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E-Rezept-Spezifikationen
E-Rezept-App der Gematik soll Warenbestände der Apotheken anzeigen
In den kommenden Wochen könnte der Bundestag ein Gesetz beschließen, mit dem das E-Rezept ab 2022 Pflicht wird. Damit E-Rezepte in Deutschland flächendeckend angewendet werden können, hat die Gematik den Auftrag, das dafür nötige System in Spezifikationen zu definieren. Eine erste Grundlage für diese Spezifikationen liegt nun vor – mit einigen Überraschungen. Denn die Gematik will es den Nutzern ihrer E-Rezept-App ermöglichen, vor dem Absenden des Rezepts in die Warenbestände der Apotheker zu schauen. Geplant ist auch, dass die zur E-Rezept-Einlösung benötigten Codes über beliebige Messenger-Dienste geteilt werden können.
Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet in dieser Legislaturperiode eifrig an der flächendeckenden Einführung des E-Rezepts. Mit dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) soll es ab 2022 zur Pflicht werden, dass ärztliche Verordnungen ab Januar 2022 grundsätzlich elektronisch auszustellen sind. Wenn der Patient es wünscht, kann er sich den mit seinem E-Rezept verbundenen Code allerdings ausdrucken lassen. Außerdem soll die Gematik, an der das Bundesgesundheitsministerium inzwischen die Mehrheit übernommen hat, damit beauftragt werden, eine E-Rezept-App zu bauen, mit der die Versicherten ihre digitalen Verordnungen an Apotheken weiterleiten können.
Bevor das alles passieren kann, ist allerdings ein weiterer wichtiger Schritt nötig. Denn schon vorher war die Gematik beauftragt worden, bis Ende Juni dieses Jahres sogenannte Spezifikationen für das neue E-Rezept-System zu erstellen. Konkret wird in diesen Spezifikationen aufgezeichnet, welche Akteure und technischen Lösungen es in der Fachanwendung E-Rezepte gibt, welche Aufgaben sie haben und was sie können müssen. Die Bedeutung dieser Spezifikationen ist nicht zu unterschätzen: Denn durch sie werden gewissermaßen die „Spielregeln“ für den E-Rezept-Markt der Zukunft vorgegeben. Gematik-Chef Markus Leyck Dieken hatte selbst immer wieder betont, dass die derzeit laufenden E-Rezept-Pilotprojekte ihre Systeme möglicherweise umstellen müssten, weil beispielsweise die Rezeptübermittlung nicht dem entspricht, was die Gematik in ihren Spezifikationen festlegen wird.
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In den vergangenen Wochen hatten die betroffenen Akteure wie Ärzte, Apotheker und Versandhändler Möglichkeit, die ersten Versionen dieser Spezifikationen zu kommentieren und Verbesserungsvorschläge einzureichen. Die Gematik hat in der vergangenen Woche nun ein Dokument („Systemspezifisches Konzept E-Rezept“) veröffentlicht, das die Grundlage für diese Spezifikationen bildet. In dem rund 100-seitigen Dokument wird detailliert beschrieben, wie E-Rezepte künftig verordnet, beliefert und vom Versicherten bearbeitet werden können.
Struktur des E-Rezept-Systems
Zunächst beschreibt die Gematik das Grundstruktur des E-Rezept-Systems. Auf Ärzte- und Apothekerseite soll es jeweils dezentrale Primärsysteme zur Erstellung beziehungsweise Bearbeitung der digitalen Verordnungen geben, also die Praxissoftware einerseits und die Apotheken-Warenwirtschaftssysteme andererseits. Auf der Seite des Versicherten soll es ein „Frontend“ geben, also eine App, mit der der Versicherte seine Rezepte einsehen, zu einem sogenannten Token (Code) umbauen, an eine gewünschte Apotheke weiterleiten und auch löschen kann. Das Herz des Systems ist der E-Rezept-Fachdienst, also ein zentraler Server, auf dem die Verordnungen vom Arzt abgelegt werden und von dem aus – mithilfe des Versicherten-Codes – die Apotheker die Verordnung herunterladen können. Die ABDA-Tochter NGDA hat für die beiden Apotheker-Pilotprojekte in Berlin und Baden-Württemberg bereits einen ganz ähnlichen Fachdienst gebaut.
