Neue Metaanalyse

Keine valide Korrelation zwischen LDL-Senkung und Herz-Kreislauf-Risiko

Remagen - 12.08.2020, 11:40 Uhr

Die weit verbreitete Theorie, dass es eine lineare Beziehung zwischen dem Grad der LDL-Verringerung und dem Grad der kardiovaskulären Risikoreduktion gebe, stellt ein internationales Forscherteam massiv infrage. (m / Foto: Jamrooferpix / stock.adobe.com)

Die weit verbreitete Theorie, dass es eine lineare Beziehung zwischen dem Grad der LDL-Verringerung und dem Grad der kardiovaskulären Risikoreduktion gebe, stellt ein internationales Forscherteam massiv infrage. (m / Foto: Jamrooferpix / stock.adobe.com)


Erreichen der LDL-Cholesterin-Zielwerte ohne Zusatznutzen

Nach einer systematischen Überprüfung von 35 Studien bringt das Erreichen der LDL-Cholesterin-Zielwerte keinen Zusatznutzen, stellen sie abschließend fest. Es zeigte sich auch keine klare Beziehung zwischen dem Ausmaß der LDL-Senkung und dem klinischen Effekt. In 13 RCTs wurde das LDL-Reduktionsziel erreicht, aber nur eine davon berichtet von einem Mortalitätsvorteil und fünf von einer Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse. In 22 RCTs wurde das LDL-Reduktionsziel nicht erreicht. Trotzdem berichten vier einen Nutzen bezüglich der Sterblichkeit und 14 hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse. Für keine der drei Medikamentenklassen konnte ein konsistenter positiver Einfluss auf die beiden Parameter gezeigt werden. Obwohl PCSK9-Hemmer derzeit die wirksamsten Medikamente zur Reduzierung von LDL sind, konnten die Autoren nicht ableiten, ob diese Statinen oder Ezetimib hinsichtlich des klinischen Nutzens überlegen sind.

Bessere Ergebnisse ohne adäquate LDL-Reduktion

Als bemerkenswert stellen sie heraus, dass ein Nutzen häufiger berichtet wurde, wenn die LDL-Ziele nicht erreicht wurden. So beobachteten die Studien ALLIANCE und MEGA bei einer LDL-Senkung um lediglich 11 bis 15 Prozent eine Verminderung kardiovaskulärer Ereignisse. Demgegenüber zeigte sich bei einer LDL-Reduktion von 50 Prozent oder mehr in den Studien zur Bewertung von kardiovaskulären Ergebnissen nach einem akuten koronaren Syndrom mit Alirocumab (ODYSSEY FH 1 und 2) sowie mit Simvastatin und Ezetimib bei Aortenstenose (SEAS) und zur Hemmung und Reduktion von vaskulären Ereignissen durch den PCSK9-Hemmer Bococizumab (SPIRE 1 und 2) kein kardiovaskulärer Nutzen. 

Keine Korrelation zwischen Grad der LDL-Senkung und Nutzen

Auch bei der Berechnung der Number Needed to Treat (NNT) fanden die Forscher eine Diskrepanz zwischen dem Grad der LDL-Reduktion und der Größe des Nutzens. So mussten beispielsweise in der Skandinavischen Simvastatin-Survival-Studie (4S) nur 30 Patienten 5,4 Jahre lang mit Simvastatin behandelt werden, um einen Tod zu verhindern, während in der ODYSSEY OUTCOMES-Studie 250 Patienten 2,8 Jahre lang mit dem PCSK9-Hemmer Alirocumab behandelt wurden, um dasselbe Ziel zu erreichen. In der 4S-Studie wurde LDL-Cholesterin um durchschnittlich 35 Prozent reduziert, verglichen mit einer durchschnittlichen LDL-Reduktion von 55 Prozent in ODYSSEY OUTCOMES. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Daten bei akutem Koronarsyndrom sprechen für PCSK9-Hemmer

Weniger kardiovaskuläre Ereignisse auch unter Alirocumab

In der Behandlung der Dyslipidämie verfolgen Europa und die USA unterschiedliche Strategien

„Treat to target“ oder „Fire and forget“?

Evolocumab als erster PCSK9-Inhibitor nun europaweit zugelassen

Eine neue Option nicht nur bei Statin-Intoleranz

Statine sind wirksam und effektiv und werden doch zu wenig eingenommen

Ungenutzte Werkzeuge der Lipid-senkenden Therapie

Konsensuspapier der Atherosklerose-Gesellschaft 

Je früher Lipidsenker, desto besser

Über die Pharmakologie der Statine, Fibrate und Co.

Den Cholesterol-Spiegel senken

Klinische Pharmakotherapie der Dyslipidämie/Arteriosklerose

Dauerstress für die Gefäße

1 Kommentar

faszinierend unlogisch

von Olaf Rose am 13.08.2020 um 9:09 Uhr

Wenn in einer Studie mit Statinen nicht der LDL-Cholesterin Zielwert erreicht wurde (z.B. <70 mg/dl) sondern z.B. nur auf ca. 80 mg/dl gesenkt wurde und TROTZDEM eine Verbesserung festgestellt wurde, dann spricht das nicht GEGEN sondern FÜR die Therapie. Dieser Review ist komplett falsch interpretiert worden und ändert sicher nicht das Fazit der zahlreichen Studien und Reviewergebnisse der letzten 20 Jahre, siehe z.B. Armitage et al. DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(18)31942-1

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.