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Reform des Pfändungsrechts
Fällt der Pfändungsschutz für Apothekenwaren?
Wer Forderungen nicht begleicht, läuft Gefahr, dass eines Tages der Gerichtsvollzieher bei ihm anklopft. Mit einem Vollstreckungsbescheid kann dieser auch Sachwerte pfänden. Doch einiges ist vor dem „Kuckuck“ geschützt. Dazu zählen derzeit laut Zivilprozessordnung auch die „zum Betrieb einer Apotheke unentbehrlichen Geräte, Gefäße und Waren“. Der Bundesrat hält diesen besonderen Schutz allerdings für nicht mehr erforderlich und plädiert dafür, ihn zu streichen. Die Regierung will den Vorschlag zumindest prüfen.
Kommende Woche steht der Entwurf für ein „Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz“ auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums. Im Zentrum steht, wie der Name sagt, das Pfändungsschutzkonto (P-Konto), das seit 1. Juli 2010 bei Banken und Sparkassen in Deutschland geführt werden kann. Diese Konten sind für Kunden interessant, die eine Kontopfändung erwarten und Sorge habe müssen, dass sie ihren finanziellen Verpflichtungen nicht rechtzeitig ausreichend nachkommen können. Mit dem P-Konto ist im Pfändungsfall ein Grundfreibetrag von derzeit 1.178,59 Euro je Kalendermonat geschützt.
Zehn Jahre nach Einführung des P-Kontos sowie einer Evaluierung der Regelungen will der Gesetzgeber nun nachjustieren und Vorschriften zum Pfändungsschutz in der Zivilprozessordnung neu strukturieren. Grundsätzlich, so heißt es im Gesetzentwurf, habe sich das P-Konto seit seiner Einführung bewährt. Dennoch bestehe in einzelnen Bereichen Verbesserungsbedarf.
Bundesrat reklamiert Zustimmungspflicht
Die erste Runde im Bundesrat hat der Gesetzentwurf am 15. Mai genommen. Das Plenum beschloss eine Stellungnahme mir verschiedenen Änderungsvorschlägen. Als erstes monieren die Länder, dass die Regierung den Gesetzentwurf für nicht zustimmungspflichtig hält. Das sei er sehr wohl, erläutern sie – und die Regierung hat auch ein Einsehen. In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme stimmt sie dem Vorschlag zu, die Eingangsformel für das Gesetz entsprechend zu ändern – dort soll es nun heißen, der Bundestag hat das Gesetz „mit Zustimmung des Bundesrats“ beschlossen.
Dies vorausgeschickt haben die anderen Anregungen des Bundesrats natürlich ein größeres Gewicht. Gleich der zweite Änderungsvorschlag kann auch für in Not geratene Apotheker relevant werden, deren Konten bereits nichts mehr hergeben. Es geht um § 811 der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Norm regelt, welche Gegenstände nicht gepfändet werden dürfen, damit eine menschenwürdige Existenz des Schuldners sichergestellt bleibt. Zu den unpfändbaren Gegenständen gehören beispielsweise die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienenden Sachen, insbesondere Kleidungsstücke, Wäsche, Betten, Haus- und Küchengeräte. Aber auch Kleintiere, eine Milchkuh oder stattdessen zwei Schweine, Ziegen oder Schafe – wenn sie der Ernährung dienen. Ebenfalls vorm Pfandsiegel geschützt sind laut § 811 Abs. 1 Nr. 9 ZPO „die zum Betrieb einer Apotheke unentbehrlichen Geräte, Gefäße und Waren“.
Relikt in der modernen Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?
Die Norm ist durchaus nicht taufrisch. Und der Bundesrat sieht daher die Gelegenheit, sie jetzt zu novellieren und den aktuellen Umständen anzupassen. Während der Gesetzentwurf die derzeit 13 Unterpunkte des § 811 Abs. 1 ZPO sogar um einen weiteren ergänzen will (um Kulturgegenstände im Wert von unter 500 Euro), wollen die Länder sie lieber straffen – elf reichen aus ihrer Sicht. Manches wird zusammengefasst, anderes gestrichen werden. So soll die explizit genannte Milchkuh verschwinden, aber „Tiere in beschränkter Zahl, soweit sie der Ernährung des Schuldners, seiner Familie und seiner Hausangehörigen dienen“ sollen weiterhin geschützt bleiben. Gänzlich streichen wollen die Länder aber die Schutzregelung für Apothekengeräte und -waren.
In der Begründung heißt es, ein besonderer Schutz des Waren- und Gerätebestandes von Apotheken sei „nicht mehr erforderlich“. Schutzgut dieser Regelung sei in erster Linie „die Sicherung der Volksgesundheit durch eine ausreichende Versorgung der Allgemeinheit mit Arzneimitteln und die Verhinderung des Verkaufs von Arzneimitteln und Apothekenware durch Unkundige“ gewesen. Die Versorgung der Allgemeinheit sei in der modernen Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts aber auch bei der Pfändung des Warenbestandes einer Apotheke kein Problem mehr. Auch sei „die Verhinderung der Veräußerung nicht frei umlaufbarer Arzneimittel und sonstiger Apothekenware nicht Aufgabe des Zwangsvollstreckungsrechts“. Sie bleibe den spezialgesetzlichen Regelungen des Arzneimittelrechts vorbehalten.
Die Bundesregierung erklärt in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats, sie werde den Vorschlag der Länder für eine Neustrukturierung des § 811 ZPO prüfen. Noch hat der Gesetzentwurf einen gewissen Weg vor sich. Am 18. Juni wird der Bundestag ihn im vereinfachten Verfahren ohne Aussprache zur weiteren Beratung in den Rechtsausschuss überweisen. Änderungen können noch jederzeit vorgenommen werden.
1 Kommentar
Anschlußverwendung
von Thomas Brongkoll am 13.06.2020 um 12:06 Uhr
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