Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

23.02.2020, 07:15 Uhr

Wir lernen fürs Apothekerleben: drei Lektionen der Woche! (Foto: Andi Dalferth) 

Wir lernen fürs Apothekerleben: drei Lektionen der Woche! (Foto: Andi Dalferth) 


20. Februar 2020

DocMorris ist bekanntlich schwer aktiv in Sachen Werbung fürs E-Rezept. Kaum ein größerer Flughafen oder Bahnhof, auf dem nicht DocMorris-Werbeanzeigen zu sehen sind, die ankündigen: „Das E-Rezept kommt. DocMorris, die Apotheke“. Ist zwar noch ein Weilchen hin, bis das E-Rezept wirklich kommt, aber dennoch, die Anzeigen nerven. Und verunsichern unsere Kunden der Vor-Ort-Apotheken. Die ABDA hält nun dagegen, mit neuen Motiven im Rahmen der „Einfach-unverzichtbar“-Kampagne. Die aktuellen Motive wollen deutlich machen, dass das E–Rezept nicht nur zum Versandhandel, sondern auch in die Apotheke vor Ort kommt. Oder dass die Vor-Ort-Apotheke auch „same day delivery“ kann, heißt hier nur anders, nämlich Botendienst. Nette, sympathische  Kampagne, mein liebes Tagebuch, schade nur, dass sie vermutlich aus Kostengründen nicht die Bahnhöfe, Flughäfen und Fußgängerzonen abdecken wird, sondern nur in unseren Apothekenschaufenstern zu sehen ist. Aber immerhin, wir sollten diese Plakate aufhängen. Alle!

 

Bonus-Werbung (bis zu 30 Euro pro Rezept) und Gewinnspiele – das ist das Metier der ausländischen EU-Arzneiversandhäuser, damit kennen sie sich aus, mit diesen Instrumenten ködern sie die Kunden. Mein liebes Tagebuch, ist doch irgendwie das Allerletzte. Aber nein, sagt der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung, ein Versender darf Privatpatienten für ihr Rezept einen Bonus geben, der, so der Trick, erst später beim Kauf eines nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittels verrechnet werde. Dadurch ist der Versicherte nicht verpflichtet, seinen Versicherer über die Bonusgewährung zu unterrichten. Tja, die Versender lassen sich immer neue Tricks einfallen, um an die Rezepte zu kommen. Der Bundesgerichtshof entschied außerdem ein weiteres Verfahren, in dem es um ein Gewinnspiel von DocMorris aus dem Jahr 2015 geht, bei dem die Rezepteinlösung an das Gewinnspiel gekoppelt war: Wer mitmachte und sein Rezept beim Versender einreichte, konnte an der Verlosung eines E-Bikes (Wert 2500 Euro) teilnehmen. Super, oder? Nachdem das Landgericht (pro DocMorris) und das Oberlandesgericht Frankfurt (contra DocMorris) darüber unterschiedlicher Auffassung waren, reichte der Bundesgerichtshof diesen Fall an den EuGH weiter. Die Luxemburger Richter werden nun diese Fragen des Heilmittelwerberechts zu entscheiden haben. Mein liebes Tagebuch, für die Apothekerkammer Nordrhein, die diese beiden Verfahren ins Rollen gebracht hat, und ihren Anwalt Morton Douglas ist klar: Da muss endlich der Gesetzgeber aktiv werden. Immer wieder gibt es durch die Zulassung des Versandhandels für Rx-Arzneimittel massive Probleme, die die geltenden Standards bei der Arzneimittelversorgung aushöhlen. Die Kammer Nordrhein und ihr   Anwalt sind vor dem Hintergrund dieser jüngsten Entscheidungen überzeugt, dass Bundesgesundheitsminister Spahn mit seinen Vorstellungen zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit sein Ziel nicht erreichen wird. Das einzige, was jetzt noch helfen könnte, sei und bleibe ein Rx-Versandverbot, so die Kammer Nordrhein. Mein liebes Tagebuch, in der Tat, es wäre naiv, wenn wir glauben, DocMorris und die anderen EU-Versandhäuser finden sich mit dem von Spahn geplanten Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich ab und lassen brav die Finger von irgendwelchen Tricks, Gewinnspielen, Boni und anderen Zugaben. Die Angriffe gegen die deutschen Vor-Ort-Apotheken, gegen unser Arzneimittelpreisrecht und Heilmittelwerberecht gehen weiter. Es soll ausgehöhlt werden mit dem Ziel, es letztlich abzuschaffen – nur der knallharte Wettbewerb zählt, gekämpft wird mit allen Bandagen. Auf der Strecke bleibt die Vor-Ort-Apotheke. Und der Patient hat am Ende das Nachsehen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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8 Kommentare