Zusätzlich zum Fachdienst soll es aber zwei weitere, unabhängig davon agierende Server geben: den sogenannten Identity Provider und den Verzeichnisdienst. Letzterer ist quasi eine Datenbank aller an der Telematikinfrastrukur teilnehmenden Ärzte und Apotheker, die die Versicherten benötigen – beispielsweise bei der Auswahl einer Apotheke zur Rezeptübermittlung. Der Identity Provider ist ein Dienst, der die Identität der teilnehmenden Akteure authentifiziert und für den Zugriff auf die einzelnen Bausteine autorisiert. Leyck Dieken hatte bereits angekündigt, dass externe Dienstleister mit dem Betrieb und Bau der zentralen Dienste beauftragt werden sollen. Ein sehr wichtiger datenschutzrechtlicher Passus dazu befindet sich nun in den Spezifikationen: Der Betreiber des Fachdienst-Servers darf nicht gleichzeitig auch der Identity Provider sein, damit diese Informationen nicht in einem Unternehmen zusammenkommen.
Ablauf einer E-Rezept-Verordnung
In ihren Spezifikationen spielt die Gematik viele Sonderfälle durch, die bei der Rezeptübermittlung auftreten könnten. Allerdings gibt es auch einen Normalfall, den die Gematik so beschreibt:
Der verordnende Leistungserbringer erstellt für einen Versicherten ein E-Rezept, welches auf dem zentralen E-Rezept-Fachdienst abgelegt wird. Der Standardfall sieht vor, dass der Versicherte seine E-Rezepte mit dem E-Rezept-Frontend auf seinem technischen Gerät verwaltet. Mit dem E-Rezept-Frontend kann der Versicherte einen E-Rezept-Token generieren, der eine Apotheke für den Zugriff auf ein konkretes E-Rezept im E-Rezept-Fachdienst berechtigt. Der Versicherte übermittelt den E-Rezept-Token elektronisch an eine Apotheke oder legt ihn in Form eines 2D-Codes in einer Apotheke vor. Die elektronische Übertragung des E-Rezept-Tokens an eine Apotheke erfolgt über den E-Rezept-Fachdienst.“
Vom Ablauf ähnelt dies der Struktur, die derzeit in den Pilotprojekten der Apotheker schon praktiziert wird. Es gibt aber noch weitere Stellen, an denen die Gematik teils sehr nahe an den Forderungen beziehungsweise Wünschen der Apothekerschaft liegt. Konkret schreibt die Gematik fest, dass der Versicherte die „Hoheit“ über das E-Rezept hat, „da jeglicher Zugriff auf ein konkretes Rezept im E-Rezept-Fachdienst entweder nur dem Versicherten, dem das E-Rezept verordnet wurde, oder einer Apotheke oder einem Vertreter nach Vorlage eines im E-Rezept-Token enthaltenen AccessCodes gestattet ist“.
Gematik: Handy-App muss diskriminierungsfrei, werbefrei und unabhängig sein
Sehr nahe an den Forderungen der Apotheker liegt die Gematik auch, wenn sie beschreibt, dass es „genau einen“ Anbieter für die E-Rezept-App der Versicherten sowie den Fachdienst geben darf. Die ABDA hatte immer vor einem ausufernden Wettbewerb um das E-Rezept gewarnt. Noch klarer wird dies in der Formulierung: „Das E-Rezept-Frontend des Versicherten muss diskriminierungsfrei, werbefrei und unabhängig sein.“ Auch diese Adjektive hatte die ABDA immer wieder als Kernanforderungen für die E-Rezept-App genannt und damit auch die eigens entworfene DAV WebApp beworben.
