Notfallzulassung durch die FDA

Wie funktioniert der neue SARS-CoV-2-Test von Roche?

Stuttgart - 13.03.2020, 14:00 Uhr

Roche hat von der US-Aufsichtsbehörde FDA die Notfall-Zulassung für einen neuen SARS-CoV-2-Test erhalten. Krankenhäuser und Labore sollen damit große Mengen an Proben zeitgleich analysieren können. (m / Foto: Roche Diagnostics)

Roche hat von der US-Aufsichtsbehörde FDA die Notfall-Zulassung für einen neuen SARS-CoV-2-Test erhalten. Krankenhäuser und Labore sollen damit große Mengen an Proben zeitgleich analysieren können. (m / Foto: Roche Diagnostics)


Der Pharma- und Diagnostikkonzern Roche hat von der US-Aufsichtsbehörde FDA die Notfall-Zulassung für einen neuen SARS-CoV-2-Test erhalten. Wie Roche am Freitag mitteilte, soll der Test auf all jenen Märkten erhältlich sein, die eine CE-Kennzeichnung akzeptieren, also auch in der EU. Laut Roche können Krankenhäuser und Labore damit große Mengen an Proben zeitgleich analysieren, für 96 Proben soll nach dreieinhalb Stunden ein Ergebnis vorliegen. Nachgewiesen wird SARS-CoV-2 selbst mittels Real-Time-PCR.

Die Cobas-Testsysteme von Roche sind bereits seit einigen Jahren in der molekularen Diagnostik im Einsatz. Eine Vielzahl von Erregern lässt sich mit ihnen nachweisen, zum Beispiel HPV, HIV sowie Hepatitis B und C oder das West-Nil-Virus. Je nach Erreger sind qualitative und teils auch quantitative (bei HIV) Tests möglich, und zwar im Hochdurchsatzverfahren. Bis zu 960 Tests sollen innerhalb von 8 Stunden möglich sein in Abhängigkeit des eingesetzten Systems. Die ersten 96 Ergebnisse sollen die Geräte innerhalb von 3,5 Stunden liefern können.

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 Qualitativer Test auf dem Prinzip der Real-Time-PCR

Wie am heutigen Freitag bekannt wurde, hat Roche nun von der FDA die Notfallzulassung für einen weiteren Test bekommen – auf das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2. Laut Roche soll er für die Cobas-Diagnostik-Systeme (Cobas 6800/8800) auf allen Märkten erhältlich sein, die eine CE-Kennzeichnung akzeptieren. Dazu gehören auch die Länder der europäischen Union. Laut Roche sind die erforderlichen Geräte auf der ganzen Welt weithin vorhanden.

Der qualitative Test basiert auf dem Prinzip der Real-Time-PCR (siehe Kasten). Neben der spezifischen Detektion von Nukleinsäuren von SARS-CoV-2 adressiert er laut Mitteilung von Roche auch noch eine Sequenz, die für Sarbecoviren spezifisch ist – das ist die Untergattung zu der auch SARS-CoV-2 gehört. Roche bezeichnet das als „Dual-Target Prinzip“ und setzt bei vielen Tests der Cobas-Reihe darauf. Als Probenmaterial eignen sich Abstriche aus dem Nasen- und Rachenraum.

Real-Time-PCR

Die Real-Time-PCR (= Polymerase-Kettenreaktion in Echtzeit) ist eine Vervielfältigungsmethode für Nukleinsäuren, die auf dem Prinzip der herkömmlichen PCR beruht, aber zusätzlich die Möglichkeit der Quantifizierung bietet (deswegen auch oft als quantitative PCR = qPCR bezeichnet) und zudem die Amplifikation der Nukelinsäuren und deren Nachweis in einem einzigen Schritt ermöglicht. 

Bei der herkömmlichen PCR müssen nach der Amplifikation mit einer bestimmten, vorher festgelegten Anzahl von Zyklen in einem zweiten Schritt die Produkte mittels Gelelektrophorese nachgewiesen werden. Bei der Real-Time-PCR hingegen werden fluoreszierende Farbstoffe zur Markierung von PCR-Produkten bereits während der Vervielfältigung der Nukleinsäuren verwendet. 

Die verwendeten Geräte, die aus einer Kombination eines Thermocyclers (wie er vom Prinzip her auch bei herkömmlichen PCR eingesetzt wird) mit einem Fluoreszenz-Analysator bestehen, messen die Anreicherung von Fluoreszenzsignalen während der exponentiellen Phase der Reaktion. Die Vervielfältigung der DNA-Sequenz kann also in Echtzeit beobachtet werden.

Moderne Realtime-PCR-Geräte kommen praktisch ohne Probenvorbereitung aus und können daher in der patientennahen Sofortdiagnostik eingesetzt werden.

Virus- versus Antikörpernachweis

Somit setzt der Roche-Test ebenso wie die etablierten, derzeit im Verdachtsfall durchgeführten PCR-Tests auf den direkten Virus-Nachweis, was Experten zufolge einen Nachweis zu einem sehr frühen Zeitpunkt nach einer Infektion ermöglicht. Derzeit massiv beworbene Schnelltests hingegen detektieren nicht das Virus selbst bzw. dessen Nukleinsäuren, sondern Antikörper. Experten warnen daher vor deren Einsatz. Denn Antikörper seien bei Virusinfektionen wie mit dem SARS-CoV-2 meist frühestens erst eine Woche nach Erkrankungsbeginn nachweisbar, in der Regel sogar erst nach 14 Tagen, wie zum Beispiel die Ärztliche Leiterin der Diagnostik im Institut für Virologie, Universitätsklinikum Freiburg, Dr. med. Daniela Huzly, erklärt. Für SARS-CoV-2 lägen noch gar keine gesicherten Erkenntnisse hierzu vor. Daher benötige jeder „Schnelltest“ die Bestätigung durch einen PCR-Test aus einem Abstrich. Denn nur der Nachweis von SARS-CoV-2 selbst lasse zuverlässig den Rückschluss zu, dass eine Person zum Zeitpunkt der Untersuchung auch infiziert sei. Die Schnelltests würden mit der hohen Sicherheit bei negativen Ergebnissen beworben, dabei könne der Antikörper-Schnelltest noch negativ, die Person aber bereits hoch infektiös sein und im PCR-Test positiv getestet werden. Hier würden Patientinnen und Patienten in falscher Sicherheit gewogen, kritisieren die Experten.

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Allerdings empfiehlt übrigens auch Roche, Patienten die auf ihrem System negativ getestet wurden, weiter zu beobachten. Negative Ergebnisse schließen eine SARS-CoV-2-Infektion nicht aus und sollten nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage für zu ergreifende Maßnahmen verwendet werden, heißt es. Negative Ergebnisse müssen mit klinischen Beobachtungen, Patientenanamnese und epidemiologischen Informationen kombiniert werden, empfiehlt Roche – möglicherweise vor allem aus juristischen Gründen.

Auch nach positivem Schnelltest PCR-Absicherung empfohlen

Die Hersteller der Antikörper-Tests wehren sich gegen die negative Einschätzung. In ihren Augen eignen sich die sogenannten Point-Of-Care-Tests für das schnelle und kostengünstige Screening einer großen Anzahl von Menschen, die bereits Symptome aufweisen. Insbesondere in Gebieten mit vielen Betroffenen stelle der Schnelltest eine Möglichkeit dar, schnell zu ermitteln, welche Getesteten nicht infiziert sind und welche weiter untersucht werden müssen. Denn auch nach einem positiven Schnelltest empfehlen die Hersteller zur Absicherung noch einen PCR-Test.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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