Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

31.05.2020, 08:00 Uhr

Es ist nicht immer klar, was unsere ABDA will. Vielleicht hilft Pfingsten! (Foto: Andi Dalferth) 

Es ist nicht immer klar, was unsere ABDA will. Vielleicht hilft Pfingsten! (Foto: Andi Dalferth) 


28. Mai 2020 

Na, mein liebes Tagebuch, das ist konsequent: Wegen der Corona-Pandemie sagt die ABDA den diesjährigen Deutschen Apothekertag ab, der vom 7. bis 10. Oktober in München hätte stattfinden sollen. Der ABDA-Gesamtvorstand habe das mit „überwältigender Mehrheit“ beschlossen. Zuvor hatte schon die Avoxa-Mediengruppe die Expopharm für diese Jahr gecancelt. Kein Apothekertag – das gab’s noch nie! Also, mein liebes Tagebuch, keine staatstragenden Reden von Schmidt und Schmitz, keine Politdiskussionen, und vor allem: keine Anträge und keine allseits beliebten Antragsdiskussionen und -rangeleien. Uns wird etwas fehlen im Oktober. Ob es für den Apothekertag in irgendeiner Form einen digitalen Ersatz geben wird, ist noch nicht raus. Aber, sagen wir mal so: Irgendetwas müsste da schon kommen, denn sonst leidet die Demokratie. Nun gut, die berufspolitischen Berichte zur Lage kann man gedruckt zur Kenntnis nehmen, auch den Bericht zur wirtschaftlichen Lage von Becker und die Statements der Industrieverbände, alles kein Problem in schriftlicher Form. Aber was wird aus den Antragsdiskussionen, ein Quell der politischen Freude eines jeden Apothekertags? Erst da wurden doch die unterschiedlichen Standpunkte und Ansichten von uns Apothekers deutlich, erst da zeigte sich doch, wie die einzelnen Landesfürstinnen und -fürsten ticken und wie sie einzuschätzen sind. Mein liebes Tagebuch, das wird uns echt fehlen. Also, gibt’s Ersatz? Warum nicht mal eine Sitzung mit einer reduzierten Anzahl von Delegierten und Vorsitzenden in einer Halle mit ausreichend Abstand und das alles dann im Live-Stream mit der Möglichkeit, sich bei Bedarf von außen online zu Wort zu melden? Und alles mal straff und knackig und ohne viel Tamtam. Wenn so eine Videokonferenz die Mitglieder des Europäischen Rats hinbekommen, dann wird das doch auch die ABDA schaffen!

 

Die BILD-Zeitung versteht nicht (oder will nicht verstehen), was wissenschaftliches Arbeiten bedeutet. Mit wissenschaftlichen Studien, die als sogenannter Preprint veröffentlicht werden und somit noch in der Abstimmungs- und Diskussionsphase sind, kann das Boulevardblatt nicht umgehen. Daraus hat sich mittlerweile ein Streit zwischen dem Virologen Christian Drosten, der eine Studie vorveröffentlichte, die sich mit der Viruslast von Kindern beschäftigt, und der BILD-Zeitung, die darüber krass berichtete, entwickelt. BILD hatte zu dieser Studie mehrere Wissenschaftler zu Wort kommen lassen, die Drostens Studie in Frage stellen. Mein liebes Tagebuch, da fragt man sich natürlich auch, ob es sinnvoll ist, wissenschaftliche Abstimmungsprozesse in die Öffentlichkeit zu tragen. Der AOK-Bundesverband jedenfalls will das Duell in BILD nicht länger unterstützen und hat die AOK-Image-Kampagne „Für ein gesünderes Deutschland“, die in der BILD laufen sollte, gestoppt. BILD sei derzeit kein geeignetes Umfeld für die AOK-Kampagne, sagt der zuständige AOK-Geschäftsführer Steve Plesker. Mein liebes Tagebuch, darin liegt eine gewisse Konsequenz.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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12 Kommentare

Offene Chancen

von Reinhard Rodiger am 31.05.2020 um 15:32 Uhr

Corona hilft der ABDA über missliebige Auseinandersetzung hinweg und fördert den Weg in die falsche Richtung.Warum ist der Weg, der ja durch die eventuelle Führungsnachfolge
verstärkt wird, falsch ? Ganz einfach: alles , was automatisierbar ist, wird gemacht.Die Verfügbarkeitsprüfung ist die Krönung. Für AMTS , das bereits von Kassen/Ärzteseite integriert wird, gilt das genauso wie die KI-gesteuerte Therapiewahl.Beides entzieht weitgehend Ärzten und Apothekern die Existenzgrundlage. Wenn alles so bleibt..Coronabedingte Distanzierung zum Ende..So ist das Ziel. Grund genug, die Folgen für beide Seiten intensiver zu betrachten.Was ist davon zu hören? Ausser warmen Worten
nichts. Und mit warmen Worten -auch von der Politik wird nicht gegeizt.Nur das wesentliche wird ausgeklammert.