Dass die DAV-App allerdings zum Königsweg bei den digitalen Verordnungen wird, schließt nicht nur der Gesetzentwurf des PDSG aus, sondern nun auch die Spezifikationen der Gematik: „Es gibt genau einen Anbieter für das E-Rezept-Frontend des Versicherten. Die E-Rezept-Frontend des Versicherten wird durch die Gematik bereitgestellt“, heißt es in dem Dokument.
Wie wird die E-Rezept-App der Gematik aussehen?
Die meisten Diskussionen rund ums Thema E-Rezept hat es in den vergangenen Monaten zur Handy-Anwendung der Versicherten gegeben. Denn klar ist: Je leichter die Versandhändler die Verordnungen aus der Praxis über den Fachdienst in ihre eigenen Apps bekommen, desto größer dürfte die Abwanderung der Rx-Patienten in Richtung Versandhandel sein. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat daher schon bei der Vorstellung des ersten PDSG-Entwurfes klargestellt: Der Königsweg zur Rezeptübermittlung wird von der Gematik kommen, allerdings sollen E-Rezepte aus der App auch an andere Anbieter weitergeleitet werden können.
Dazu heißt es im Gesetzentwurf konkret, dass die Gematik „Schnittstellen“ zu anderen Anbietern in ihre App einbauen soll. Schaut man sich die nun veröffentlichten Spezifikationen an, ist von Schnittstellen allerdings nicht die Rede. Vielmehr soll es möglich sein, dass Versicherte ihre E-Rezept-Codes ganz grundsätzlich an „Vertreter“ weiterleiten können – etwa, wenn sie selbst nicht in die Apotheke gehen können. Dazu soll es in der Gematik-App ganz einfach ein „Teilen“-Symbol geben. Klickt der Versicherte auf dieses Symbol, soll er seinen E-Rezept-Code via Mail oder Messenger-Dienst weiterleiten können. In der Praxis könnte der Versicherte seinen Code an dieser Stelle natürlich auch an eine andere App in seinem Handy übertragen, wie beispielsweise ein Angebot eines Versandhändlers.
Die Gematik beschreibt das Verfahren so:
Für die Einlösung durch einen Vertreter kann der Versicherte den Token über die „Teilen“ Funktion auf seinem Gerät an einen Vertreter über ein zwischen Versichertem und Vertreter etabliertes Kommunikationsmittel weitergeben. (…) Das E-Rezept-Frontend des Versicherten kann einen E-Rezept-Token aus Drittanwendungen importieren und in Drittanwendungen exportieren. Der Export kann bspw. durch das Weiterleiten mittels eines Messenger-Dienstes oder Mail erfolgen. Beim Export sind datenschutzrechtliche Anforderungen zu beachten.“
Weitere Funktionen der E-Rezept-App
Im Kapitel zu den Funktionen der E-Rezept-App sind einige weitere Ideen enthalten, die für Apotheker interessant sind:
- Laut Gematik kann die App zusätzliche Funktionalität enthalten, sofern diese nicht den Schutz der personenbezogenen und medizinischen Daten des Versicherten in der Fachanwendung E-Rezept gefährdet. „Eine zusätzliche Funktionalität ist beispielsweise die Verfügbarkeitsabfrage der Verordnung in einem Warenwirtschaftssystem“, heißt es.
- Außerdem muss das E-Rezept-Frontend des Versicherten die fachlichen Inhalte eines E-Rezepts anzeigen können. Heißt konkret: Der Versicherte soll nicht nur seinen Token sehen können, sondern auch die dahinter liegende Information zur Medikation.
- Die App muss es dem Versicherten ermöglichen, eine abgebende Apotheke aus dem Verzeichnisdienst auszuwählen. Der Versicherte soll für die Suche im Verzeichnis Suchkriterien eingeben und über die Ergebnismenge filtern können. Filterkriterien können beispielsweise der Name, die Adresse oder Geoinformationen sein.
- Der Ausdruck des 2D-Codes soll möglich sein.
