Sclerostin-Antikörper bei Osteoporose

G-BA bescheinigt Romosozumab geringen Zusatznutzen

Stuttgart - 08.09.2020, 10:30 Uhr

Einen geringen Zusatznutzen bescheinigt der G-BA dem Sclerostin-Antikörper Romosozumab in der Behandlung manifester Osteoporose mit hohem Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen. Das IQWiG kam zu einem anderen Ergebnis. (Foto: natali_mis / stock.adobe.com)

Einen geringen Zusatznutzen bescheinigt der G-BA dem Sclerostin-Antikörper Romosozumab in der Behandlung manifester Osteoporose mit hohem Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen. Das IQWiG kam zu einem anderen Ergebnis. (Foto: natali_mis / stock.adobe.com)


Romosozumab zeigt bei postmenopausalen Frauen mit manifester Osteoporose und deutlich erhöhtem Frakturrisiko einen geringen Zusatznutzen verglichen mit einer zweckmäßigen Vergleichstherapie wie Alendronsäure. Das ist Ergebnis der G-BA-Nutzenbewertung des ersten Sclerostin-Antikörpers. Das IQWiG hingegen kam zu einem anderen Ergebnis und bescheinigte Romosozumab einen beträchtlichen Zusatznutzen. 

Der G-BA hat die Nutzenbewertung des ersten Sclerostin-Antikörpers abgeschlossen. Er bescheinigt Romosozumab (Evenity®) in der Therapie der manifesten Osteoporose mit deutlich erhöhtem Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen einen geringen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie – Alendronsäure, Risedronsäure, Zoledronsäure, Denosumab oder Teriparatid. Das IQWiG (Insitut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) kam im Juni dieses Jahres jedoch zu einer anderen Einschätzung: „Für postmenopausale Frauen mit manifester Osteoporose und deutlich erhöhtem Frakturrisiko findet das IQWiG einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen von Romosozumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Alendronsäure.“

Zur Bewertung des Zusatznutzens von Romosozumab hatte das IQWiG die Studie ARCH, eine randomisierte, doppelblinde, multizentrische Studie, herangezogen. ARCH vergleicht eine Behandlung mit Romosozumab gefolgt von Alendronsäure mit Alendronsäure allein. Die Studienpopulation umfasste postmenopausale Frauen, primäre Endpunkte waren das Auftreten neuer klinischer Frakturen und neuer vertebraler, also die Wirbelsäule betreffender, Frakturen. Weitere patientenrelevante Endpunkte waren die Gesamtmortalität sowie Morbidität und unerwünschte andere Wirkungen.

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Der G-BA begründet seine Entscheidung unter anderem mit den Nebenwirkungen von Romosozumab. Hier zeige sich ein Nachteil für Romosozumab an zerebrovaskulären Ereignissen, da diese zum Ende der Behandlungsphase über 
24 Monate sowohl für die Gesamtstudienpopulation als auch für die Teilpopulation ohne vaskuläre Vorerkrankung unter Romosozumab gefolgt von Alendronsäure höher waren als im Vergleich zu Alendronsäure allein. Somit stehe einem deutlichen Vorteil – der Vermeidung von Frakturen – ein negativer Effekt – zerebrovaskuläre Ereignisse – entgegen. Man habe den Nachteil bei den zerebrovaskulären Nebenwirkungen gegenüber dem Vorteil in der Vermeidung von Frakturen abgewogen, so der G-BA. „In einer Abwägungsentscheidung wird vom G-BA im Ergebnis, für Romosozumab gefolgt von Alendronsäure im Vergleich zu Alendronsäure in der Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit deutlich erhöhtem Frakturrisiko, ein geringer Zusatznutzen festgestellt.“

Kein Zusatznutzen bei Mortalität

Keinen Zusatznutzen wurde Romosozumab bei der Mortalität, bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und bei den Nebenwirkungen bescheinigt. Die Daten eigneten sich nicht, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität abzubilden beziehungsweise bei den Nebenwirkungen (schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen [SUE], Abbruch wegen SUEs, Osteonekrose des Kiefers und Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts) zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Romosozumab und Alendronsäure, begründete das IQWiG im Juni.

Romosozumab

Romosozumab verfolgt einen völlig neuen Therapieansatz bei Osteoporose. Der Antikörper richtet sich gegen Sclerostin, ein Protein, das ausschließlich von Osteozyten gebildet wird und ein negativer Regulator der Knochenbildung ist: Es blockiert die knochenbildende (osteoanabole) Funktion der Osteoblasten. Bei Osteoporose überwiegt bekanntermaßen der Knochenabbau den Aufbau. Durch Blockade von Sclerostin mit Romosozumab soll der Knochenaufbau im Verhältnis gefördert werden.

Der Zulassungsweg von Romosozumab in den Vereinigten Staaten und Europa war ein langer: Erst beim dritten Anlauf hatte es geklappt, dass das CHMP (Committee of Medicinal Products for Human Use) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA im Oktober 2019 empfahl, Romosozumab zuzulassen. An der Wirksamkeit hatte es nicht gelegen, denn von einer vergleichsweise geringen Frakturrate unter Evenity® war die EMA überzeugt. Zweifel hatte sie bei der kardiovaskulären Sicherheit von Romosozumab – diese konnte der Hersteller UCB Pharma sodann ausräumen. Seit Dezember 2019 ist Evenity® zugelassen, jedoch mit Einschränkung: Die Romosozumab-Therapie ist begrenzt auf Frauen ohne Herzinfarkte und Schlaganfälle in der Anamnese. Bei ihnen überwiegen die Vorteile von Evenity® die möglichen Risiken.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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