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21. Februar 2020
Die jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Werbemaßnahmen von zwei großen EU-Arzneimittelversendern sind ein echter Dämpfer für den einheitlichen Rx-Arzneimittelpreis – jedenfalls so, wie ihn der Bundesgesundheitsminister Spahn erhalten will. Denn laut einem dieser Urteile dürfen EU-Versender den privatversicherten Personen durchaus auch weiterhin Boni auf Rezepte gewähren, Boni, die später dann beim Kauf von Nicht-Rx-Arzneimitteln verrechnet werden können. Mein liebes Tagebuch, und schon beginnt der Boni-Wildwuchs. Glaubt da noch jemand, dass sich das auf die Käufe von PKV-Versicherten bei EU-Versendern beschränken lässt? Da werden die deutschen Versandapotheken doch nachziehen wollen und den PKV-Versicherten Boni geben wollen. Und wer weiß, was danach kommt. Die Apothekerkammer Nordrhein sieht in den BGH-Entscheidungen einen unmissverständlichen Appell an Spahn, sein Vorhaben zu überdenken. Aus Sicht der Kammer könne nur ein Rx-Versandverbot die Verwerfungen auf dem Apothekenmarkt lösen. Und was sagt die ABDA dazu? Sie hat zwar auch ein flaues Gefühl im Bauch, hält aber eisern am Apotheken-Stärkungsgesetz fest und appelliert an die Bundesregierung, es schnellstmöglich in den Bundestag einzubringen. Das Wort Rx-Versandverbot kommt ihr nicht mehr über die Lippen. Sie setzt auf die Spahnsche Gleichpreisigkeit – nur für die GKV-Patienten. Tja, mein liebes Tagebuch, und die PKV-Patienten freuen sich über Boni en masse. Wie lange geht das dann gut?
Jeder Patient, der mehr als drei Arzneimittel einnimmt, sollte ein „Recht auf AMTS“, also auf Maßnahmen zur Arzneimitteltherapiesicherheit in der Apotheke haben. Mein liebes Tagebuch, keine schlechte Idee! Und eigentlich wär’s selbstverständlich, aber leider sind wir wohl noch nicht ganz so weit, da braucht’s noch Fort- und Weiterbildung und mehr. Immerhin, das „Recht auf AMTS“ für die Patienten haben sich die Apothekenkooperationen Migasa und Alphanet auf ihre Fahnen geschrieben. Sie haben dafür sogar ein gemeinsames Unternehmen, die Viandar GmbH, gegründet, an der sich inzwischen sogar der Hausärzteverband Nordrhein beteiligt hat. Um das „Recht auf AMTS“ Wirklichkeit werden zu lassen, will die Viandar verschiedene Bausteine unter dem Label „Medikationsmanagement 360°“ zusammenführen: berufsübergreifend abgestimmte Workflows, eine gemeinsame Plattform und ein gemeinsames Netzwerk für Hausarztpraxen und teilnehmende Apotheken, eine intuitiv zu bedienende und lernende AMTS-Software, die als Medizinprodukt zugelassen ist, Selektivverträge zwischen Apotheken, Hausärzten und Krankenkassen sowie eine Fortbildungsakademie mit Präsenz- und Online-Schulungen. Begeistert über dieses Projekt zeigt sich auch Gabriele Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe: „Jeder Patient – wenn ich ihn denn würdevoll behandeln will – hat ein Recht auf AMTS“. Um Nägel mit Köpfen zu machen, verabschiedeten die Apothekenkooperationen zusammen mit der Ärzte- und Apothekerkammer die „Bad Driburger Erklärung“, die den Gesetzgeber auffordert, die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass jeder multimorbide Patient in Deutschland das Recht auf eine Medikationsanalyse bekommt. Mein liebes Tagebuch, ein innovativer Ansatz, hoffen wir, dass er sich durchsetzt.
8 Kommentare
Antworten
von Michael Hennrich am 03.03.2020 um 8:50 Uhr
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Recht
von Karl Friedrich Müller am 23.02.2020 um 14:30 Uhr
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AW: Recht
von Michael Zeimke am 23.02.2020 um 15:02 Uhr
AW: Recht
von Conny am 23.02.2020 um 15:16 Uhr
Impfen
von Thomas Kerlag am 23.02.2020 um 13:42 Uhr
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ABDA/DAV und das Wiederholungsrezept - gut gemeint ...
von Gunnar Müller, Detmold am 23.02.2020 um 11:13 Uhr
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von Anita Peter am 23.02.2020 um 10:47 Uhr
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Apothekensterben, Apothekenpreise ... und und keiner tut etwas dagegen ... das ist Kommunikation ...
von Christian Timme am 23.02.2020 um 9:23 Uhr
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