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Neue E-Rezept-Regeln im Bundesrat
Gesundheitsexperten der Länder wollen Ausnahmen vom Zuweisungsverbot
Die Gesundheitsexperten der Länder wollen das im Sozialrecht geplante Zuweisungsverbot für Vertragsärzte und Krankenkassen für Ausnahmesituationen öffnen. So soll etwa eine direkte Übermittlung eines E-Rezepts von der Arztpraxis in die vom Patienten gewünschte Apotheke möglich sein, wenn dieser keine Möglichkeit hat, die elektronische Verschreibung zu empfangen. Grundsätzlich stehen die Ländervertreter jedoch hinter dem im Patienten-Datenschutzgesetz vorgesehenen Makelverbot für (E-)Rezepte.
Anfang April hatte das Bundeskabinett den Entwurf für das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) beschlossen. Darin finden sich einige Regelungen zur elektronischen Verordnung, auch zur App, die es Patienten künftig ermöglichen soll, E-Rezepte in der Apotheke ihrer Wahl einzulösen. Damit das Verschieben von Rezepten in bestimmte Apotheken nicht zum Geschäftsmodell werden kann, ist in einem neuen Absatz 1a des § 11 Apothekengesetz überdies das von der ABDA lange eingeforderte Makelverbot geplant: Neben „Ärzten oder Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen“ ist es demnach auch für „Dritte“ unzulässig, (elektronische) Verschreibungen zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür einen Vorteil zu fordern, sich versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren.
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Zudem sind im Sozialgesetzbuch V flankierende Regelungen zum dort verankerten Recht auf freie Apothekenwahl vorgesehen (§ 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Es soll durch ein grundsätzliches Zuweisungs- und Beeinflussungsverbot, adressiert an Vertragsärzte und Krankenkassen, „weiter abgesichert“ werden, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfs heißt. Und zwar ausdrücklich auch im Hinblick auf elektronische Verordnungen. Ausnahmen soll es geben: Wenn gesetzlich etwas anderes bestimmt ist oder es aus medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist.
An genau dieser Regelung regt nun der Gesundheitsausschuss des Bundesrates eine Änderung an. In seinen Empfehlungen für den ersten PDSG-Durchgang in der Länderkammer am 15. Mai schlägt er vor, die in § 31 Abs. 1 SGB V neu geplanten Sätze folgendermaßen zu fassen (kursiv hervorgehoben sind die Zusätze des Ausschusses zum Kabinettsentwurf):
„Vertragsärzte, weitere Leistungserbringer und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Eine direkte Übermittlung von Verordnungen in Ausnahmesituationen darf nur dann erfolgen, wenn der Versicherte oder dessen Vertreter dem Verfahren zuvor schriftlich zugestimmt hat und sich dieses transparent verfolgen lässt. Die Ausnahmetatbestände werden in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegt. Die Sätze 5 bis 8 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.“
Mehr Nähe zum Versorgungsalltag
In der Begründung heißt es, der Gesetzentwurf werde dem Versorgungsalltag in Bezug auf (elektronische) Verordnungen nicht gerecht. Ziel müsse sein, an einem grundsätzlichen Makelverbot festzuhalten, gleichzeitig jedoch Ausnahmesituationen zu definieren, um den Versorgungsalltag vollumfänglich abdecken zu können.
Schriftliche Einwilligung und Transparenz
Aktuell gebe es einen solchen definierten Fall einer erlaubten direkten Rezeptübermittlung zum Beispiel in der Zytostatikaversorgung (§ 11 Absatz 2 ApoG). Doch die Gesundheitsfachleute der Länder erwarten durch die flächendeckende Einführung der Telemedizin und den vermehrten Rückgriff auf telefonische Behandlungen und Konsultationen weitere Situationen, in denen E-Rezepte direkt an Apotheken versandt werden sollten – zum Beispiel weil Versicherte nicht in der Lage sind, diese zu empfangen, aber auch nicht in die Arztpraxis oder Apotheke kommen können. Für solche Situationen bedürfe es definierte Ausnahmetatbestände und eine engmaschige Kontrolle des Zuweisungsverhaltens, so der Gesundheitsausschuss. Die konkreten Ausnahmesituationen sollen in einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegt werden. „Nur so kann das aktuell stattfindende Makeln von Rezepten unter anderem per Fax zukünftig vermieden beziehungsweise zumindest transparent abgebildet werden“, heißt es in der Begründung der Empfehlung.