Antworten

von Michael Hennrich am 03.03.2020 um 8:50 Uhr

Lieber Herr Ditzel,

Sie bekommen natürlich eine Antwort. Bezüglich Versandhandelsverbot habe ich meine Meinung immer sehr klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich für ein Versandelsverbot bin. Ich halte das auch für rechtlich möglich; bisher ist aber kein politischer Wille da, es umzusetzen. Bezüglich Kontrolle von Versendern: Ich habe vor zwei Jahren und vor einem Jahr im Sommer eigentlich eine schöne Kampagne fahren wollen bezüglich hohe Temperaturen und Versandhandel. Mit den Journalisten Mihm und Wallet hatte ich zwei Redakteure, die das groß aufgezogen hätten. Nur so viel; an mir ist es nicht gescheitert. Zum Thema Antibiotikaproduktion in Europa: Fragen Sie mal Herrn Houssini von Roland Berger, wer mit ihm schon vor drei Jahren Konzepte entwickelt hat, wie einem dies gelingen könnte. Auch das wollte man nicht. Beim Thema Flexibilisierung und Veränderungen des Rabattvertragssystem war die AOK mit Ihrem Lobbiissmus erfolgreicher. Und auch beim Thema Mehrfachbelieferung sind die Beharrungskräfte stärker als die, die sich für Veränderungen engagieren. Es bleibt also alles beim Alten, Sie müssen sich keine Sorgen machen.

Liebe Grüße Michael Hennrich

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Recht

von Karl Friedrich Müller am 23.02.2020 um 14:30 Uhr

Alle möglichen Leute haben Rechte. Auf AMTS, auf Bonusgewährung, nicht mit Inspektionen behelligt zu werden, geimpft zu werden, auf mehr Gehalt und weniger Arbeitszeit.
Alle? Nein. Der Apotheker bzw. alle Doofen, die in Apotheken vor Ort arbeiten, gehören nicht dazu. Wahrscheinlich haben wir auch kein Recht auf E-Rezepte, nur auf unausgegorene Gesetze und Vorschriften, die hier schon erwähnt wurden.
Was seltsamerweise in der DAZ nicht erwähnt wurde, waren Streiks bei BEK und AOK für 7% mehr Lohn und weniger Arbeit im Ländle. Den Maden im Speck reicht es noch nicht. Ich ärgere mich dermaßen darüber....
RxVV würde für uns kein „Mehr“, sondern nur den Erhalt des Status quo bedeuten. Gönnt man uns nicht. Man hat uns schon OTC genommen, nun versucht man es bei Rx. Ein Mehr ist nicht drin, auch nicht nach 16 Jahren!
Alle (!) Arzneimittel gehören in die Apotheke vor Ort. Auch die in den Drogerien verkauft werden. Als Medizinprodukte, die eigentlich eher vom Markt müssten...
Den „Monopol“ Schreiern entgegne ich, dass es bei 19.000 Apotheken kein Monopol gibt. Ein Monopol hat vielleicht DocMorris, nämlich zur Abgabe von AM, die keine Probleme machen. So eine Art „Easy“ (nicht-) Apotheke (das hat mit der Kooperation nichts zu tun!). Problemlos liefern geht, alles andere nicht. Keine Lieferung, möglicherweise Rezept zurück, sollen sich andere kümmern (also die Apotheke vor Ort).
Womit wir wieder beim Honorar wären. Die 8,50€ minus 1,77€ Kassenrabatt stellen für die Kassen zwar eine Art All-inclusive Währung dar, wobei die Inhalte beliebig erweiterbar sind, für uns aber eher eine Art Mischkalkulation darstellen. Aufwendiges wird mit Problemlosem querfinanziert. Durch den immer stärkeren Versand entfällt das.
Seit „Ulla“ erhalten wir immer weniger für unsere Arbeit. Die Rohgewinnspanne ist um 10%Punkte gefallen, um ein Drittel!
Trotzdem wird man nicht müde, uns immer mehr Aufgaben aufzupacken.
Immer wieder lese sich, dass wir gar kein anerkannter Bestandteil des Gesundheitswesens sind. Also, wenn schon Aufgaben, dann endlich Anerkennung! Auch Anerkennung unserer Entscheidungen. Retaxverbot!
An Schmidt und der ABDA interessiert mich nur noch, wann die endlich verschwinden. Sie haben uns verraten und verkauft.
Zu Henning: so agieren Politiker! Es hat sich auf Klima „spezialisiert“. Da wird ein vermeintlich populärer Spruch rausgehauen, der Mangels Detailkenntnissen viel Unterstützung bringt. (Möglich, dass der Politiker die auch nicht hat). Jaaaaa, der ist für Klima.........
Unter dem Strich halt nur ein Haufen Unsinn. Agieren tun die lieben Politiker sowieso gaaaanz anders. Entsprechend den „Spenden“ aus der Industrie und Konzernen. Lässt sich alles nachlesen....
Ach so, nun lese ich eben in der DAZ, so beiläufig erwähnt, dass man sich nun beeilen solle mit der TI Anbindung.
Eben noch gewarnt von den Verbänden, nun das Gegenteil? Könnten die Warner dann nicht selbst grünes Licht geben?
Ich fühle mich nur noch verarscht. Falsch informiert.
Diese Digitalisierung ist ein heilloses Durcheinander!
Gewollt, vermutlich, damit die „richtigen“ Leute zum Zug kommen.

