IQWiG: Nutzenbewertung Evenity

Romosozumab besser als Alendronsäure?

Stuttgart - 16.06.2020, 15:30 Uhr

Das IQWiG findet bei der Nutzenbewertung des Osteoporose-Antikörpers Romosozumab in Evenity einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen. Die finale Nutzenbewertung obliegt dem G-BA. (x / Foto: freshidea / stock.adobe.com)

Das IQWiG findet bei der Nutzenbewertung des Osteoporose-Antikörpers Romosozumab in Evenity einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen. Die finale Nutzenbewertung obliegt dem G-BA. (x / Foto: freshidea / stock.adobe.com)


Leicht hatte es der Osteoporose-Antikörper nicht – erst im dritten Anlauf schaffte es Romosozumab, den Humanarzneimittelausschuss der EMA zu überzeugen. Dafür erging es dem Sclerostin-Antikörper in Evenity beim IQWiG im Rahmen der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel besser: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen attestiert Romosozumab im Vergleich zu Alendronsäure einen beträchtlichen Zusatznutzen.

An der Wirksamkeit lag es nicht, denn von einer geringeren Frakturrate unter Evenity® war die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) überzeugt. Dass die Zulassungsempfehlung für Romosozumab zur Behandlung manifester Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit deutlich erhöhtem Frakturrisiko drei Anläufe beim CHMP brauchte, lag daran, dass der Humanarzneimittelausschuss die kardiovaskuläre Sicherheit des Sclerostin-Antikörpers bezweifelte.

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Man einigte sich darauf, dass eine Beschränkung der Romosozumab-Therapie auf Frauen ohne Herzinfarkte und Schlaganfälle in der Anamnese das Risiko kardiovaskulärer Nebenwirkungen verringert und bei einer solchen Einschränkung die Vorteile von Evenity® die möglichen Risiken überwiegen. Diese Einschränkungen finden sich nun in den Kontraindikationen des Osteoporose-Antikörpers. 

Zwölf Monate Romosozumab gefolgt von Alendronsäure

Die Wirksamkeit ist immer eine Sache. Die andere Frage dreht sich nach der Zulassung um die Erstattung seitens der Krankenkassen, wobei auch in diesem Punkt die Wirksamkeit im Vergleich zu einer zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht außen vor ist. Im Rahmen der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel hat sich nun, im Auftrag des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Romosozumab angeschaut. Als Vergleichstherapien wurden Alendronsäure, Risedronsäure, Zoledronsäure, Denosumab oder Teriparatid definiert.

Letztlich wurde zur Bewertung des Zusatznutzens von Romosozumab die Studie ARCH, eine randomisierte, doppelblinde, multizentrische Studie, herangezogen. ARCH vergleicht eine Behandlung mit Romosozumab gefolgt von Alendronsäure mit Alendronsäure allein. Die Studienpopulation umfasste postemenopausale Frauen, primäre Endpunkte waren das Auftreten neuer klinischer Frakturen und neuer vertebraler, also die Wirbelsäule betreffende, Frakturen. Weitere patientenrelevante Endpunkte waren die Gesamtmortalität sowie Morbidität und Nebenwirkungen.

Beträchtlicher Zusatznutzen

Für den Endpunkt „klinische vertebrale Frakturen“ zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsarmen, und zwar zum Vorteil von Romosozumab gefolgt von Alendronsäure. Daraus ergibt sich für das IQWiG ein Hinweis auf einen Zusatznutzen von Romosozumab im Vergleich zu Alendronsäure allein. Auch für den Endpunkt „major nicht vertebrale Frakturen“ zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsarmen wieder zum Vorteil von Romosozumab gefolgt von Alendronsäure. Auch daraus leitet das IQWiG einen Hinweis auf einen Zusatznutzen von Romosozumab im Vergleich zu Alendronsäure ab. Doch wie hoch ist der Zusatznutzen einer Romosozumab-Behandlung gefolgt von Alendronsäure?

Romosozumab

Romosozumab verfolgt einen völlig neuen Therapieansatz bei Osteoporose. Der Antikörper richtet sich gegen Sclerostin, ein Protein, das ausschließlich von Osteozyten gebildet und ein negativer Regulator der Knochenbildung ist: Es blockiert die knochenbildende (osteoanabole) Funktion der Osteoblasten. Bei Osteoporose überwiegt bekanntermaßen der Knochenabbau den Aufbau. Durch Blockade von Sclerostin mit Romosozumab soll der Knochenaufbau gefördert werden.

Das IQWiG kommt zu dem Schluss: „Für postmenopausale Frauen mit manifester Osteoporose und deutlich erhöhtem Frakturrisiko findet das IQWiG einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen von Romosozumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Alendronsäure.“

Kein Zusatznutzen bei Sterblichkeit

Keinen Zusatznutzen von Romosozumab verglichen mit Alendronsäure erkennt das IQWiG jedoch bei der Mortalität. Auch bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und bei den Nebenwirkungen lautet das Fazit: Kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen. Die Daten eigneten sich nicht, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität abzubilden beziehungsweise bei den Nebenwirkungen (schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen [SUE], Abbruch wegen SUEs, Osteonekrose des Kiefers und Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts) zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Romosozumab und Alendronsäure.

Die Jahrestherapiekosten beziffert das IQWiG mit etwa 10.800 Euro, für eine antiresorptive Behandlung mit Alendronsäure liegen die Kosten bei circa 200 Euro jährlich. Der Gemeinsame Bundesausschuss will Anfang September 2020 endgültig über die Nutzenbewertung entscheiden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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