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20. Februar 2020
DocMorris ist bekanntlich schwer aktiv in Sachen Werbung fürs E-Rezept. Kaum ein größerer Flughafen oder Bahnhof, auf dem nicht DocMorris-Werbeanzeigen zu sehen sind, die ankündigen: „Das E-Rezept kommt. DocMorris, die Apotheke“. Ist zwar noch ein Weilchen hin, bis das E-Rezept wirklich kommt, aber dennoch, die Anzeigen nerven. Und verunsichern unsere Kunden der Vor-Ort-Apotheken. Die ABDA hält nun dagegen, mit neuen Motiven im Rahmen der „Einfach-unverzichtbar“-Kampagne. Die aktuellen Motive wollen deutlich machen, dass das E–Rezept nicht nur zum Versandhandel, sondern auch in die Apotheke vor Ort kommt. Oder dass die Vor-Ort-Apotheke auch „same day delivery“ kann, heißt hier nur anders, nämlich Botendienst. Nette, sympathische Kampagne, mein liebes Tagebuch, schade nur, dass sie vermutlich aus Kostengründen nicht die Bahnhöfe, Flughäfen und Fußgängerzonen abdecken wird, sondern nur in unseren Apothekenschaufenstern zu sehen ist. Aber immerhin, wir sollten diese Plakate aufhängen. Alle!
Bonus-Werbung (bis zu 30 Euro pro Rezept) und Gewinnspiele – das ist das Metier der ausländischen EU-Arzneiversandhäuser, damit kennen sie sich aus, mit diesen Instrumenten ködern sie die Kunden. Mein liebes Tagebuch, ist doch irgendwie das Allerletzte. Aber nein, sagt der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung, ein Versender darf Privatpatienten für ihr Rezept einen Bonus geben, der, so der Trick, erst später beim Kauf eines nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittels verrechnet werde. Dadurch ist der Versicherte nicht verpflichtet, seinen Versicherer über die Bonusgewährung zu unterrichten. Tja, die Versender lassen sich immer neue Tricks einfallen, um an die Rezepte zu kommen. Der Bundesgerichtshof entschied außerdem ein weiteres Verfahren, in dem es um ein Gewinnspiel von DocMorris aus dem Jahr 2015 geht, bei dem die Rezepteinlösung an das Gewinnspiel gekoppelt war: Wer mitmachte und sein Rezept beim Versender einreichte, konnte an der Verlosung eines E-Bikes (Wert 2500 Euro) teilnehmen. Super, oder? Nachdem das Landgericht (pro DocMorris) und das Oberlandesgericht Frankfurt (contra DocMorris) darüber unterschiedlicher Auffassung waren, reichte der Bundesgerichtshof diesen Fall an den EuGH weiter. Die Luxemburger Richter werden nun diese Fragen des Heilmittelwerberechts zu entscheiden haben. Mein liebes Tagebuch, für die Apothekerkammer Nordrhein, die diese beiden Verfahren ins Rollen gebracht hat, und ihren Anwalt Morton Douglas ist klar: Da muss endlich der Gesetzgeber aktiv werden. Immer wieder gibt es durch die Zulassung des Versandhandels für Rx-Arzneimittel massive Probleme, die die geltenden Standards bei der Arzneimittelversorgung aushöhlen. Die Kammer Nordrhein und ihr Anwalt sind vor dem Hintergrund dieser jüngsten Entscheidungen überzeugt, dass Bundesgesundheitsminister Spahn mit seinen Vorstellungen zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit sein Ziel nicht erreichen wird. Das einzige, was jetzt noch helfen könnte, sei und bleibe ein Rx-Versandverbot, so die Kammer Nordrhein. Mein liebes Tagebuch, in der Tat, es wäre naiv, wenn wir glauben, DocMorris und die anderen EU-Versandhäuser finden sich mit dem von Spahn geplanten Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich ab und lassen brav die Finger von irgendwelchen Tricks, Gewinnspielen, Boni und anderen Zugaben. Die Angriffe gegen die deutschen Vor-Ort-Apotheken, gegen unser Arzneimittelpreisrecht und Heilmittelwerberecht gehen weiter. Es soll ausgehöhlt werden mit dem Ziel, es letztlich abzuschaffen – nur der knallharte Wettbewerb zählt, gekämpft wird mit allen Bandagen. Auf der Strecke bleibt die Vor-Ort-Apotheke. Und der Patient hat am Ende das Nachsehen.
8 Kommentare
Antworten
von Michael Hennrich am 03.03.2020 um 8:50 Uhr
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Recht
von Karl Friedrich Müller am 23.02.2020 um 14:30 Uhr
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AW: Recht
von Michael Zeimke am 23.02.2020 um 15:02 Uhr
AW: Recht
von Conny am 23.02.2020 um 15:16 Uhr
Impfen
von Thomas Kerlag am 23.02.2020 um 13:42 Uhr
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ABDA/DAV und das Wiederholungsrezept - gut gemeint ...
von Gunnar Müller, Detmold am 23.02.2020 um 11:13 Uhr
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von Anita Peter am 23.02.2020 um 10:47 Uhr
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Apothekensterben, Apothekenpreise ... und und keiner tut etwas dagegen ... das ist Kommunikation ...
von Christian Timme am 23.02.2020 um 9:23 Uhr
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