Reaktion auf Modellversuch der Apotheken

Ärzte fordern mehr Geld fürs Impfen

Süsel - 14.07.2020, 14:00 Uhr

Die Ärzte pochen auf eine bessere Vergütung beim Impfen. (c / Foto: RED Pixel / stock.adobe.com)

Die Ärzte pochen auf eine bessere Vergütung beim Impfen. (c / Foto: RED Pixel / stock.adobe.com)


Vollkostenrechnung für Apotheken

Die Apotheken haben beim Impfen höhere Kosten als die Ärzte, weil Apotheker selbst impfen, vorher eine Schulung nötig ist, ein spezieller Raum bereitstehen muss und eine komplett neue Organisation mit zusätzlichen Arbeitsabläufen aufgebaut werden muss. Außerdem erhalten Apotheken kein Pauschalhonorar pro Patient, sondern ihre Fixkosten, beispielsweise für Räume und Ausstattung, müssen auf jede einzelne Leistung umgelegt werden. Sie müssen daher stets Vollkosten und einen Gewinnzuschlag kalkulieren. Dies ist sowohl im Konzept als auch beim ermittelten Betrag der größte Unterschied in den Kostenrechnungen der Ärzte und Apotheken. Wenn die Apotheken nur Teilkosten kalkulieren würden, müsste die neue Leistung durch die Arzneimittelabgabe subventioniert werden. Damit würde von Anfang an jede Chance zerstört, dass neue Dienstleistungen jemals zu einer eigenständigen Säule der Apothekenhonorierung werden könnten.

Neue Aufgabe erfordert neue Anreize

Zusätzlich zu diesen Kalkulationen müssen die ökonomischen Anreize betrachtet werden. Für Ärzte gehört das Impfen seit jeher zum Alltagsgeschäft und niemand stellt dies in Frage. Apotheker müssen sich dagegen fragen, ob sie eine neue Aufgabe ohne Kontrahierungszwang überhaupt übernehmen wollen. Ohne kostendeckendes Honorar und ohne Aussicht auf einen gewissen Gewinn wäre das ökonomisch sinnlos. Eine neue Aufgabe mit einigen Hindernissen muss eine Ertragsaussicht bieten. Ob 12,61 Euro netto dafür reichen, bleibt noch zweifelhaft. Das Apothekenhonorar ist daher, wie Preis sagt „sehr, sehr knapp bemessen“. Dass die Ärzte ihrerseits Probleme mit ihrem Honorarsystem haben und die Neuigkeit bei den Apothekern politisch nutzen möchten, ist verständlich. Ökonomisch sind die Fälle aber ganz anders gelagert.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Ziele fehlen

von Reinhard Rodiger am 15.07.2020 um 0:12 Uhr

Unklar ist, ob die niedrige Durchimpfungsrate auf zu geringe Honorierung der Ärzte zurückgeht oder auf fehlende Kundenakzeptanz. Unterstellt man letzteres, wäre gemeinsames Vorgehen angesagt.Das wurde durch einen Coup angesichts der Sehnsucht mancher Kreise ausgehebelt.

So bleibt statt fundierter Zielsetzung und sachgerechter Kostenanalyse nur ein Schlachtfeld und Debatte um eigentlich Irrelevantes.Das lenkt ab vom Ziel.

Das scheint die Durchsetzung des politischen Interesses zu sein, Gemeinwohlleistungen nicht oder nur minimal zu honorieren.

Es fehlt eine situationsgerechte Zielsetzung.Nur dann kann bewertetet werden, welche Welche Aktionsbreite und damit Kostenhöhe angestrebt wird.Das ist ein politisches Ziel und nicht durch Dritte ermittelbar.Das ist nicht die Aufgabe der Krankenkassen.

Die Politik bedient sich der klassischen Verdrängungsstrategie, den Kampf mit ungleichen Waffen auszustatten.Und „Wir“
Steigen voll auf der falschen Ebene ein, ohne die Bedingungen klar zu stellen.Die wichtigste ist die Zielfestsetzung.Nur dann ist gemeinsames Handeln möglich.Doch die Ziele fehlen,wahrscheinlich bewusst.



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