Studie zu Transmissionsketten

Wie verlief der erste Corona-Ausbruch in Bayern?

Düsseldorf - 25.05.2020, 09:00 Uhr

In der Firma Webasto in Bayern gab es im Januar dieses Jahres den ersten Ausbruch des Coronavirus. Jetzt haben Forscher die Infektionswege analysiert. (c / Foto: imago images / Overstreet)

In der Firma Webasto in Bayern gab es im Januar dieses Jahres den ersten Ausbruch des Coronavirus. Jetzt haben Forscher die Infektionswege analysiert. (c / Foto: imago images / Overstreet)


Weitergabe bereits ohne oder mit leichten Symptomen möglich

Aus den Ergebnissen konnten die Forscher Schlussfolgerungen ziehen, die Bedeutung für die weitere Entwicklung der Pandemie haben. So zeigten sie mit dieser Studie erstmals, dass das Virus bereits weitergegeben werden kann, wenn die Infizierten noch keine oder nur leichte Symptome haben. Das war bereits vermutet worden, die Arbeit der Forscher um Merle Böhmer liefert dafür aber nun den Beweis.

Ferner zeigten die Wissenschaftler, dass SARS-CoV-2 eine sehr kurze Inkubationszeit hat. So steckte sich etwa Patient eins bei der Patientin 0, die erst nach ihrer Rückkehr in China deutliche Symptome mit Fieber entwickelte, in einem rund einstündigen Meeting in einem kleinen Raum an, bei dem er neben ihr saß. Zwei Kollegen auf der anderen Tischseite steckten sich dagegen nicht an – was die angeordnete Abstandsregel als Schutzmaßnahme etwa untermauert.

Patient zwei dagegen kann sich an keinen direkten Kontakt mit der Chinesin erinnern – ist aber dem molekulargenetischen Nachweis zufolge von ihr angesteckt worden. Patient drei hatte tatsächlich keinen Kontakt mit Patient Null – arbeitete aber mit Patient eins für eine kurze Zeit an demselben Computer.

Die Studie ist damit ein Lehrstück dafür, wie schnell sich das Virus unbemerkt verbreiten kann. Menschen ohne Symptome oder mit nur leichten ersten Symptomen können innerhalb von Minuten SARS-CoV-2 auf andere Menschen übertragen – das, so schreiben die Forscher, mache es schwer, die COVID-19-Pandemie dauerhaft effizient zu kontrollieren.

Falsch negative RT-PCR-Ergebnisse

Aus der Studie lassen sich noch einige weitere Schlüsse ziehen. So zeigt die Geschichte von Patient zwölf etwa, wie schnell sich das Virus aus einem einzelnen begrenzten Cluster hinausbewegen kann. Patient zwölf hatte nämlich am 25. Januar ein privates Treffen mit Patient drei, der an dem Tag erste leichte Symptome entwickelte. Das Treffen dauerte 90 Minuten. Am 28. Januar, drei Tage später, flog Patient zwölf in den Urlaub nach Spanien – dort konnte er am 30. Januar von den spanischen Behörden in ein Krankenhaus in Isolation gebracht werden – positiv getestet auf COVID-19. Nur durch schnelle Reaktion und Kommunikation der Behörden entwickelte sich daraus wohl kein erstes spanisches Cluster.

Ein weiteres Ergebnis betrifft den Nachweis des Virus aus Rachenabstrichen mittels Real-Time-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR). Zum einen schreiben die Forscher, sei es evident, dass RT-PCR asymptomatische oder oligosymptomatische COVID-19-Infizierte identifizieren könne. Allerdings sei ein negativer Test keine Garantie für das Fehlen einer Infektion. In der Untersuchung gab es für den nachweislich infizierten Patienten elf etwa gleich mehrmals falsch negative RT-PCR-Ergebnisse. Der Patient entwickelte phänotypisch deutliche Symptome. Das wiederum könnte Auswirkungen haben auf die von manchen Politikern vorgeschlagenen Nachweise, nicht infiziert zu sein. Ein negatives Test-Ergebnis aus dem Abstrich muss demnach nicht bedeuten, auch nicht infiziert zu sein – nur ein positiver Antikörpertest etwa würde so – nach allem bislang Bekannten wahrscheinlich – bedeuten, dass der Getestete immun und nicht ansteckend ist.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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