Um die Ausnahmesituation der direkten Zuweisung zu dokumentieren, muss der Versicherte oder sein Vertreter zuvor schriftlich zustimmen. Sie können dem Arzt die Einwilligung erteilen, in Ausnahmesituationen dort hinterlegte Rezepte zu übermitteln oder eine Stammapotheke benennen, an welche sämtliche Rezepte übermittelt werden. Ein Widerruf der schriftlichen Einwilligung soll jederzeit möglich sein. Zudem soll das Zuweisungsverhalten bei E-Rezepten statistisch auswertbar sein und bei Auffälligkeiten überprüft werden können. Es soll stets nachvollziehbar sein, wer wann welches Rezept verordnet hat und wo es eingelöst wurde.
Echte Wahl zwischen Papier- und E-Rezept
Der Ausschuss empfiehlt dem Bundesrat angesichts der ab 1. Januar 2022 geplanten E-Rezept-Pflicht zudem eine weitere Prüfbitte zu beschließen: Es soll im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden, ob Versicherten ein Anspruch auf eine ärztliche Verordnung in Papierform eingeräumt werden kann. „Der Versicherte sollte bei den ärztlichen Verordnungen ein echtes Wahlrecht zwischen einer Verordnung in elektronischer Form und einer Verordnung in Papierform haben.“ Abgesehen davon, dass ein faktischer Zwang zur Nutzung eines Smartphones allein wegen Datensicherheitsrisiken nicht zumutbar erscheine, gebe es auch Situationen, in denen vom Versicherten nicht verlangt werden könne, ein funktionierendes Smartphone bei sich zu tragen, beispielsweise nach einem Unfall mit Verlust oder Beschädigung des Geräts.
Derzeit sieht der Gesetzentwurf nur vor, dass Versicherten die Zugriffsdaten auf das E-Rezept in Papierform ausgehändigt werden können. Doch das greift aus Sicht der Länderexperten zu kurz. Hier müsse zumindest geprüft werden, ob sichergestellt werden kann, dass auf der Papierform der Zugangsdaten zur ärztlichen Verordnung aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit zusätzlich Mindestangaben zum verordneten Arzneimittel und seiner Anwendung enthalten sind und dass die Papierform auch bei einem notwendigen Arzneimittelerwerb im Ausland anerkannt werden kann.
Ob das Bundesratsplenum der Empfehlung folgt, wird sich in der kommenden Woche zeigen. Zustimmungsbedürftig ist das Gesetz nicht.
10 Kommentare
Einfach machen
von Reinhard Rodiger am 06.05.2020 um 14:55 Uhr
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Ausnahme ja aber von der Smartphone-Pflicht
von Armin Heller am 06.05.2020 um 12:03 Uhr
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Medienkompetenz ist nicht notwendig
von Beobachter am 06.05.2020 um 11:37 Uhr
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AW: Medienkompetenz ist nicht notwendig
von Armin Heller am 06.05.2020 um 11:51 Uhr
Hilfreiche Klarstellung
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 06.05.2020 um 11:33 Uhr
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AW: Hilfreiche Klarstellung
von Armin Heller am 06.05.2020 um 11:53 Uhr
AW: Hilfreiche Klarstellung
von Conny am 06.05.2020 um 12:31 Uhr
Änderung
von Conny am 06.05.2020 um 10:55 Uhr
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AW: das größere Problem...
von Michael Weigand am 06.05.2020 um 11:21 Uhr
AW: Ergänzend...
von Michael Weigand am 06.05.2020 um 11:24 Uhr
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