Coronavirus

Neue Parallelexport-Verbote für Medikamente in Großbritannien

Remagen - 25.03.2020, 16:15 Uhr

In Großbritannien stehen jetzt schon mehr als 80 Präparate auf der Liste der nicht mehr exportierbaren Arzneimittel. (r/ Foto: imago images / Lichtgut)

In Großbritannien stehen jetzt schon mehr als 80 Präparate auf der Liste der nicht mehr exportierbaren Arzneimittel. (r/ Foto: imago images / Lichtgut)


Großbritannien hat bei den Verboten zum Parallelexport von Arzneimitteln kräftig nachgelegt. Jetzt stehen schon mehr als 80 Medikamente auf der Liste. Das Land schlägt sich nicht nur mit Ausbreitung des Coronavirus herum. Es muss auch noch mit dem Brexit klarkommen.

In Europa haben derzeit viele Länder mit verschärften Arzneimittelengpässen zu kämpfen. Großbritannien könnte es in absehbarer Zeit besonders hart treffen. Die Coronakrise lastet schwer auf dem ohnehin angeschlagenen Gesundheitssystem. Hatten doch zahlreiche Ärzte und Angehörige des Pflegepersonals das Land infolge des Brexits verlassen. Nun fehlt es wie vielerorts an allen Ecken und Enden.

Auch Ausfälle in der Arzneimittelversorgung werden befürchtet. Aus diesem Grund hatte Großbritannien erstmals Anfang Oktober letzten Jahres den Parallelexport bestimmter Arzneimittel verboten.

Liste sukzessive aufgestockt

Betroffen waren unter anderem sämtliche Produkte für die Hormonersatztherapie, Hepatitis-B-Impfstoffe und das Influenzamittel Oseltamivir. Im November und Dezember war die Liste sukzessive erweitert worden, unter anderem mit einer Reihe von Impfstoffen. Seit dem 25. Februar 2020 dürfen auch Lopinavir plus Ritonavir, Chloroquin-Phosphat und Azathioprin nicht mehr parallelexportiert werden und seit dem 13. März auch Hydroxychloroquin. Auf dem Malariamittel ruhen große Hoffnungen für die Behandlung von COVID-19.

Zahlreiche Präparategruppen betroffen

Nun haben die Briten das Verbots-Sortiment noch einmal tüchtig aufgestockt. Die Maßnahme soll laut einer Mitteilung dazu beitragen, dass es in NHS-Krankenhäusern keine Versorgungsunterbrechungen in der Behandlung von Coronavirus-Patienten gibt.

Die neuen Einschränkungen betreffen unter anderem Pharmaka wie:

  • Adrenalin, Noradrenalin,
  • zahlreiche Antibiotika aus verschiedenen Gruppen (Cephalosporine, Makrolide, Aminoglykoside, Beta-Lactame, Glycopeptide, Fluorchinolone),
  • Herz-Kreislauf-Therapeutika, darunter Blutdrucksenker und Antiarrhythmika,
  • Opiate (u.a. Morphin, Fentanyl),
  • Protonenpumpeninhibitoren (zum Beispiel Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol),
  • Benzodiazepine (Midazolam),
  • bestimmte Notfallmedikamente (z.B. Dobutamin),
  • Präparate für die Hämofiltration (z. B. Hemosol B0 und Prismasol 4),
  • Narkosemittel (Propofol, Remifentanil),
  • Calcium und Magnesium

Die komplette Verbotsliste ist hier abrufbar. Alle Arzneimittel auf der Liste seien in ganz Europa sehr gefragt, heißt es in der Mitteilung des Gesundheitsministeriums, da die Gesundheitssysteme durch das Coronavirus zunehmend unter Druck gerieten. Die Beschränkungen seien eine Standardmaßnahme, um potenziellen Medikamentenmangel zu bewältigen und britische Patienten zu schützen. Unternehmen, die ein Arzneimittel parallelexportieren, müssen mit harten Durchsetzungsmaßnahmen der Regulierungsbehörde (MHRA) rechnen und riskieren, dass ihnen bei schwerwiegenden Verstößen ihre Handelslizenz entzogen wird.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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