Handelnde Akteure und die Kommunikation
Zudem gibt es noch eine auffällige Formulierung in den Spezifikationen der Gematik bezüglich den am E-Rezept-System beteiligten Akteuren. Konkret werden an mehreren Stellen die Akteure benannt, die beispielsweise auf den Fachdienst zugreifen und E-Rezept-Informationen einsehen dürfen. Bei der Auflistung im Apothekenbereich heißt es: „z.B. öffentliche Apotheke (Haupt-/Filialapotheke), Versandapotheke als Bestandteil einer öffentlichen Apotheke, Krankenhausapotheke.“ Daraus abzuleiten, dass die beiden großen EU-Versender DocMorris und Shop Apotheke nicht am E-Rezept-System teilnehmen dürfen, weil sie keine öffentliche Apotheke besitzen, ist allerdings schwierig. Schließlich hat das Bundesgesundheitsministerium bereits betont, dass die EU-Versender an die Telematikinfrastruktur angebunden werden sollen.
Ein weiterer interessanter Abschnitt widmet sich der Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren in der E-Rezept-Infrastruktur. Rund um den Einlösevorgang in der Apotheke soll es den Versicherten ermöglicht werden, beispielsweise zur Verfügbarkeit oder bei Terminabsprache zum Abholen Kontakt mit der Wunschapotheke aufzunehmen. „In einer ersten Umsetzungsstufe erfolgt das über den E-Rezept-Fachdienst“, heißt es dazu in den Spezifikationen. Konkret sollen die Versicherten bei der Übermittlung des Tokens auch ein Freitextfeld bekommen, in das sie ihre Nachricht eintragen können.
An dieser Stelle wird dann auch erwähnt, dass es in eng begrenzten Ausnahmefällen auch einen Token-Versand vom Arzt direkt an die Apotheke geben soll, nämlich bei Zytostatika-Verordnungen. Bei solchen Arzt-Apotheker-Beziehungen und auch was die Kommunikation zwischen Patient und Arzt (etwa bei Folgeverordnungen) betrifft, soll es künftig Kommunikationsmöglichkeiten außerhalb des E-Rezept-Fachdienstes geben. Konkret bastelt die Gematik dafür an der Anwendung „KOM-LE“, in der die einzelnen Akteure sich untereinander austauschen können.
14 Kommentare
Lagerabfrage
von Tobias Kast am 19.05.2020 um 13:57 Uhr
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AW: Lagerabfrage: KI oder GMV ?
von Dr. Ralf Schabik am 26.05.2020 um 21:48 Uhr
Richtigstellung
von Ben am 19.05.2020 um 12:53 Uhr
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Verfügbarkeitsabfrage im Warenlager
von Christoph Gulde am 19.05.2020 um 11:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Bestandsabfrage = Kampf der Kollegen vor Ort!
von Nero88 am 18.05.2020 um 18:13 Uhr
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Falsch: Gematik soll Warenbestände der Apotheken anzeigen Richtig: Gematik muss rabattvertragsverknüfte Antworten geben!
von gerd reitler am 18.05.2020 um 15:33 Uhr
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AW: Falsch: Gematik soll Warenbestände der
von Anita Peter am 18.05.2020 um 17:36 Uhr
AW: Falsch: Gematik soll Warenbestände der
von gerd am 18.05.2020 um 18:06 Uhr
Und wer schützt uns?
von Dr. Harald Paulsen am 18.05.2020 um 15:28 Uhr
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Ziemlich anspruchsvolles System
von Andreas Grünebaum am 18.05.2020 um 14:57 Uhr
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AW: Ziemlich anspruchsvolles System
von Karl Friedrich Müller am 18.05.2020 um 16:02 Uhr
alles klar?
von Karl Friedrich Müller am 18.05.2020 um 14:24 Uhr
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AW: Lagerbestände = Betriebsgeheimnis?
von Andreas Grünebaum am 18.05.2020 um 15:24 Uhr
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