Hormonspiegel und COVID-19

Cortisol als Biomarker für die Schwere der Erkrankung

Remagen - 08.07.2020, 15:29 Uhr

Erste Ergebnisse einer britischen Studie zeigen, dass Dexamethason für schwer erkrankte COVID-19-Patienten lebensrettend sein kann. Bei Betroffenen mit Beatmungsgeräten senkte es die Mortalität um etwa ein Drittel. (Foto: vadim / adobe.stock.com)

Erste Ergebnisse einer britischen Studie zeigen, dass Dexamethason für schwer erkrankte COVID-19-Patienten lebensrettend sein kann. Bei Betroffenen mit Beatmungsgeräten senkte es die Mortalität um etwa ein Drittel. 
(Foto: vadim / adobe.stock.com)


Das Stresshormon Cortisol könnte eine Schlüsselrolle im Infektionsverlauf von COVID-19 spielen und möglicherweise als Biomarker für die Ausprägung der Infektion dienen. 
Das legen Befunde an hospitalisierten Patienten aus Großbritannien nahe. Andererseits kommen Corticosteroide bei schweren Verläufen auch als Therapeutika in Frage.

Bei Patienten mit Hormon- und Stoffwechselerkrankungen kann zusätzlicher Stress durch die Corona-Pandemie erhebliche Folgen für das Therapiemanagement haben. Darauf weisen Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hin.

Bei Stress werde aus der Nebennierenrinde das Hormon Cortisol (Hydrocortison) freigesetzt, erklärt der Mediensprecher der DGE Matthias M. Weber, Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der Universitätsmedizin Mainz. Das Stresshormon sei an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt und habe unter anderem Einfluss auf den Blutzucker, den Fettstoffwechsel und das Herzkreislaufsystem. Betroffene, die sich als Risikopatienten in besonderer Weise um ihre Gesundheit sorgten, gerieten so schnell in einen Teufelskreis aus Angst, Stress und schlechter Stoffwechsellage. Das Hormon könnte aber auch in Zusammenhang mit einem eventuell schwereren Krankheitsverlauf von COVID-19 stehen, warnen die Experten.

Patienten mit einer Über- oder Unterfunktion des Cortisolstoffwechsels seien besonders gefährdet. Hormone und Hormonerkrankungen spielten bei Infekten allgemein eine große Rolle, führen sie als Begründung an. Speziell Cortisol könne sowohl in einer Mangelsituation als auch bei Überdosierung zu lebensbedrohlichen Krankheitszuständen führen und habe bei schweren Infektionen einen starken Einfluss auf das Überleben. Die beiden Fachgesellschaften raten deshalb dazu, gerade Patienten mit einer Über- oder Unterfunktion des Cortisolstoffwechsels während der Corona-Pandemie besonders gut zu überwachen und vor einer Infektion zu schützen. Darunter fallen Menschen mit Nebenniereninsuffizienz wie beim Addison-Syndrom, bei dem zu wenig Cortisol gebildet wird, was dann eine Cortisol-Ersatztherapie notwendig macht, oder das Cushing-Syndrom, bei dem die Nebenniere zu viel davon produziert. Aber auch Patienten, die aufgrund anderer Erkrankungen hochdosierte Cortisol-Präparate einnehmen, müssten gut medizinisch begleitet werden, so die dringende Empfehlung der Fachgesellschaften.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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