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Nachwuchsmangel
Thüringer Landtag diskutiert den „Klebeeffekt“ nach dem Pharmaziestudium
Die flächendeckende Gesundheitsversorgung gilt besonders in ländlichen Regionen als gefährdet. Um diese zu sichern, wird oft eine Erhöhung der Studienplätze in den Fächern Medizin und Pharmazie gefordert. Die Fraktion der FDP in Thüringen brachte das Thema Ende Januar in den Landtag ein. Unterstützung erhielt sie bei der Debatte des Antrages aus den Reihen der CDU. Die Grünen hingegen kritisieren, dass der sogenannte „Klebeeffekt“ zu kurz gedacht sei und fordern, genau wie SPD und Linke, weitergreifende Maßnahmen. Die AfD ist offen für private Hochschulen.
Die FDP Thüringen macht sich aufgrund „der zunehmenden Überalterung“ der Fachkräfte Sorgen um die flächendeckende Gesundheitsversorgung in ihrem Bundesland. In einem Antrag (Drucksache 7/26) von Ende November wird die Landesregierung daher auffordert, bis Ende April ein Konzept zum Ausbau der Studienplatzkapazitäten vorzulegen. Der FDP-Abgeordnete Robert-Martin Montag erklärte während der Debatte am 31. Januar im Landtag, das Durchschnittsalter der Apotheker in Thüringen sei knapp 50 Jahre, ein ähnliches Bild zeige sich in der Medizin. Ein Problem bestehe jetzt zwar noch nicht, aber in einigen Jahren, wenn die alten Generationen in den Ruhestand gehen, benötige man vermehrt junges medizinisches und pharmazeutisches Personal.
Die CDU stellte einen Änderungsantrag (Drucksache 7/85), in dem die FDP-Forderungen sogar noch verschärft werden: Die Christdemokraten fordern einen bereits bis Ende September erfolgten Ausbau der Kapazitäten an der Friedrich-Schiller-Universität Jena um 10 Prozent.
SPD-Staatssekretärin Kerst: Das ist unerfüllbar
Die Staatssekretärin für Wirtschaft und Digitale Gesellschaft, Valentina Kerst, nannte die Forderungen „schlicht unerfüllbar“. Denn eine Erhöhung um 10 Prozent entspräche zwar nur einer Anzahl von 26 Studienplätzen in der Medizin und 8 in der Pharmazie, dies würde aber laut Kalkulationen der FSU zufolge Mehrkosten von je 3,6 Millionen und 1,3 Millionen Euro pro „Kohorte“ (Die FSU nimmt nur zum Wintersemester neue Pharmaziestudierende auf) mit sich bringen. Darüber hinaus wäre ein räumlicher Aus- oder gar Neubau der Institute nötig, um die Kapazitäten weiter zu erhöhen. Diese Kosten könnten nicht allein durch die Universität und das Universitätsklinikum getragen werden, sondern müssten durch den Landeshaushalt bereitgestellt werden. „Wer A sagt wie Aufnahmekapazität erweitern, der muss auch B sagen, nämlich das Budget entsprechend erhöhen“, so Kerst.
Die Grünen kritisierten den verallgemeinernden Ansatz der FDP und CDU: Die Relation von Einwohnern pro Apotheke sei sogar gesunken. Während 2007 noch 4901 Einwohnerinnen und Einwohner auf eine Apotheke zusammengekommen seien, wären es 2007 trotz sinkender Apothekenzahlen nur noch 3940. Das eigentliche Problem sei, dass die Absolventen nicht dort ankämen, wo sie gebraucht werden: Approbierte ergriffen teilweise lieber versorgungsfreie Berufe oder zögen schlicht weg. Es benötige daher erst eine Ursachenforschung, bevor man „mit einfachen Antworten auf komplexe Probleme“ zu reagieren versuche.
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Weitergreifende Lösungen müssen her
Der CDU-Abgeordnete Christoph Zippel konterte, dass man angesichts der Ausbildungsdauer das Problem zügig angehen müsse. Darüber hinaus wolle man eine Landarztquote sowie eine stärkere Gewichtung bei der Zulassung zum Studium. Ehrenamtliches Engagement spräche oft auch für eine „Verwurzelung vor Ort“, so Zippel. Die „sonstige Eignung“ wurde im Kontext um den neuen Staatsvertrag zur Zulassung für die Studiengänge Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin und Pharmazie bereits oft diskutiert. In der neuen Version, welche durch die Ministerpräsidentenkonferenz bereits im März 2019 beschlossen wurde, erhielt die Eignungsquote allerdings nur 10 Prozent. Notenunabhängige Kriterien sollen ab dem Sommersemester 2020 außerdem auch im Verfahren der Hochschulen (nach wie vor 60 Prozent) Beachtung finden.
In ihrem Wahlprogramm hatte sich die SPD zuvor explizit für eine Erweiterung des Instituts für Pharmazie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena ausgesprochen, mit dem Ziel, einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel bei approbierten Apothekern in Deutschland zu leisten. Dies alleine stelle die Versorgung in Thüringen aus den bereits genannten Gründen jedoch noch nicht sicher, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Lutz Liebscher. Man solle daher die Voraussetzungen für Fachkräftezuwanderung schaffen und eine Ausweitung des Thüringen-Stipendiums sowie eine Landarztquote diskutieren.
Die Linke sieht außerdem Probleme durch das finanzielle Risiko, welches mit der Übernahme einer Praxis bzw. Apotheke verbunden ist. Christian Schaft beruft sich dabei auf eine Umfrage des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V. (BPhD), laut der sich nur ca 40 Prozent der Studierenden vorstellen können, später eine eigene Apotheke zu übernehmen. Man müsse den Übergang von der Ausbildung in die Niederlassung erleichtern.
AfD ist offen für private Hochschulen
Die AfD lehnte eine Erhöhung der Studienplätze in Jena ab, man solle lieber andere Standorte prüfen. Der Ausbau der Studienplätze allein sei deshalb keine nachhaltige Lösung, da man im Gesundheitswesen einen steigenden Frauenanteil zu verzeichnen habe und die „Neigung von Frauen, eine Praxis zu übernehmen, […] wegen der problematischen Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich geringer [sei] als bei Männern“. Sie befürworte hingegen die Ansiedlung privater medizinischer Hochschulen zur Erhöhung der Studienplatzkapazitäten in strukturschwachen Regionen.
Die Fraktion sehe die Probleme aber vor allem in der Abwanderung von medizinischen Fachkräften ins Ausland, dies sei Migration „sogar ohne Migrationsbeauftragten, ohne Kulturkämpfe oder Kriminalitätsprobleme“, aber „beide Arten von Migration schaden unserem Land immens“, so der AfD-Abegordnete Dr. med Wolfgang Lauerwald. Gründe hierfür seien eine leistungsfeindliche Budgetierung der Leistungen und eine ausufernde Bürokratie.
4 Kommentare
Fehler im Text
von C. Goebel am 25.02.2020 um 22:38 Uhr
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Entwickung
von Holger am 25.02.2020 um 9:59 Uhr
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Ursachenforschung - der war gut !
von ratatosk am 25.02.2020 um 8:39 Uhr
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Klebeeffekt
von Roland Mückschel am 24.02.2020 um 15:38 Uhr
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