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1. April 2020
Das hielten wohl einige für einen Aprilscherz: Spahn will die E-Rezept-Pflicht ab 2022. Weit gefehlt, war kein April-Scherz, mein liebes Tagebuch, unser Gesundheitsminister meint es ernst. Ab 2022 soll es verpflichtend (bis auf wenige Ausnahmen) nur noch E-Rezepte geben. Also nichts mit ewig langer Übergangszeit oder E-Rezept nur als Empfehlung. Nein, Papierrezepte soll es ab 1. Januar 2022 im Normalfall nicht mehr geben. Ärzte und Zahnärzte, auch in Kliniken, sind verpflichtet, Rezepte nur noch digital auszustellen – Ausnahmen sind nur BtM- und T-Rezepte. Das Bundeskabinett hat dies im Rahmen des Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) bereits beschlossen. Mein liebes Tagebuch, da hat wohl die Corona-Krise ein bisschen nachgeholfen, die Krise, die zeigt, dass das Einlösen von Rezepten wohl sicherer wäre, wenn es denn schon digital vorläge. Und, liebe ABDA, schaffen wir das bis 2022? Ja, sagt unsere Berufsvertretung, das sei technisch machbar bis 2022. Bedenken hat die ABDA allerdings wegen unseren Patienten: Gerade Ältere, vor allem Patienten ohne Smartphone (soll es noch geben) müssten die Möglichkeit haben, ein E-Rezept ohne technische Hilfsmittel zu nutzen. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, befürchtet, dass durch die E-Rezeptpflicht Hürden für Ältere und weniger technikaffine Menschen entstehen könnten. Und der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich möchte nicht, dass bestimmte Patientengruppen dadurch benachteiligt werden. Die Sorgen dürften unbegründet sein, mein liebes Tagebuch: Vorgesehen ist, dass diese Patienten dann einen ausgedruckten QR-Code bekommen, den sie in der Apotheke vorlegen können. Also, alles machbar.
Was übrigens auch in die Kabinettsvorlage zum Patientendaten-Schutzgesetz kam: Mit E-Rezepten darf kein Handel betrieben werden. Gut so! Die freie Apothekenwahl bleibt erhalten, und für Dritte ist es unzulässig, Verschreibungen, auch in elektronischer Form, zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren.“ Jetzt geht’s mit Volldampf in die E-Rezept-Zukunft.
DocMorris nutzt die Corona-Krise, um sich als deutsche Apotheke zu präsentieren: Der niederländische Versender, eine Tochter des Schweizer Zur Rose-Konzerns, beteiligt sich an der Initiative „Deutschland gegen Corona“. Das ist eine Aufklärungskampagne, die mit zwölf verschiedenen Plakaten und in einem Video auf Maßnahmen zur Unterbrechung der Corona-Infektionsketten hinweist. Bei der Initiative machen neben DocMorris unter anderem das ZDF, die Deutsche Bank und die DAK mit. Mein liebes Tagebuch, das ist wieder einmal typisch für dieses Versandhaus für Arzneimittel: Es möchte gern Apotheke sein, den guten Ruf der deutschen Apotheke haben, aber als ausländisches Unternehmen eigene Preisgestaltungen wahrnehmen und auf keinen Fall die Pflichten einer deutschen Apotheke haben.
Und da muss man sich fragen: Wie fadenscheinig ist es eigentlich, wenn sich einerseits DocMorris an einer Aufklärungskampagne zur Corona-Krise beteiligt und andererseits sich der Ober-Boss der DocMorris-Mutter, Walter Oberhänsli, darüber freut, dass das Virus dem Unternehmen „massiven Rückenwind“ gibt, wie er es vor kurzem wissen ließ. Mein liebes Tagebuch, ganz schön bigott, oder?
8 Kommentare
Spahn-App ... "Wir schaffen das ... Sie wahrscheinlich nicht ..."
von Christian Timme am 05.04.2020 um 17:09 Uhr
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Trotz rosa Brille, ist der Himmel heut nicht schön blau?
von Bernd Jas am 05.04.2020 um 14:54 Uhr
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Was machen mit (nach wie vor) PSA-Engpässen??
von Gunnar Müller, Detmold am 05.04.2020 um 14:31 Uhr
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Spahn
von Karl Friedrich Müller am 05.04.2020 um 12:59 Uhr
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AW: Spahn ... ist die "Demokratie" ... und wir die Dekoration ...
von Christian Timme am 05.04.2020 um 13:20 Uhr
Jetzt können die „Apothekers“ auch mal wieder was „abstellen“ ...
von Christian Timme am 05.04.2020 um 9:34 Uhr
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Keine genügende Schutzausrüstung
von Ulrich Ströh am 05.04.2020 um 8:46 Uhr
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Selbstgenähte Masken
von Silke Hans am 05.04.2020 um 8:28 Uhr
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