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2. Juli 2020
Dass die ABDA ihre Strategie zum Erhalt der Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln voll auf das VOASG ausgerichtet hat und auf die Kooperation mit Jens Spahn setzt, gefällt einigen ABDA-Mitgliedsorganisationen nicht so recht. Sie machen Druck. Einige brachten in den letzten Wochen sogar das Rx-Versandverbot wieder ins Spiel. Die Kritik an der ABDA ist jedenfalls unüberhörbar. Die aktuelle Mitgliederversammlung der ABDA reagierte darauf. Sie verabschiedete eine Entschließung, mit der sie die Regierung auffordern, das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden – inklusive einiger Nachbesserungen. So gehören aus Sicht der Apotheker zum Beispiel auch Rx-Boni für Privatpatienten und Selbstzahler verboten. Wenn das nicht gelänge, dann müsse ein Rx-Versandverbot her. Na, mein liebes Tagebuch, das sind doch endlich mal wieder deutlichere Worte als bisher. Selbst der ABDA-Präsident drängelt: „Das Problem darf nicht länger aufgeschoben werden. Wir gehen diesen Weg mit bis in den Deutschen Bundestag“, sagte er. Es dürfe nicht passieren, dass das Thema Gleichpreisigkeit ins Bundestagswahljahr 2021 rutscht. In der Tat, mein liebes Tagebuch, dann können wir unser VOASG gleich vergessen.
Was die Mitgliederversammlung auch beschlossen hat, und zwar einstimmig: Die Organisation der ABDA müsse grundsätzlich überprüft werden. Der geschäftsführende Vorstand erhielt den Auftrag, eine Organisationsanalyse vorzubereiten „unter externer Begleitung“, berichtete Schmidt. Mein liebes Tagebuch, wie schön, dass wir das noch erleben dürfen! Vielleicht führt dies dann endlich zu neuen Strukturen. Und noch ein Thema poppte auf der Mitgliederversammlung erneut auf: Wäre nicht doch ein virtueller Apothekertag besser als keiner? Da blieb Schmidt allerdings eisern: Die Mitgliederversammlung habe sich mit großer Mehrheit dagegen ausgesprochen, und das sei „ganz klar und nach meiner Überzeugung richtig“, ist sich der ABDA-Präsident sicher. Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht. Ganz ohne politischen Austausch im Herbst will der Präsident aber nicht sein. So plane man andere virtuelle Veranstaltungen mit Gesprächen über wichtige politische Inhalte. Mein liebes Tagebuch, ist vielleicht nett gemeint, aber solche Polit-Talkshows sind eben keine Apothekertage, auf denen auch schon mal deutliche Beschlüsse gefasst werden. Mehr Digitalisierung wagen – gut möglich, dass die nächsten ABDA-Präsidenten oder -präsidentinnen da einen anderen Blickwinkel entwickeln.
Na also, geht doch – die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gibt ihren Widerstand gegen die geplanten Grippeschutzimpfungen in Apotheken auf. Naja, zumindest ein bisschen. Mein liebes Tagebuch, sie will uns Apothekers also nicht mehr so böse sein, wenn wir dabei helfen wollen, rasch eine Durchimpfung der Bevölkerung zu erreichen beispielsweise bei Grippe oder vielleicht demnächst bei Covid-19-Infektionen. Der Zaubersatz, der diese KBV-Reaktion ermöglichte, war eigentlich gar nicht so schwer. Unser ABDA-Präsident Friedemann Schmidt stellte lediglich klar, dass „es richtig und wichtig ist, dass das Impfen originär eine Angelegenheit der Ärzte ist“. Tja, so einfach kann es manchmal sein, eine gemeinsame Linie zu finden und in der Sache einig zu sein. Und dabei wollten wir Apothekers doch von Anfang an nie das Impfen per se den Ärzten streitig machen, oder? Aber nein, nicht doch! Schmidt sagte sogar deutlich, dass Impfen aus seiner Sicht eine ganz zentrale ärztliche Leistung sei – vor allem von Haus- und Kinderärzten. Wir Apothekers wollten doch nur ein bisschen spielen, mitspielen, liebe KBV. Und nur wenn „übergeordnete Gründe“ – beispielsweise Massenimpfungen (Grippe, Covid-19) es erforderlich machen sollten, springen wir Apothekers ein und helfen mit. Mein liebes Tagebuch, die KBV zeigt sich nun eingefriedet. Aber es gibt da noch ein paar bockige Ärzteschaften im Land, die auf die Zauber- und Flötentöne unseres Präsidenten noch nicht reagiert haben, zum Beispiel die Ärzte im Bezirk Westfalen-Lippe, die erst vor Kurzem noch die Modellprojekte der Apotheker zur Grippeschutzimpfungen als „Gefahr für die Patientensicherheit“ bezeichnet haben. Und in Brandenburg haben sich bekanntlich Ärzte und Apotheker im Schulterschluss in einer gemeinsamen Resolution gegen die Modellprojekte ausgesprochen. Mein liebes Tagebuch, manchmal brauchen die Zauberworte wohl ein bisschen länger, aber auch dort werden sie wirken. Vielleicht nur ein bisschen später, aber ganz sicher!
10 Kommentare
Falsche Hoffnung
von Dirk Krüger am 06.07.2020 um 15:13 Uhr
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Hmm. Das mit den Masken ist ja schon irgendwie Arbeitsschutz.
von Michael Reinhold am 05.07.2020 um 21:22 Uhr
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schöne neue Welt am Sonntag
von Martina Thierig am 05.07.2020 um 12:29 Uhr
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Bemerkenswert
von Karl Friedrich Müller am 05.07.2020 um 11:15 Uhr
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AW: Bemerkenswert... endlich mal Kontrollverlust...
von Christian Timme am 05.07.2020 um 18:58 Uhr
Das ganze Leben ist ein Quitz ...... oder wie wir ständing und für alle Zeiten über´n Tisch gezogen werden
von Bernd Jas am 05.07.2020 um 11:02 Uhr
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Finde ...
von Gunnar Müller, Detmold am 05.07.2020 um 9:37 Uhr
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Ignoranzabbau in Bayern, e-Rezept incl. e-Retax und Gematik-TI auf speed ...
von Christian Timme am 05.07.2020 um 9:19 Uhr
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Bequem aber falsch!
von Ulrich Ströh am 05.07.2020 um 8:34 Uhr
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AW: Bequem aber falsch
von Dirk Krüger am 06.07.2020 um 15:15 Uhr
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