FDA erweitert Zulassung

Dapagliflozin künftig bei Herzinsuffizienz – auch ohne Diabetes

Stuttgart - 11.05.2020, 16:30 Uhr

In den USA darf Dapaglifloin 10 mg künftig auch bei Herzinsuffizienz NYHA II-IV eingesetzt werden. Farxiga verbessert das Überleben der Kerzkranken mit vermiderter Auswurffraktion, auch wenn der Patient kein Diabetiker ist. (Foto: AstraZeneca)

In den USA darf Dapaglifloin 10 mg künftig auch bei Herzinsuffizienz NYHA II-IV eingesetzt werden. Farxiga verbessert das Überleben der Kerzkranken mit vermiderter Auswurffraktion, auch wenn der Patient kein Diabetiker ist. (Foto: AstraZeneca)


Die FDA hat dem seither ausschließlich bei Diabetes mellitus eingesetzten Dapagliflozin die Zulassung in einer völlig neuen Indikation erteilt: In den Vereinigten Staaten darf Dapagliflozin als erster und einzger SGLT-2-Inhibitor künftig auch bei Herzinsuffizienz eingesetzt werden, und zwar unabhängig davon, ob ein Diabetes mellitus vorliegt oder nicht. Erst im Oktober 2019 war die Zulassung von Dapagliflozin in den USA erweitert worden für Diabetiker mit kardiovaskulären Erkankungen, um deren Risiko für herzinsuffizienzbedingte Krankenhauseinweisungen zu reduzieren.

Dapagliflozin war bislang ein reines Diabetes-Arzneimittel, wobei sich die zugelassenen Indikationen in der EU und den Vereinigten Staaten unterscheiden. Der SGLT2-Hemmer (Natrium-Glucose-Co-Transporter) ist in Deutschland als Monopräparat (Forxiga® 5 mg, Forxiga® 10 mg) und in fixer Kombination mit Metformin (Xigduo® 5 mg/850 mg; Xigduo® 5 mg/1000 mg) zugelassen. Während Forxiga® 10 mg und Xigduo® ausschließlich bei Typ-2-Diabetikern indiziert sind, darf Dapagliflozin 5 mg seit kurzem auch bei Diabetes mellitus Typ 1 eingesetzt werden, Dapagliflozin war der erste SGLT2-Hemmer, der eine Zulassung als orales Add-on-Therapeutikum für Typ-1-Diabetiker erhielt. Kardiovaskuläre Erkrankungen – mit oder ohne Diabetes mellitus – berücksichtigt die Dapagliflozin-Zulassung hierzulande nicht.

Anders in den USA: Dort darf Dapaglilfozin explizit nicht bei Diabetes mellitus Typ 1 eingesetzt werden, in den Highlights of prescribing information steht dort unter „Einschränkungen der Verwendung“: „Nicht zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 1 oder diabetischer Ketoazidose.“

Dapagliflozin: erster SGLT2-Hemmer bei Herzinsuffizienz ohne Diabetes

Allerdings erweiterte die US-amerikanische FDA im Oktober 2019 die Zulassung von Farxiga® (Handelsname in den USA) in einer anderen Indikation: Dapagliflozin darf seither auch bei Typ-2-Diabetikern mit manifester kardiovaskulärer Erkrankung oder mehreren kardiovaskulären Risikofaktoren eingesetzt werden, um das Risiko einer herzinsuffizienzbedingten Krankenhauseinweisung zu reduzieren. Die Zulassung basierte auf der DECLARE-TIMI 58-Studie. 

Nun, am 5. Mai 2020, hat sich die FDA erneut für eine Zulassungserweiterung von Dapagliflozin entschieden. Künftig darf Dapagliflozin – unabhängig davon, ob ein Diabetes mellitus vorliegt oder nicht – auch bei Herzinsuffizienz eingesetzt werden. Mit der Zulassung ist Farxiga® der erste SGLT2-Hemmer, der für die Behandlung von Erwachsenen mit Herzinsuffizienz der Funktionsklasse II-IV der New York Heart Association (NYHA II-IV) mit reduzierter Ejektionsfraktion zugelassen ist.

Dapagliflozin verbessert Überleben bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Auswurffraktion

Grundlage für die Zulassungserweiterung von Dapagliflozin war eine eine klinische Studie (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) an 4744 Teilnehmern. Drugs.com beschreibt die Ergebnisse der Phase-III-Untersuchung DAPA-HF (NCT03036124) als „bahnbrechend“, publiziert waren die Ergebnisse im New England Journal of Medicine (Dapagliflozin in Patients with Heart Failure and Reduced Ejection Fraction). Die Patienten hatten eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion von 40 Prozent oder weniger. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 66 Jahre, 77 Prozent der Teilnehmer waren männlich, 55 Prozent waren keine Diabetiker. Sie erhielten entweder einmal täglich 10 mg Dapagliflozin oder ein Placebo. 