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AW: Recht

von Michael Zeimke am 23.02.2020 um 15:02 Uhr

@ Karl Friedrich Müller,
nur zur Kenntnis. Unsere Honorarerhöhungen sind Ihnen bekannt.
Honorarzuwachs Ärzte in NIedersachsen.
3tes Quartal 2017 bis 3tes Quartal 2019
Fachärzte + 10,1 Prozent
Hausärzte + 6,7 Prozent.
Ich wollte Ihnen den Sonntag nicht verderben.
Gruß

AW: Recht

von Conny am 23.02.2020 um 15:16 Uhr

Der Mann heisst Hennrich ! ...und nicht Henning

Impfen

von Thomas Kerlag am 23.02.2020 um 13:42 Uhr

Klar. Wenn Apotheken defizitär werden nimmt man noch etwas berufsfremdes Defizitäres hinzu, wenn es ein Apotheker macht. Und dann auch noch im Hauptstudium! Darüber hinaus plädieren die Studierenden auch noch für den Postboten, damit das bisschen was es (kostenlos) zu beraten gibt auch noch an ihnen vorbeigeht. Um etwas anderes nachhaltiges aufzubauen sollte man zuerst um das Brot und Buttergeschäft ringen.
Schon richtig, alles aus der Not geborene wirre Ideen. Die Frage ist doch, "Warum Pharmazie"
Man schaue sich doch die Referenten bei den sogenannten "pharmazeutischen Kongressen" für die öffentliche Apotheke an.
Selbst ein mit mir befreundeter Arzt bemerkte, dass da nur Ärzte referieren. Wer Talent hat muss doch nicht einen Beruf erlernen in den man nicht wirklich etwas für den Patienten mitzuentscheiden hat. Dazu werden die Apotheker viel zu unterwürfig bleiben und deshalb
als Akademiker in der Apotheke entbehrlich.

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ABDA/DAV und das Wiederholungsrezept - gut gemeint ...

von Gunnar Müller, Detmold am 23.02.2020 um 11:13 Uhr

Ist noch lange nicht gut gemacht!
In einer Woche könnte es Wiederholungsrezepte geben – und keiner ist darauf vorbereitet, wie mit diesen umgegangen werden soll (oder habe ich da etwas verpasst? Ich werde diese also – wie bereits jetzt bei den Quartals- und Jahresverordnungen für Inko-Hilfsmittel oder den Monats-Ernährungsverordnungen – wie bisher einzeln pro Patient ablegen/sortieren/verwalten, mehrfach kopieren [was für ein Aufwand!], jeweils einzeln erfüllen, bedrucken und abrechnen).

Aber es gibt auch andere, ich möchte sie einmal „Absurditäten des Apothekenalltags“ nennen:
- dern Rahmenvertrag mit Ankerpreis, 4-Billigsten-Prinzip, Re-Import-Regel, aut-idem-/Rabattvertragsfalle bei Reimport-Vertragsmedikamenten
- die per Gesetz jüngst beschlossene aber ansonsten noch ungeregelte Durchführung der Mehrkostenübernahme durch die KrankenKassen bei Lieferunfähigkeit (sic: warum eigentlich nur bei Rabattvertragsarzneimitteln?)
- AMK Meldungen/Hinweise, ohne Rückgrat „durchgeschobene“ Weisungen, die nicht durchführbar sind (Otriven, Emmerade)
- die DSGVO und die KVen: Keine Auskunft mehr über die Besetzung von Notfalldienstpraxen (ein GAU für jede kleine Apotheke an Sonn- und Feiertagen) und Kammer und ABDA schauen zu

Wozu brauche ich da noch eine - so immer noch genannte - „Berufsvertretung“..?!!

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von Anita Peter am 23.02.2020 um 10:47 Uhr

Spahn, ABDA und ausländische Versender gemeinsam gegen die Vor Ort Apotheken. Und alle schauen tatenlos zu. Es ist unglaublich.

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Apothekensterben, Apothekenpreise ... und und keiner tut etwas dagegen ... das ist Kommunikation ...

von Christian Timme am 23.02.2020 um 9:23 Uhr

Ein Kommentar ist ja bereits Kommunikation ... da hilft dann der "Dritten Prüfungsabschnitt" auch nicht mehr ... damit hätten wir den ersten Punkt schon abgearbeitet. Jetzt zum zweiten Punkt ... 30 Euronen vom Versender stehen gegen diese "Apothekenpreise" ... wobei die "20 Mrd." ... WO WAREN DIE NOCH MAL ... gerne "vergessen" werden ... und das war dann schon der dritte Punkt ... hat nichts mit dem Prüfungsabschnitt zu tun ...

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