Wo greift Automatisierung und Distanzierung nicht und welche potentiellen Risiken bringt das ? Wie wichtig ist die Umsicht, die nur mit vier Augen leisttbar ist ? Was ist erforderlich für eine breite Flächendeckung ? Es wurde gerade eine Krise durchlebt, in der sich besonders die letzte Frage stellte.
Eine nicht genutzte Chance: " Wir haben ja alles bewältigt".

Gerade die Tragweite der zu kurz gedachten Automatisierung bietet vor dem Hintergrund des Erlebten eine Chance, die Notwendigkeiten neu zu definieren.Sonst wird das von anderer Seite zielbewusst und ohne Rücksicht getan.

Dabei ist es egal, ob es durch politische Unterstützung oder durch die besonders geförderten "netznahen Eliten" geschieht.
In beiden Fällen wird die Flächendeckung abgeschafft: vulgo 50%-Strategie.Das ist das Ergebnis konzeptionellen Abtauchens- durch unsere "Führung".

Die Krise liefert eine Fülle von Chancen wie man sieht.Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass erstmals der Machtmissbrauch der KK ins Bewusstsein gedrungen ist.In der Krise wurde den Apotheken angemessene Arbeit ermöglicht! Dass das im Alltag nicht so ist, wurde gerade bewiesen. Eine weitere ungenutzte Chance, die gleichzeitig verdeutlichen hilft, was nicht automatisierbar ist.Komplexe inhaltliche Entscheidungen.Aber dafür braucht es die nötige Infrastruktur. Diversität statt Konzentration.Erstere wird gar nicht thematisiert und letztere war gerade ein Muster für Schadwirkung.

Es liegen viele ungenutzte Chancen herum, deren diskursive Behandlung durch fehlende Kommunikation und bewusstes Wegsehen vermieden wird.

Knapper formuliert: Es ist Zeit für Aufstand.

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@ Timme: Vorteile des DAT shut-down ...

von Gunnar Müller, Detmold am 31.05.2020 um 12:13 Uhr

Aber vor allem aus Sicht der ABDA-Organisation und -Organisationen mit dem entscheidenden Vorteil:
Viel weniger Widerspruch oder noch besser: keinen sinnvollen und berufs-öffentlich geäußerten Verbesserungsvorschlägen mehr selbst aus den eigenen („delegierten“ - nicht Basis-gewählten) Reihen ...!!
Stattdessen:
All diese Webinare, Videos und Live-Chats von Gabi und Jens, Gabi und Frank und demnächst dann Gabi und Andreas.
Und statt DAT dann: Friedemann und Jens ...
Die allesamt eine unglaubliche (und mit Sicherheit von den daran beteiligten Personen nicht ungewollte) Nebenwirkung haben:
Uns einzulullen!
Die viel wichtigere Frage allerdings ist:
Welche Funktion wird einem zukünftigen DAT aus der Sicht eines/r zukünftigen Präsidenten/in zugestanden werden...?

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Selbstausrottung !

von Christian Giese am 31.05.2020 um 12:04 Uhr

Die gesamtdeutsche Verfügbarkeitsabfrage wird für die freie Apotheke zur reinen Selbstausrottung.
Totale Abkehr von jelichem sittlichen Handelsprinzip.
Schreibt der diesjährige Erich-Fromm Preisträger Paul Mason in "der Freitag", 12.5.2019:
"... schwindende Zustimmung zur Demokratie und hartnäckige Versuche von Unternehmen und Staaten, mithilfe von Algorithmen Kontrolle über unsere Gedanken und unser Verhalten zu erlangen."

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Verfügbarkeitsabfrage

von Dr.Michael Wedler am 31.05.2020 um 11:24 Uhr

Warum muss uns die ABDA immer wieder enttäuschen. Wie kann man denn in der App eine Verfügbarkeitsabfrage begrüßen. Der Kunde kann doch gar nicht beurteilen, ob wir ein Rezept beliefern bzw, ein Problem lösen können. Das machen wir doch den ganzen Tag und das gehört zu unserer Kernkompetenz. Mit dieser unsinnigen Abfrage können wir nur verlieren.

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Nachtigall ...

von Reinhard Herzog am 31.05.2020 um 10:59 Uhr

... ick hör dir trapsen ... ;-)

Kaum gibt es dafür 5 € + Märchensteuer, wird der Botendienst groß beworben, wobei Reichweite offenkundig vor Seriosität geht. Ob da ein Zusammenhang besteht?