Weniger kardiovaskuläre Todesfälle

Der primäre Endpunkt der Studie war kombiniert und definiert als die Zeit bis zum Auftreten des kardiovaskulären Todes oder bis zur Verschlechterung der Herzinsuffizienz (Zeit bis zum ersten Krankenhausaufenthalt aufgrund von Herzinsuffizienz oder bis zum notfallmäßigen Arztbesuch aufgrund der Herzinsuffizienz). Der Zeitrahmen umfasste den Tag der Randomisierung (Tag 0) bis etwa drei Jahre danach.

Dapagliflozin verbesserte bei Erwachsenen mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion das Überleben und verringerte die Notwendigkeit von Krankenhauseinweisungen. Das Ergebnis: Nach 18,2 Monaten gab es in der Dapagliflozin-Gruppe weniger kardiovaskuläre Todesfälle, weniger Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz und weniger notfallmäßige Arztbesuche aufgrund der Herzinsuffizienz als in der Placebogruppe: Über einen Median von 18,2 Monaten trat der primäre Endpunkt (kardiovaskulärer Tod oder Verschlechterung der Herzinsuffizienz) bei 16,3 Prozent (386 von 2373) der Dapagliflozin-Patienten auf, häufiger mit 21,2 Prozent in der Placebo-Gruppe (502 von 2371 Patienten). Die Hazard Ratio lag bei 0,74 bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,65 bis 0,85 (P<0,001). 
Eine erste Verschlechterung der Herzinsuffizienz wurde bei 10 Prozent (237 Patienten) der Dapagliflozin-Gruppe und bei 13,7 Prozent (326 Patienten) in der Placebo-Gruppe beobachtetet (Hazard Ratio, 0,70; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,65 bis 0,85; P<0,001).

Um ein Ereignis zu verhindern, hätten über die Studiendauer hinweg betrachtet rein rechnerisch 21 Patienten mit Dapagliflozin behandelt werden müssen. Eine vordefinierte Subgruppenanalyse ergab keine wesent­lichen Unterschiede zwischen Patienten mit Diabetes (HR 0,75; 95-Prozent-KI 0,63 bis 0,90) und Patienten ohne Diabetes (HR 0,73; 95-Prozent-KI 0,60 bis 0,88). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten unter Dapagliflozin nicht häufiger auf als unter Placebo.

Beschleunigte Zulassung von Dapagliflozin 10 mg bei Herzinsuffizienz

Der Antrag auf Zulassungserweiterung wurde von der FDA prioritär geprüft (Priority Review). Die Einstufung als „Priority Review" bedeutet, dass die FDA das Ziel verfolgt, innerhalb von sechs Monaten (im Vergleich zu zehn Monaten bei einer Standardprüfung) auf den Zulassungsantrag zu reagieren. Dies wird genutzt, um das Medikament schnellstmöglich verfügbar zu machen – bei positivem Bescheid –, da es die Sicherheit oder Wirksamkeit der Behandlung einer schweren Erkrankung, deren Diagnose oder Prävention erheblich verbessert.

Indikation von Dapagliflozin in den USA

Dapagliflozin (Farxiga) ist ein Natrium-Glucose-Cotransporter-2-(SGLT2)-Hemmer, der für Erwachsene zugelassen ist bei

  • Typ 2 Diabetes mellitus:
    • als Ergänzung zu Ernährung und Bewegung zur Verbesserung der Blutzuckereinstellung.
    • zur Verringerung des Risikos einer Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes mellitus und manifesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder mehrere
      kardiovaskuläre Risikofaktoren.
       
  • Herzinsuffizienz:
    • zur Senkung des Risikos eines kardiovaskulären Todes und von Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit Herzinsuffizienz und reduzierter Auswurffraktion (NYHA-Klasse II-IV).

Dapagliflozin wird einmal täglich eingenommen, die Startdosis zu Blutzuckerkontrolle liegt bei 5 mg Dapagliflozin morgens, die Dosis kann bei Bedarf auf 10 mg Dapagliflozin erhöht werden. Die empfohlene Dosis bei Diabetikern mit bestehenden kardiovaskulären Vorerkrankungen oder mehreren kardiovaskulären Risikofaktoren zur Vermeidung herzinsuffizienzbedingter Krankenhauseinweisungen liegt bei 10 mg einmal täglich, gleiches gilt in der Indikation Herzinsuffizienz.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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