eines Gewinnspiels um Kunden zu werben, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel an die Einreichung eines Rezepts für ein verschreibungspflichtiges Humanarzneimittel gekoppelt ist, der ausgelobte Gewinn kein Arzneimittel, sondern ein anderer Gegenstand ist (hier: ein Elektrofahrrad im Wert von 2.500 € und elektrische Zahnbürsten), und nicht zu befürchten ist, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird?“
Anders als im Oktober 2016 geht es diesmal nicht um einen Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht. In diesem Punkt hat der EuGH entschieden, dass EU-Versender sich nicht an die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten müssen. Vielmehr stehen jetzt Fragen des Heilmittelwerberechts im Mittelpunkt – diese hatte der EuGH 2016 ausgeblendet.
1 Kommentar
BGH
von hardt am 20.02.2020 um 17:31 Uhr
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