Jedenfalls werden solche Aktionen nicht unbeachtet bleiben. So arbeitet man wirkungsvoll daran, dass dieses Sonderhonorar eben sang- und klanglos Ende September auslaufen wird. Denn kein Politiker und Kostenträger wird hier eine mehr oder minder selbstbestimmte Quasi-Honoraraufbesserung in der Breite und mit einem dann sehr hoch dreistelligen Millionenaufwand durchwinken ...

10 bis 20 Botengänge (unterschiedliche Adressen) täglich bekommt man ja leicht im Schnitt hin, macht ca. 3.000 bis 6.000 p.a. oder 15.000 € bis 30.000 € extra je Apotheke, aufs Jahr gerechnet. Oder rund 280 bis 560 Mio. € insgesamt p.a., + Mwst. für die Kostenträger - das wird es so nicht geben.
Hier sollte man lieber sehr vorsichtig agieren, wenn man diese Leistung als Regelleistung im indizierten Versorgungsfall (und nicht als Convenience-Leistung auf Kassenkosten) etablieren möchte.

Die Gematik-Spezifikationen und das E-Rezept legen ein weiteres Mal offen, was lange unausgesprochene Tatsache ist:
Die heutigen Apothekentätigkeiten sind eben zu geschätzt 70% automatisierbar. Nur ein paar Paragrafen schützen davor. Die immer weitergehende Digitalisierung wird das schonungslos offenlegen, der mechanische Teil (Kommissionierer, Haus-zu-Haus-Logistik) ist bereits größtenteils geklärt.

Da E-Rezept wird den Markt weiter aufteilen, und zwar vor allem unter den Niedergelassenen (während alle auf Holland starren). Die wahren Gegner sind aber der digitalaffinen Kolleg*innen im Umkreis, oftmals diejenigen, die heute bereits den Markt aufmischen ...

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AW: Nachtigall ... ist schon fast da ...

von Christian Timme am 31.05.2020 um 12:12 Uhr

Nehmen wir mal an Amazon begnügt sich vorerst nur auf das „reine makeln„ von Arzneimittel auch über Apotheken ... Telematik ohne Grenzen mit Lieferung vor Ort ... und dann „Salamitaktik “ ... und es geht noch viel mehr ...

@ Ströh: Und für die Belieferung von Rabattverträgen wird es ...

von Gunnar Müller, Detmold am 31.05.2020 um 10:21 Uhr

Na, da bin ich aber einmal gespannt…
Denn bestenfalls wären wir damit nahezu ersetzbar (sic! eine voll funktionsfähig Software,die einschließlich Ersatz durch Kleinpackungen sowie aus Einzahlungen etc. alles einschließt – davon faselt hier in WL seit einiger Zeit mancher Verbandschef, und wird trotzdem wieder gewählt!).
Und im schlechtesten Fall (eine simple Abfrage des Vorhandenseins von Rabatt – Arzneimitteln) wären wir abhängig von einem irrsinnig großen Warenlager (cave Versender und Groß-Apotheken!) – und damit weg vom Markt!
Ich halte jedenfalls eine Flasche „Mumm“ dagegen – denn die werden wir dann brauchen…!

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AW: @ Ströh: Und für die Belieferung von

von Ulrich Ströh am 31.05.2020 um 10:36 Uhr

Also lieber Kollege Müller, die Mumm-Wette können wir auf dem nächsten DAT in Düsseldorf regeln ...

Und bis dahin läuft die Verfügbarkeitsabfrage schon...
Auf der Gemstik-App,

AW: @ Ströh: Und für die Belieferung von ...

von Christian Timme am 31.05.2020 um 11:08 Uhr

Ich hätte es nie für Möglich gehalten ... das sich die vor Ort Apotheken auf dieses " never ending race" einlassen würde. Gerade vor dem Hintergrund, das fast alle weiteren zukünftigen Vorgaben von der "Gegenseite "gestaltet und auch durchgesetzt werden. Herzlichen Glückwunsch ... zum Eigenbegräbnis ...

AW: @ Ströh: Und für die Beerdigungung von ....

von Bernd Jas am 31.05.2020 um 12:38 Uhr

Ja, Herr Timme
und ich weiß auch schon wer den notwendigen letzten Spatenstich vollzieht.

Demnächst Verfügbarkeitshinweise aus jeder Apotheke

von Ulrich Ströh am 31.05.2020 um 8:50 Uhr

Auf den Letzten wird nur an einer roten Ampel gewartet !

Die Basis -App der Gematik wird mit Sicherheit die Verfügbarkeitsabfrage für den Patienten vorsehen.

Einfach mal aus der Sicht des Patienten sehen...

Und für die Belieferung von Rabattverträgen wird es auch eine technische Lösung geben.

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Abgesang auf den „Deutschen Satire Tag“ ....

von Christian Timme am 31.05.2020 um 8:17 Uhr

Aus die Maus und „Homeoffice“ für DAT-Delegierte & Korona könnten dem „Output“ bei gleichzeitiger Kostenreduzierung ...

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